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"Du kannst halt nicht einfach über nette Seepferdchen singen" – AHAB im Interview zu "The Boats Of The Glen Carrig"
Interview
Mit „The Boats Of The Glen Carrig“ schicken sich AHAB an, die Fesseln des Funeral Doom Metal endgültig zu sprengen. In unserer Albumreview wurden sie dafür mit 9/10 Punkten belohnt. Im Interview plaudern Bassist Stephan Wandernoth und Schlagzeuger Cornelius Althammer über nautische Literatur, psychedelische Einflüsse und knallbunte Cover im Doom Metal.
„The Boats Of The Glen Carrig“ ist der bisher jüngste von euch vertonte Roman. Arbeitet ihr euch nun chronologisch durch die Seefahrerliteratur oder wählt ihr nach speziellen Kriterien aus?
Stephan: Wir haben vorher einige Bücher gelesen und jeder hat ein paar Ideen mit eingebracht. Wir hatten auch „Die Entdeckung der Langsamkeit“ [Sten Nadolny, 1983, Anm. d. Verf.] und einiges von Jules Verne ins Auge gefasst, aber das war dann doch nicht das Richtige. Letzten Endes schrieb uns dann ein Fan über Facebook: „Lest euch mal das Hodgson-Zeug durch.“ Das haben wir dann auch tatsächlich gemacht und sind dann geschlossen an der „Glen Carrig“ hängengeblieben.
Corny: Da sind einfach herrlich fiese Viecher drin. Das war nämlich immer so ein Punkt bei Jules Verne, es war nie finster genug, um es auch musikalisch richtig düster rüberzubringen. Du kannst halt nicht über nette Seepferdchen singen, wenn du so tief unten rumdröhnst. Drum lautet die generelle Herangehensweise auch: Einfach ausprobieren. Dieses Mal war’s eben ein Fan, der auf die geile Idee gekommen ist. Genau so muss man diese blödsinnigen neuen Medien auch nutzen, nicht nur, um dummes Zeug zu machen, sondern auch für kreative Sachen.
Die textliche Umsetzung stammt wieder von eurem Gitarristen Christian Hector?
Corny: Genau, zum ersten Mal nur von ihm. Wir hatten früher auch Gastschreiber, die mal den einen oder anderen Song übernommen haben. Diesmal hat er sich aber einfach alleine dran gemacht und es war direkt geil.
Und wie sieht es beim Komponieren aus?
Corny: Das ist ganz einfach: Daniel [Droste, Sänger und Gitarrist, Anm. d. Red.] bringt die meisten Ideen mit, richtig komponiert wird dann von uns zusammen im Proberaum – mit Schweiß, Blut, Auseinandersetzungen und allem Drum und Dran. Der Bonus Track „A Light In The Weed (Mary Madison)“ stammt aber aus Christians Feder.
Stephan: Wir jammen dann viel auf seinen Ideen rum und lassen uns viel Zeit für die Arrangements. Da entstehen teils auch schon Bilder im Kopf und dann wird diskutiert, wo die und die Passage hinkommen soll. Dabei haben wir diesmal einige Songs auch wieder komplett verworfen.
Stellt ihr dann beim Jammen auch schon unmittelbare Bezüge zum Buch her?
Corny: Ja, genau, genau! „Hier, guck mal, die Viecher, passen die nicht zu diesem Riff?“ Es macht halt echt etwas aus, wenn du das Buch vorher kennst. Wenn du dann mit deiner Gitarre daheimsitzt und rumdudelst, kommen da einfach bessere Ideen raus, als wenn du nur rumdudelst und danach irgendwie versuchst, ein Buch drüberzulegen. Das Buch war präsent und darum hat es uns auf jeden Fall auch musikalisch beeinflusst.
Also ist es eine feste Regel bei AHAB, dass alle Mitglieder den aktuellen Roman gelesen haben müssen, bevor es in den Proberaum geht?
Stephan: Als feste Regel würde ich es nicht bezeichnen, aber so war es eigentlich immer, ja.
Der Bonus-Track eures letzten Albums „The Giant“ wurde ja vollständig live aufgenommen. Hat euch das in der Entscheidung bestärkt, „The Boats Of The Glen Carrig“ ähnlich anzugehen?
Stephan: Auf jeden Fall, das war damals auch ein bisschen als Test zu sehen. Im Studio ist das eben noch mal eine ganz andere Nummer als im Proberaum. Da muss man immer gucken, dass man sich die Waage hält. Drum haben wir zunächst Schlagzeug- und Bassspuren parallel aufgenommen und dasselbe im Anschluss mit den beiden Gitarren gemacht.
Corny: Das Entscheidende bei der Aufnahme war auch, dass Stephan und ich schon seit 2001 zusammen Musik machen und Daniel und Christian sogar noch viel länger. Wir als Rhythmussektion kennen uns genau und sind aufeinander eingestimmt. Bei den Gitarren waren wir uns zunächst noch unsicher, aber letzten Endes haben wir es genauso gemacht und es klingt total geil. Die können sich eben auch aufeinander verlassen.
Wie wär’s dann mal mit einem richtigen Live-Album?
Corny: Live vor Publikum? Das ist natürlich die Frage, ob so etwas überhaupt jemand von AHAB hören möchte.
Stephan: Das eine oder andere Konzert-Video schneiden wir ja gerne mal zusammen, aber ein richtiges Live-Album ist bisher nicht geplant.
Dabei spielt ihr ja live gerade ältere Songs auch mal ein bisschen anders. „Old Thunder“ kommt beispielsweise wesentlich langsamer rüber.
Corny: Da hast du einen wunden Punkt getroffen. Die alten Songs wie „Old Thunder“ und „The Hunt“ gehen mir in den Originalversionen auf Platte voll auf die Nüsse, ich kann die nicht leiden. Live macht’s tierisch Spaß, weil es halt wirklich geile Songs sind, aber mein Drumming ist da noch totaler Schrott. Ich spiel‘ nicht mehr so mies Schlagzeug wie früher! Das musste mal in einem Interview gesagt werden!
Stephan: Mal sehen. Wir reden da häufig über irgendwelche Hirngespinste, die dann vielleicht eines Tages durchkommen. Oder aber auch nicht.
Ihr hattet ja seit dem Debüt keine Keyboards mehr am Start, gerade jetzt bei „The Boats Of The Glen Carrig“ scheint man aber hin und wieder ähnliche Klänge zu hören.
Stephan: Es gibt aber auch diesmal keine Keyboards zu hören. So sphärische Sachen kommen tatsächlich alle von den Saiteninstrumenten. Gerade von diesen tiefen Schimmereffekten gibt es ganze Passagen, in denen wir drei gemeinsam diesen Klangteppich schaffen.
Corny: 400 Effektgeräte für jeden!
Woher kommen diese Einflüsse? Post-Rock?
Stephan: Das kann man schon sagen, ja.
Corny: Ein Gegenbeispiel wäre aber die englische Doom-Band ESOTERIC, die auch 400 Tonnen Effektgeräte mit sich herumtragen. Natürlich steckt im Post-Rock viel so Kram drin, aber es ist durchaus auch Doom-beheimatet.
Zum Album-Artwork: Sollen Vielfalt und Details der Unterwasser-Szenerie die psychedelischen Einschläge auf „The Boats Of The Glen Carrig“ betonen? Oder habt ihr eurem Designer freie Hand gelassen?
Stephan: Sebastian Jerke, mit dem wir auch schon fürs „The Giant“-Cover zusammengearbeitet haben, ist einfach ein super Typ, dem wir bei seiner Arbeit blind vertrauen können. Wir hatten schon ein paar Ideen und haben ihm grobe Vorgaben gegeben. Christian hatte außerdem die Farbgebung schon ein wenig im Kopf und hat das mit ihm abgeklärt. Aber eigentlich hatte Sebastian viele Freiheiten, die er auch sehr gut genutzt und umgesetzt hat. Er saß da wirklich an die fünf Wochen dran und hat alles noch mal richtig mit Acrylfarbe auf Leinwand gemalt. Er hat sich wahnsinnig reingehängt und so gefällt es mir wirklich sehr gut. Es ist eben bunt.
Corny: Und deshalb natürlich auch schön klischeefrei. Ich meine, klar, die gezeichneten Viecher gucken schon auch echt böse, aber das knallbunte ist eben nichts, was man im Doom dauernd sieht.
Apropos untypisch: Psychedelic, Sludge, Death/Doom – woher kommen die unterschiedlichen musikalischen Schlagseiten?
Corny: Du kannst niemals Musik schreiben, die komplett frei von Einflüssen ist. Wir sind alle sehr intensive Musikhörer mit riesengroßen Schallplattensammlungen, also wirklich totale Musiknerds. Darum kannst du auch nie sagen, von was es schlussendlich beeinflusst ist, es kommt einfach alles zusammen, was uns berührt.
Stephan: Aber gerade bei den harten Parts merkt man, dass wir halt alle diesen 90er-Death-Metal-Hintergrund haben.
Corny: Du kannst mir gerne mal einen Psychologen auf den Hals hetzen, der mit mir dann systematisch meine Plattensammlung und mein bisheriges Leben durchgeht. Dann kann er wahrscheinlich genau analysieren, wo was her kommt.
Das ließe sich bestimmt mal in einer hübschen metal.de-Reportage umsetzen.
Stephan: Corny auf der Couch!
Corny: Das würde sicher sehr viel gelesen…
Aber erst mal geht’s ja Ende des Jahres auf Tour. Eure Erwartungen?
Stephan: Wir erwarten, dass es genauso geil wird, wie die Touren davor. Wir haben mit HIGH FIGHTER und MAMMOTH STORM auf jeden Fall nette Leute dabei, das ist besonders wichtig. Außerdem möchten wir mal ein bisschen mehr in Frankreich spielen, da hat es uns 2014 beim Fall Of Summer super gefallen.
Corny: Genau, mit geilen Leuten Blödsinn machen und geile Mucke spielen.
Stephan: Das ist quasi immer unser persönlicher Landschulheim-Ausflug ohne Lehrer.
Dann wünsche ich viel Spaß dabei – man sieht sich auf Tour!
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Stile | Death Doom Metal, Doom Metal, Funeral Doom Metal, Sludge |
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