Alice In Chains
Interview mit Mike Inez zu "Black Gives Way To Blue"

Interview

Die Seattle-Legende ALICE IN CHAINS ist mit einem neuen Album im Gepäck zurück: Nach 14 Jahren ist „Black Gives Way To Blue“ das erste Studioalbum und gleichzeitig der Einstand von Sänger und Gitarrist William DuVall, der das Erbe des 2002 verstorbenen Layne Staley antritt. Wie ihm das gelungen ist, welche Vorzüge das Tourleben hat und welche Überraschungen das Album zu bieten hat, erzählt uns ein gut gelaunter Mike Inez, ansonsten zuständig für die tiefen Töne bei ALICE IN CHAINS.

Hallo Mike! Wie geht’s Dir?

Mir geht es gut, es ist ein schöner Tag in Toronto, Kanada.

Ihr seid gerade auf Tour?

Ja, genau, wir machen hier bis zur Veröffentlichung der neuen Platte eine ganze Reihe von Shows. Es ist ziemlich aufregend für uns, weil in den Staaten gerade unser Song „Check My Brain“ auf Platz eins in den Charts steht.

Nicht schlecht! Wie ist denn die Stimmung bei den Live-Shows?

Oh, das ist auch wunderbar, wir sehen eine Menge älterer Fans bei unseren Shows, die jetzt ihre Kinder mitbringen. Es ist einfach ein guter Altersdurchschnitt auf unseren Konzerten. Und um ganz ehrlich zu sein, sind die Shows in Deutschland bislang am besten gewesen. Ich liebe dieses Land, ganz ehrlich! Wir waren im Sommer in Köln – dort habe ich mir den Dom angeschaut, er ist wirklich erstaunlich!

Keine Frage! Wenn Du sagst, dass die Leute ihre Kinder zu den Shows mitbringen, fühlst Du Dich manchmal schon alt?

Ich fühle mich tatsächlich manchmal alt, aber nicht deswegen. Wenn ich auf Tour morgens aufstehe, ist das manchmal echt anstrengend, weil wir auf der Bühne alles geben – und vielleicht auch danach. Aber das Tourleben ist dennoch für uns wunderbar, denn hier gibt es weder E-Mail noch Fax und du musst keine Interviews geben [außer diesem hier; Anm. d. Verf.]. Es ist einfach deine eigene Zeit, in der du mal richtig Dampf ablassen kannst!
Und gerade auf dieser Tour und in dieser Konstellation läuft alles wirklich geschmeidig ab. Mit unserem neuen Sänger und Gitarristen William DuVall sind wir bislang in 26 Ländern getourt. Insgesamt hat alles aber sehr lange gedauert, bis wir das neue Album endlich veröffentlichen können, weswegen wir diesem Termin schon richtig ungeduldig entgegenfiebern.

Du hast das Stichwort gegeben: Ihr habt einen neuen Sänger, William DuVall – wie kommt er beim Publikum an?

Zunächst einmal sehen wir William nicht als Ersatz für Layne Staley an. Wir alle sind Freunde und sehen die Band als eine große Familie. Unter diesem Gesichtspunkt kann man Layne gar nicht ersetzen. Ich habe William von Anfang an gesagt, dass das eine schwere Aufgabe sein würde und dass er einfach von Auftritt zu Auftritt weiterschauen soll. Und deshalb bin ich froh, dass wir ihm eine Eingewöhnungszeit von zwei oder drei Jahren zugestehen konnten, bis wir endlich am neuen Album gearbeitet haben. Er konnte in alles hineinwachsen und sich auch beim Songwriting miteinbringen. Es ist eine aufregende Zeit und ganz vergleichbar mit meiner Zeit, die ich 1991 bei OZZY OSBOURNE hatte. Ich kann das ganz gut nachvollziehen, wie er alles wahrnimmt.

Um auf seine Stimme zu sprechen zu kommen, so denke ich, dass William die alten Songs gut hinbekommen wird, aber dennoch seinen eigenen Stil mitbringt.

Ja, und ich denke auch, dass das die einzige Möglichkeit ist, wie es funktionieren kann. Es gibt so viele Leute, die versuchen, genauso wie Layne zu singen und nichts anderes als ein Klon von ihm sind. Das würde für uns überhaupt keinen Sinn machen. Wir drei anderen in der Band sind aber schon ziemlich kritisch, was den Gesang angeht, und natürlich muss es auch bei den alten Songs stimmen.

Wie seid Ihr mit William in Kontakt gekommen?

Oh, da muss ich weit ausholen. William war schon vor zehn Jahren in Jerrys [Jerry Cantrell, Gitarrist und Sänger; Anm. d. Verf.] Solo-Band, die beiden kennen sich also lange. Und als wir Anfang 2005 nach der verheerenden Tsunami-Katastrophe ein Benefiz-Konzert in Seattle auf die Beine stellten und dort als ALICE IN CHAINS wieder zusammen spielten, hatten wir keinen großen Plan, wie es nun weitergehen sollte. Es war vielmehr eine Selbstverständlichkeit, als uns unser Drummer Sean [Kinney; Anm. d. Verf.] zusammentrommelte. William war mit dabei. Und viele andere bekannte Künstler haben mit uns auf der Bühne gestanden, wie beispielsweise Duff McKagan von GUNS N‘ ROSES, Chris DeGarmo von QUEENSRYCHE, Ann und Nancy Wilson von HEART und die SUPERSUCKERS. Und dann haben wir ein paar Clubshows gespielt und kurze Zeit später haben wir zusammen mit TOOL in Portugal vor 40.000 Besuchern gespielt. Es hat sich wirklich so entwickelt, und langsam ist eben alles immer größer geworden und wir sind durch immer mehr Länder getourt.

Wann habt Ihr angefangen, am neuen Album zu arbeiten?

Als wir als Vorband mit VELVET REVOLVER getourt sind, hatten wir hinter der Bühne einen Raum, wo wir zusammen jammen konnten. Und dort haben wir alle uns warmgespielt, und ich meine, dort hatten wir auch die ersten Ideen und Riffs für neue Songs. Später haben wir uns dann in ein Haus in Los Angeles eingemietet, das früher einmal dem Salsa-Star Carmen Miranda gehörte. Dort haben wir dann einen Großteil der neuen Songs geschrieben. Wir waren so produktiv, dass wir die Ideen strikt aussieben mussten. Es hatte etwas davon, sich entscheiden zu müssen, welches seiner Kinder man nun töten soll, haha!

Welcher war denn der erste Song, den Ihr für das neue Album geschrieben habt?

Ich denke, es war der Song „Last Of My Kind“. Mein Favorit ist aber „Acid Bubble“, das haben wir ganz zum Schluss geschrieben.

Der Titeltrack ist ein Abschiedssong für Layne Staley, für den Popstar Elton John eine gefühlvolle Pianoeinlage beisteuert. Wie seid Ihr gerade auf ihn gekommen?

Das kam über unseren Bandassistenten, den wir schon seit über 20 Jahren kennen und der auch schon einmal für Elton John gearbeitet hat. Ursprünglich hatte einer unserer Gitarrentechniker diesen Pianopart übernommen, weil wir ja noch nie auf einem Song irgendwelche Keyboards verwendet hatten. Wir haben uns wirklich den Kopf darüber zerbrochen, wer diesen Part spielen könnte, und unser Bandassistent sagte dann: „Warum fragt Ihr nicht Elton John?“, worauf wir ihn erst einmal ausgelacht haben. Aber dann hat Jerry Elton eine Mail geschrieben, wo er ihm die Bedeutung des Songs für uns erklärte, dass es ein Abschiedssong für Layne Staley sei. Und Elton John hat sofort zugesagt!
Als er dann mit seiner „Red Piano“-Show in Las Vegas gastierte, sind wir dorthin gejettet, und dann haben wir in vier Stunden den Part zusammen eingespielt. Er ist wirklich ein großartiger Typ, ich kannte bis dahin ja nur diese ganzen Diva-Geschichten über ihn. Aber er ist sehr inspirierend und kennt sich in allen möglichen Stilen aus: Er hat mich beispielsweise Sachen über QUEENSRYCHE gefragt… Ich hoffe wirklich, dass ich immer noch so verliebt in Musik bin, wenn ich in seinem Alter bin. Er ist wirklich ein cooler Typ und ich war wirklich überrascht von… Sir Elton, haha!

Eigentlich ein schönes Schlusswort! Nur eine Sache noch: Ihr kommt im November noch einmal für einige Shows nach Europa…

Ja, genau! Es gibt noch so viele Städte, in denen wir noch nicht gewesen sind, beispielsweise in Prag oder Budapest. Ich bin schon richtig aufgeregt, dorthin zu kommen! Meinst Du, im November ist es schon kalt?

Oh, im November kann es schon ziemlich kalt sein, ja.

Gut, dann werde ich diesmal eine Jacke mitbringen, hahaha!

22.09.2009

- Dreaming in Red -

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