All That Remains
All That Remains

Interview

All That Remains nennen ihre Musik zwar Metalcore, doch auf ihrer neusten Platte „This Darkened Heart“ wird auch Melodie und die gute, alte Akustikgitarre großgeschrieben. Während der Deutschland-Tour mit Killswitch Engage und Twelve Tribes nahm sich der Kopf und Sänger der Band, Phil Labonte, die Zeit mit uns zu sprechen – über seine Freunde Killswitch Engage, Shadows Fall und über die Bildungslücke, was das Spielen von guten Gitarren-Soli angeht.

David: Letztes Jahr meintest du, du würdest liebend gerne in Deutschland spielen und siehe da, nun bist du hier!

Ja, es ist sehr aufregend, es ist echt cool hierher zu kommen. Und das wichtigste: Deutsche Frauen sind seeeehr hübsch! Die sehen wirklich mal top aus. Ihr habt wirkliche klasse Frauen hier drüben. Wir waren in Frankreich, in Belgien und in Großbritannien auf dieser Tour. Und die deutschen Frauen sind die mit Abstand hübschesten von allen. Besser als in den Staaten, auf jeden Fall besser als in GB.

David: Das ist ja auch das Wichtigste von allem…

Ja, das ist wirklich das Wichtigste. Und das deutsche Bier!

David: Wie waren denn die Reaktionen auf All That Remains?

In Deutschland waren die echt cool. Wie ich vorhin meinte, wir müssen etwas härter arbeiten, weil die Leute uns hier noch nicht so gut kennen. Wir sind das erste Mal hier in Deutschland und überhaupt in Europa. Wir müssen die Leute noch einwenig überzeugen, aber genau das ist unser Job. Es ist nicht damit getan darauf zu gehen und zu spielen, du musst mit dem Publikum harmonieren, sie in die Show involvieren, damit sie eine gute Zeit haben. Als erste Band müssen wir sie aufwärmen für alle anderen. Es ist etwas schwieriger als z.B. in den Staaten zu spielen, wo die Leute uns etwas besser kennen, aber es ist auch herausfordernder. Wenn Leute uns nach der Show anquatschen und meinen, dass sie uns vorher noch nie gehört oder gesehen haben und uns trotzdem super fanden, dann ist DAS klasse!

David: Wieso habt ihr euch für diesen relativ langen Bandnamen entschieden?

Heutzutage ist es echt schwer einen Bandnamen zu finden, den es nicht schon irgendwie gibt. Alle guten, Carcass, Slayer, die ganzen Namen, die aus einem Wort bestehen oder sogar aus zwei Wörtern sind vergeben. Deshalb haben die ganzen neueren Bands aus den Staaten diese langen Namen. My Chemical Romance oder As I Lay Dying, die haben alle diese langen Namen, weil keine kurzen übrig sind. Und das ist echt die Wahrheit. Ich dachte über All That Remains nach und fand, dass das cool klingt und niemand anderes hat den Namen, haha.

David: Bist du glücklich über die Entwicklung von eurem ersten Album bis hin zu „This Darkened Heart“?

Sehr glücklich. Wir haben neue Kerle in der Band, gut, so neu sind die nicht mehr. Neuen Gitarristen, neuen Bassisten. Die haben irgendwie einen frischeren Sound reingebracht. Das, was die geschrieben und eingebracht haben, hat den Sound besser strukturiert. Wir fokussieren uns nicht mehr darauf Stelle für Stelle zu schreiben, wir schreiben Lieder. Beim letzten Album haben wir einige coole Parts geschrieben. Wir haben uns nicht gedacht: Das ist zwar ein cooler Part, aber er bringt nichts für den Song. Es war immer so: Hey, das ist ein cooler Part, komm wir packen ihn mit rein. Wir schreiben nicht, um coole Parts zu schreiben, sondern um coole Songs zu kreieren. Wir sind sehr glücklich mit der Entwicklung.

David: In den USA scheint das Album besser zu laufen als hier in Europa. Wo könnten die Gründe dafür liegen?

Ich würde auf der einen Seite schon zustimmen, dass es besser läuft, aber auf der anderen Seite sind wir dort schon seit April letzten Jahres am Stück auf Tour. Wir haben zwar mal hier und da ein paar Wochen frei, aber im Prinzip touren wir das ganze Jahr. Deshalb verkauft sie sich dort besser, weil wir dort drüber die ganze Zeit spielen. Wenn du die Anzahl der Shows mit der Anzahl der gekauften Platten hier und in den USA vergleichst, dann verkaufen wir garantiert hier mehr Alben im Verhältnis. Wir haben drüber ungefähr 150 Shows gemacht, oder sogar 200. Wenn wir 200 Shows in Deutschland machen würden, dann würden wir hier wohl deutlich mehr verkaufen.

David: Ist das der Weg zum Erfolg?

Absolut. Du verkaufst keine Platten zu Hause – speziell wenn du als junge Band dich etablieren willst. Du musst viele Shows spielen, du musst vor die Leute treten und spielen, spielen, spielen. Wenn du das nicht machst, werden die Leute dich nie sehen, die werden nichts über deine Musik hören. Du kannst die ganze Zeit Werbung im Fernsehen, den Magazinen und im Internet schalten. Wenn die dich live nicht sehen, werden sie das Album nicht kaufen.

David: Du hast dich auf dem aktuellen Album entschieden, mehr Schreielemente in deinen Gesang einzubauen. Warum?

Ich wollte es interessanter machen. Wenn du andere Sachen machen kannst und es gut klingt, wieso nicht, wenn es zum Lied passt. Wenn Songs an Stellen mehr Intensität brauchen, dann ist Schreien viel intensiver als das Gebell oder wie auch immer. Wenn die Drums anziehen und die Geschwindigkeit verdoppeln, dann denke ich, kann man so mit den Vocals noch mehr Wirkungsstärke reinbringen. Auch wenn Leute die Songs dann ein paar Mal hören, kann sie so die Dynamik immer noch mitreißen.

David: Ich bin nicht sooo ein Fan von diesem Geschrei, würde daher eher einen kleinen Negativpunkt an ein sonst sehr gutes Album geben. Obwohl du dich ja noch sehr zurückhältst und die ganze Breite deiner Stimme sehr gut nutzt.

Es ist zwar schade, wenn Leuten dieses oder jenes nicht so gefällt. Aber aus unserer Perspektive ist es zunächst entscheidend, dass die Musik, die wir schreiben, uns Spaß macht. Wenn Leute es mögen, cool! Wenn nicht: Da gibt es andere Sachen, die man sich anhören kann. Wir fänden es super, wenn Leute unsere Musik mögen, aber es geht nicht darum mit unseren Sachen die Leute glücklich zu machen, sondern fünf Leute glücklich zu machen – und das sind All That Remains.

David: Was ich sehr gut finde, ist, dass ihr so viele Soli und Akustikgitarren Parts eingebaut habt. Ihr gebt dem Hörer auch mal die Zeit sich zurückzulehnen und zu entspannen und den Melodien die Luft, die sie zum Atmen brauchen. Das ist ja in der Metalcore Szene nicht so üblich.

Ich würde zustimmen, dass nicht so viele Bands dies machen. Um ehrlich zu sein: Was ist passiert? Metal war groß in den 80ern und Anfang der 90er. Es wurde so überfrachtet, dass der eigentliche Metal unterging. Es kam der New Metal und so was, wo Leute keine Soli spielten. Da ist eine Zeitspanne von 7 bis 10 Jahren, wo Leute, die Gitarre lernen wollten, wissen wollten, wie man Korn oder Limp Bizkit spielt. Die wollten Sachen lernen, die sie zu der Zeit gehört haben, die harte Musik, die damals im Radio lief. Wenn es niemanden gibt, der im Radio Soli oder so was spielt… Wenn die Kids z.B. 1995 anfingen Gitarre zu spielen, dann haben sie es einfach nicht gelernt, Soli zu spielen, da es da keiner vormachte. Jetzt, wo diese ehemaligen Kids in Bands spielen, gibt es kaum Soli, weil sie es kaum gelernt haben. Unser Gitarrist wollte schon immer Soli spielen. Die Jungs bei Killswitch Engage z.B. machen es nicht, aber die wissen beide verdammt gut, wie es geht. Der Grund also, wieso man nicht soviel davon heutzutage hört, ist, dass viele es einfach nicht können. Du musst das wirklich ausfeilen und üben. Du wirst ein paar Bands finden, die so was machen, aber nur, weil sie es schon immer cool fanden, auch wenn es nicht angesagt war. Und so ist das bei unseren Gitarristen.

David: Ihr habt sogar einen Instrumental Song auf der Platte, „Regret Not“

Ja, wir hatten einige Riffs zusammen und es entwickelte sich ein Song, der sich angefühlt hat, als wäre kein Gesang notwendig. Wir waren an einem Punkt, wo das meiste geschrieben war und wir uns dachten: Das passt! Es gibt keinen Grund noch Vocals zu schreiben. Wir haben dann noch mehr Musik reingepackt, um den Song richtig satt klingen zu lassen. Da sind wir wieder bei dem Punkt von eben. Wir machen das wovon wir denken, dass es das beste ist für den Song. Es war cool, dass wir ein Instrumental hatten, aber auch nur, weil es sich so angefühlt hat. Es war nicht erzwungen.

David: Es könnte genauso gut ein langes Outro von „Focus Shall Not Fail“ sein…

So könnte man es sehen. Der Song fließt über. Wir hatten ein schönes Klavierstück geschrieben und kamen dann auf die Idee „Focus“ ausklingen zu lassen und durch das Klavierstück mit „Regret Not“ zu verbinden. Es klappte recht gut und ja, ich muss dir zustimmen, es ist so was wie ein langes Outro. Aber, wenn man sich nur „Regret Not“ anhört, dann macht es immer noch Sinn für sich alleine.

David: Adam, der Gitarrist von Killswitch Engage, hat euer Album produziert. Wie viel Einfluss hatte er auf eure Songs?

Er hatte Einfluss auf das Arrangement, das eigentlich Schreiben war fertig. Er hat uns Dinge gesagt wie: Wieso kürzt ihr das nicht einwenig oder tut diesen Teil dahin. Hier könnte man die Drumbeats etwas einfacher halten und dafür da die Gitarren mehr gehen lassen. Er hat die Perspektive von außen als sehr guter Songschreiber. Wenn du selbst Musik schreibst, ist es sehr schwer einen Schritt zurückzutreten und Sachen zurückzustecken. Es sind evtl. Dinge, an denen du lange dran gesessen hast und eine emotionale Bindung dazu hast. Also ist es schwer zurückzutreten und daran herumzuschnibbeln. Adam kommt da unbefangener und mit einer anderen Einstellung rein.

David: Seht ihr KsE als Konkurrenz?

Da sind so viele Leute da draußen, die so viele Bands mögen – speziell was diesen New Wave Of American Heavy Metal angeht. Wenn du mit Leuten wie Unearth, Shadows Fall, Killswitch oder uns redest, dann geht es nicht um Wettbewerb, sondern darüber was wir schreiben wollen – nämlich Musik. Es ist nicht so, dass wir denken, wir müssten mehr Platten verkaufen als die anderen. Ich weiß nicht, ob du den Spruch kennst: Keeping up with the Joneses? Wenn jemand in der Vorstadt sich einen Pool besorgt, dann denken sich die Nachbarn: Wir brauchen auch einen Pool, weil die einen Pool haben. Du siehst das so oft. Jemand bekommt ein neues Auto und innerhalb eines Jahres hat jeder ein beschissenes neues Auto. Bei uns ist das nicht so. KsE ist eine meiner lieblings-Metalbands. Es gab nur einen Abend, an dem ich sie nicht gesehen habe und das nur deshalb, weil ich Pressearbeit machen musste. Die sind eine unglaublich gute Band. Ich kenne die Jungs schon seit Ewigkeiten.

David: Welches Album von denen gefällt dir besser?

„Alive or Just Breathing“. Dieses Album hat die Messlatte für neuere harte Musik gesetzt. Da sind einige Bands, die solche Musik machen. Ich war ja mal bei Shadows Fall, die haben so was gemacht. KsE erstes Album war ähnlich und ein paar andere Bands haben diese Art von Musik schon lange gemacht – inklusive All That Remains. Wir machen sie schon seit 5 Jahren, Killswitch seit 6. Aber als „Alive Or Just Breathing“ heraus kam, wurden neue Maßstäbe gesetzt. An dieser Platten werden alle anderen Metalcore Platten gemessen. AOJB ist wohl einer meiner Lieblingsplatten überhaupt.

David: Da sind wir wohl ähnlicher Meinung. Du meintest ja, dass du in der Band Shadows Fall warst. Habt ihr noch Kontakt?

Wir haben eine dreiwöchige Tour mit denen gemacht. Wenn wir zu Hause sind hocken wir zusammen und trinken Bier. Wir sind immer noch Freunde. Die haben damals einfach nach einem anderen Typen von Sänger gesucht. Ich hatte schon Zeug für All That Remains geschrieben. Wenn du den Menschen um dich herum so nahe bist, dann merkst du, wenn Dinge nicht in Ordnung sind. Ich wollte wieder Gitarre spielen in einer Band und ich fing an Dinge zu schreiben. Da war kein böses Blut oder Hass.

David: Stimmt es, dass deine Oma Deutsche ist?

Meine Oma ist 100 Prozent deutsch. Mein Großvater väterlicher Seite war Franzose, daher der Nachname Labonte. Meine Großeltern mütterlicher Seite haben auch deutsches Blut. Ich bin wohl mehr deutsch als alles andere. Aber wie jeder andere Amerikaner bin ich ein Mischling. Französisch, deutsch, englisch, irisch, holländisch. So sind die Amis.

David: Sprichst du deutsch?

Isch spresche gaum deutsch. Es ist nicht so gut, leider.

David: Was können wir von All That Remains in der Zukunft erwarten?

Kein deutsch! (lacht). Wir werden den Rest des Jahres auf Tour sind, wahrscheinlich bis Oktober. Dann werden wir uns ran machen und eine neue Platte schreiben. Wir haben mit Adam gestern redetet. Er wird die neue Platte produzieren. Wird wohl Anfang 2006 sein, Januar oder Februar. Das sind dann gut zwei Jahre zwischen dieser und der nächsten Platte.

David: Dasselbe Label?

Ja, Prosthetic.

David: Ok, letzte Frage: Kannst du diesen Satz bitte vervollständigen: To me metal means…

Gute Musik. Ich denke nicht darüber nach, ob das jetzt Metal genug ist oder nicht. Wenn ich etwas schreibe, dann passiert es einfach. Ich habe zwar auch schon andere Sachen geschrieben, aber letztlich läuft es immer wieder auf Metal hinaus. Ich liebe Metal. Ich höre es schon, seitdem ich 12 Jahre alt bin. Ok, es war nicht wirklich Heavy Metal. Es war mehr so Def Leppard. Und dann kamen Iron Maiden und Judas Priest. Metal ist einfach gute Musik.

David: Ich glaube, du musst zum Soundcheck. Danke, dass ich einen so sympathischen Kerl interviewen durfte. Viel Spaß heute Abend!

Danke schön.

05.02.2005
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