Altaar
Interview zum Debütalbum
Interview
ALTAAR haben jüngst ihr Debüt veröffentlicht – ein Album, das das Potenzial hat, viele Leute zu überfordern, aber diejenigen belohnt, die sich darauf einlassen. Mehr Worte will ich hier gar nicht verlieren – ein Gespräch mit Bandgründer Anders Tylden!
Hi!
Zunächst einmal natürlich Gratulation zur Veröffentlichung eures Debütalbums. Seid ihr zufrieden mit den Reaktionen, die ihr soweit von Fans und Presse bekommen habt?
Um ehrlich zu sein bin ich total überwältigt von den phänomenalen Reaktionen, die wir von der Presse bekommen. Das bedeutet, dass wir irgendwas richtig gemacht haben, denn anfangs hatte ich keine Ahnung, wie die Leute auf die Platte oder die Band reagieren würden.
Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr über zwei Jahre an der Platte gearbeitet – ist das nicht eine ziemlich lange Zeit? Auf der anderen Seite würde ich sagen, dass das eine gute Sache ist, denn das Album scheint mir sehr durchdacht zu sein. War das einer der Gründe, vielleicht sogar der Grund, dass ihr zwei Jahre für das Album gebraucht habt? Oder was ist passiert?
Während dieser Zeit starben drei enge Verwandte, womit ich mich erstmal beschäftigen musste, das nahm eine Menge Zeit in Anspruch. Da ich derjenige bin, der den Großteil der Musik schreibt und all die anderen Mitglieder auch mit Touren und Aufnahmen mit anderen Bands beschäftigt waren, vergingen diese zwei Jahre für uns wie zwei Monate. Alles in allem brauchten wir sechs Monate um die Platte zu schreiben, aufzunehmen und fertigzumachen.
Um ein paar Worte zur Musik selbst zu verlieren: Was mich beim Hören von „Altaar“ wirklich beeindruckt hat, war, dass es mehrere Teile auf dem Album gibt, in denen ihr mehr und mehr Spannung aufzubauen scheint – und während die meisten anderen Bands diese Spannung auflösen würden, indem sie in eine Mid- oder Uptempo-Soundwand „explodieren“, fühlte es sich für mich bei euch so an, als würdet ihr dann „einfach“ neu anfangen, Spannung aufzubauen … was wirklich nervenaufreibend ist (in einem sehr positiven Sinne des Wortes). Würdest du hier zustimmen? Und wenn ja, war das eine bewusste Entscheidung oder mehr eine natürliche Sache?
Ja, ich stimme absolut zu. Der einfachste Weg ist immer, zu dieser „Soundwand“ zu gehen, was, für mich, sehr abgedroschen ist. Was die Dramaturgie der Songs angeht, die kam relativ natürlich zustande und fühlt sich richtig an. Die Atmosphäre ist viel wichtiger als alles andere bei ALTAAR, insofern ist es entscheidender, ein bestimmtes Moment – oder Spannung, wenn du so willst – aufrechtzuerhalten anstatt in was auch immer zu explodieren. Wir wollen unvorhersehbar sein.
Die erste „Erlösung“ von dieser Spannung bekommt der Hörer nach etwa 25 Minuten, wenn „Dei Absolutte Krav …“ in einen Midtempo-Part ausbricht. Hier gibt es dann auch das erste Mal auf „Altaar“ Leadgesang. Siehst du das auch so? Und wann im Songwriting-Prozess – und warum – habt ihr euch entschieden, die Vocals so spät im Verlauf der Platte auftauchen zu lassen?
Eigentlich wollte ich, dass die Platte rein instrumental ist, aber Espen, unser Gitarrist, bestand darauf, ein paar Vocals zu haben, nachdem wir eine Show mit Wraath (BEHEXEN, MARE, ONE TAIL ONE HEAD) am Mikro gespielt hatten, was wirklich großartig funktionierte.
Da ich euch ja die ganze Zeit erzähle, wie ich das Album sehe: Wärst du so nett, in ein paar Sätzen zusammenzufassen, wie du „Altaar“ selbst beschreiben würdest?
Weißt du, ich hab echt Probleme damit, ALTAAR Leuten zu beschreiben, die uns noch nie gehört haben. Es gibt keinen einfachen Weg, unsere Musik zu beschreiben, da die Quellen unserer Inspiration sehr umfassend und divers sind. Als wir mit der Band anfingen, wollten wir keine musikalischen Grenzen haben oder uns auf ein bestimmtes Genre oder einen Stil festlegen. Auf diese Weise wird das Ganze irgendwie schizophren, aber auf eine gute Art. Während der letzten paar Wochen habe ich so viele (seltsame) Beschreibungen unserer Musik gehört, von Funeral Psych Doom hin zu CELTIC FROST und von EARTH zu COCTEAU TWINS. Meine Antwort wird also ein bisschen mau: Hört es Euch selbst an und seid offen.
Und darf ich fragen, was „Tidi Kjem Aldri Att“ und „Dei Absolutte Krav Og Den Absolutte Nåde“ übersetzt bedeuten?
„Tidi Kjem Aldri Att“ bedeutet „Die Zeit wird niemals zurückkommen“ und „Dei Absolutte Krav Og Den Absolutte Nåde“ bedeutet „Die absolute Forderung und die absolute Gnade“. Zunächst hatten wir englische Songtitel, aber das passte überhaupt nicht. Ich fand diese beiden Titel in einem Buch, das mein Großvater in den späten 60ern geschrieben hat. Ich habe ihn nie kennengelernt, auf eine bestimmte Art ist es also eine Hommage an ihn.
Und um auch ein bisschen über die Lyrics zu sprechen: Worum geht’s da? Gibt es ein zu Grunde liegendes Konzept?
Nicht wirklich, hehe. Zu diesem Zeitpunkt sind die Lyrics nicht wirklich wichtig. Ich denke, die Musik selbst spricht eine Sprache, die für Interpretationen offen ist und verschiedenste Gefühle in den Leuten auslöst. Wenn man so lange Songs schreibt/spielt/performed, wie wir es tun, wird die Musik selbst zu einer Geschichte. Man kann nicht einfach einen Song für zwei Minuten anhören, man muss sich hinsetzen und sorgsam zuhören, was eine große Herausforderung sein kann, aber dann wirst du belohnt.
Das Cover-Artwork des Albums scheint mit recht surreal zu sein – es zeigt ein großes, menschliches Herz, an das zwei maskierte Personen (?) Papierstreifen getackert haben und ein seltsames Bild an der Wand im Hintergrund – darf ich fragen, was deine persönliche Interpretation des Bildes ist? Und wo kommt es her, wer hat es gemalt? Und was waren eure Gründe, es als Albumcover zu nutzen? Und gibt es vielleicht auch eine Verbindung zu den Lyrics?
Das Bild wurde vom bekannten norwegischen Künstler Sverre Malling handgemalt. Wir kontaktierten ihn schon früh im Prozess und er lud uns in sein Studio ein, um uns ein paar seiner jüngsten Arbeiten zu zeigen. Wir verliebten uns sofort in das Bild, das dann auf dem Cover geendet ist. Das repräsentiert die Musik sehr gut: die zwei Figuren, die zwei Songs. Das Abstrakte versus das Figurative. Und ein generelles Gefühl von etwas Echtem und Analogen, aber auch Avantgardistischem und Surrealen.
Vor ein paar Tagen habt ihr ja auf eurer Facebook-Seite gepostet, dass ihr bei eurem Gig mit CULT OF LUNA das komplette Album live spielen wolltet. Wie hat das denn geklappt? Und wie hat das Publikum auf das neue Material reagiert?
Die Reaktionen waren wirklich sehr gut. Wir haben das Publikum ein bisschen ausgefreakt, als wir das Set eröffnet haben, indem wir einfach nur dagestanden sind und das Publikum fünf Minuten lang in kompletter Stille angestarrt haben. Du hättest eine Stecknadel fallen hören können. Viele Leute sagten uns, die Show wäre zu kurz gewesen, obwohl wir das komplette Album gespielt haben. Ich schätze, das ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Leute mehr wollen.
Das ist es soweit von meiner Seite … danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten! Die letzten Worte gehören natürlich dir!
Danke dir vielmals für das Interview.