Alcest
Neige: "Dafür habe ich den perfekten Song."
Interview
Seit rund einem Monat sitzt ALCEST-Mastermind Neige in seiner Wohnung in Paris fest. Der Grund hierfür ist die derzeitige Corona-Pandemie und die damit verbundene Ausgangssperre in Frankreich, die vor unserem Interview noch mal um einen Monat verlängert wurde. Neige, der das Beste aus der Situation macht, ist trotz allem guter Stimmung, als wir uns per Skype zusammentun, um über seine Spotify-Playlist „Neige’s Spring Essentials“ zu sprechen.
Deren zweite Auflage ist gerade frisch draußen und bietet neben Vorhersehbarem auch einige Überraschungen. Von Lieblingssongs über Guilty Pleasures bis zu obligatorischen ALCEST-Tracks ist alles vertreten. Eine bessere Möglichkeit, diesen Ausnahmemusiker auch über sein eigenes Schaffen hinaus kennenzulernen, gibt es wohl kaum. Umso mehr freuten wir uns, ihn in aller Ruhe zu seiner Auswahl ausfragen zu können.
Hi Neige! Das ist ja mal eine echt umfangreiche Playlist. Wie kam es dazu und wie lange hat es gedauert, das alles zusammenzustellen?
Neige: Ich spiele nicht nur in einer Band, sondern bin auch ein großer Musikfan. Und wenn ich Musik sage, meine ich nicht nur Metal, denn das sind nur etwa fünf Prozent von dem, was ich höre. Ich habe mich schon immer für vieles interessiert, das absolut nichts mit Metal zu tun hat. Indie Rock, Pop, elektronische Musik, 80s Pop, japanische Musik, Hip Hop. Es hat riesigen Spaß gemacht, diese Playlist zusammenzustellen. Ich vertiefe mich in sowas aber so sehr, dass ich dann Stunden damit zubringe. Ich habe auch genau auf die Reihenfolge der Songs und ihren Flow geachtet. Wenn man das für eine zehnstündige Playlist macht, dauert das. Ich habe echt lange daran gesessen [lacht], bin aber sehr glücklich damit. Wir stehen über Social Media eng mit den ALCEST-Fans in Kontakt. Die fragen, was ich so höre, oder empfehlen mir Sachen. Das ist wirklich cool.
Ich habe mir da mal an paar Songs und Künstler rausgepickt, von denen mich die Story dahinter interessiert. Das erste Stück ist natürlich „I Don’t Wanna Be Me“ von TYPE O NEGATIVE.
Neige: Über TYPE O NEGATIVE habe ich gestern bei Instagram gepostet [zum zehnten Todestag von Peter Steele] und war total überrascht, wie viele Leute darauf reagiert haben. Ich habe den Eindruck, dass die Band früher gar nicht so einen Bekanntheitsgrad hatte, sondern erst seit Peter gestorben ist. Jetzt haben sie diesen Kultstatus. Ich selbst habe die Band relativ spät entdeckt, ich glaube, 2007 oder 2008, und habe sie nie live gesehen, was mich sehr traurig macht. Über die Jahre habe ich immer mehr festgestellt, wie einzigartig und einfach toll TYPE O NEGATIVE sind. Wenn mich jemand fragen würde, wie sie klingen, würde ich sagen, „keine Ahnung, das musst du dir selbst anhören.“
Viele sagen Gothic Doom, aber für mich ist es das absolut nicht. Die haben echt viel Shoegaze und Dream Pop in den Gitarren und den verträumten Vocals. Ich weiß, dass Peter auch ein Fan von Dream Pop war. Das Songwriting ist sehr komplex, die Musik ist sehr melodisch, hat tolle Harmonien, epische Parts, und ist kontrastreich. Gleichzeitig ist da Humor, aber auch Tiefe und Romantik. Er liebt die Natur, kommt aber aus New York. Die Musik ist also gleichzeitig unverfälscht und dekadent. Sehr paradox, sexy, und goth. Man spürt aber auch, dass er sehr schüchtern und sensibel ist, denn die Melodien sind so zerbrechlich. Über TYPE O NEGATIVE könnte ich ewig reden, denn ich bin ein riesiger, riesiger Fan.
Etwas klassischer Black Metal ist in der Liste auch vertreten.
Neige: Ich höre nicht mehr so viel Metal, aber mag Black Metal sehr gerne, vor allem die norwegischen Sachen. Bands, die ich mit 15 entdeckt habe und bis heute höre, zum Beispiel DARKTHRONE oder MAYHEM. Wenn ich mir eine Band aussuchen müsste, die den norwegischen Sound und Spirit repräsentiert, wäre das DARKTHRONE. Obwohl die vielleicht nicht so melodisch und komplex wie EMPEROR sind, fühlt man sich von ihnen in die norwegischen Wälder in der Nacht versetzt. Man fühlt die Energie der Nacht und der Natur. Ich habe nie aufgehört, diese besondere Atmosphäre zu mögen.
IGORRR haben gerade ein Video zu „Downgrade Desert“ herausgebracht und du hast den Song mit aufgenommen.
Neige: Einige von IGORRR sind gute Freunde von mir. Als ich sie vor ein paar Jahren live gesehen habe, hat mich quasi der Schlag getroffen. Sie sind live wirklich toll. Die Musik ist sehr schwer zu beschreiben, weil sie eine Mischung aus so vielem ist. Manche mögen davon abgeschreckt sein, aber ich finde, dass gerade das sie so toll macht. Sie mischen Sachen, die eigentlich nicht zusammengehören, aber am Ende funktioniert es wirklich gut. Sie haben auch tolle Videos. IGORRR sind ein wichtiger Teil der französischen Metalszene. Wer die etwas besser kennenlernen will, sollte sich also diese Band anhören.
Als Nächstes habe ich hier „Diesel Power“ von THE PRODIGY auf meiner Liste.
Neige: Die CD [„The Fat Of The Land“] habe ich gekauft, als sie rauskam, ich glaube 1997. Ich war also um die 12 Jahre alt, und das war eine der ersten Rock-CDs, die ich gekauft habe. Ich liebe dieses Album, denn es ist ein Mix aus elektronischer Musik und richtigem badass Rock. Es ist fast ein wenig Industrial und sehr düster. Die Lyrics sind ziemlich brutal. „Diesel Power“ klingt fast ein wenig wie ein Hip Hop-Song. THE PRODIGY haben Leute abgeholt, die auf Raveparties standen, aber auch Punks, Metalheads und Rock-Fans. Das war etwas ganz Besonderes, und sie waren meiner Meinung nach sehr einzigartig.
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Stile | Post-Black Metal, Post-Metal, Shoegaze |
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Tolles Interview, vielen Dank]