Agalloch
"Das Universum entfaltet sich wie es muss" - Interview mit Frontmann John Haughm zum neuen Album "The Serpent & The Sphere"

Interview

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Im Vorfeld einer neuen Veröffentlichung gibt es für Bands meist eine Menge zu tun: Die Werbemaschinerie läuft an, Auftritte werden gebucht und Pläne geschmiedet. Dennoch stand uns AGALLOCH-Gitarrist und Frontmann John Haughm im Vorfeld zur Veröffentlichung der neuen Scheibe „The Serpent & The Sphere“ für ein paar Fragen und Ausführungen zur Verfügung.

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Die stilistisch und atmosphärisch veränderten AGALLOCH stellen vier Jahre nach ihrer letzten Vollveröffentlichung „Marrow Of The Spirit“ mit „The Serpent & The Sphere“ ein Album vor, das sicherlich unter den Freunden der Band unterschiedlich aufgenommen werden wird. Man lässt die harsche Naturbetrachtung von „Marrow Of The Spirit“ und deren urwüchsigen Black Metal in den Hintergrund treten und setzt eher auf dichte Atmosphäre und ausufernde Kompositionen. Zunächst auf den Hintergrund von „The Serpent & The Sphere“ angesprochen, stellt John zunächst die Verbindung zu „Marrow Of The Spirit“ in diesem Punkt heraus. „Ich wollte metaphysische Themen stärker erforschen, an denen ich bereits seit einiger Zeit sehr interessiert bin. Ein paar davon habe ich auch bereits auf „Marrow Of The Spirit“ angedeutet, doch wirklich betont sind sie erst auf „The Serpent & The Sphere“. Grundsätzlich geht es dabei um das Verhältnis von Mikrokosmos und Makrokosmos und wie beide sich gegenseitig spiegeln. Wie unsere Existenz im Universum nur eine Momentaufnahme ist und erbärmlich in der Leere von Raum und Zeit – aber zur gleichen Zeit existiert auch ein vollständiger Mikrokosmos in uns, der unglaublich weitläufig und komplex ist.“ Das man dieses Konzept auch musikalisch heraushört, dass „The Serpent & The Sphere“ ruhiger und komplexer geworden ist als sein Vorgänger, ist also durchaus gewollt: „Alle Songs basieren auf diesen Theorien und Ideen. Ich würde sagen, die musikalische Atmosphäre des Albums ist damit vergleichbar, wenn man in einem Wald steht und auf die Sterne schaut. Es findet sich sogar ein Foto in dem Artwork, das dieses genau beschreibt. Und um das noch auszuweiten: Ich mag die Idee, dass, wenn wir in den Nachhimmel schauen, wir das Licht von lange gestorbenen Sternen sehen. Dieses Licht ist wie ein Geist aus einer uralten Vergangenheit, die für immer verschwinden wird. Es steckt etwas tief Melancholisches in dieser Idee.“

Die neue Verspieltheit, die stellenweise sehr progressive Züge annimmt, aber dennoch nie den typischen AGALLOCH-Sound vermissen lässt, ist demnach auch eine logische Entwicklung. „Wir versuchen natürlich jedes Mal unser bestes Album zu machen und wir nutzen unsere Erfahrung der bisherigen Arbeit dafür, um dies zu erreichen. Diese Veränderung kommt also von Innen, wir wollen nicht das gleiche Album ständig wiederholen und wir machen das alles schon lange genug, um aus unseren Fehler zu lernen. So wird es mit jedem Album einfacher für uns, die Ergebnisse zu erzielen, die wir erreichen wollen.“ Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der dunklen Atmosphäre des Albums wieder, und auf die Frage, ob AGALLOCH zunehmend düsterer werden, gibt John unumwunden zu: „Ja, womöglich. Ich selbst werde nihilisitischer und seltsamer als Person, je älter ich werde. Ich sehe die Welt mit weniger Ehrfurcht, als ich es früher getan habe. Das ist deprimierend, aber gleichzeitig auch inspirierend. Ich bin viel interessierter an der Leere und der Weisheit darin.“ Aber wo kommen die Ideen für die Umsetzung dieser Gedanken her? AGALLOCH waren ja schon immer bekannt dafür, viele Ideen und Einflüsse in ihrer Musik zu verarbeiten, wenn auch mal mehr oder weniger offensichtlich – Black Metal, Folk, Prog, Post Rock. „Ich selbst werde inspiriert von Filmen, Malerei und sogar wissenschaftlichen Dokumentationen. Zudem reise ich gern und viel. Wir haben alle einen sehr breiten Musikgeschmack und wir sind keinesfalls ängstlich auch mal ein Element, z.B. einen Rhythmus, aus einer anderen musikalischen Richtung einzusetzen.“ Dies geschieht auf recht markante Weise im Song „Dark Matter Gods“-auch dies ist eine künstlerische Freiheit, die man sich sicherlich erst einmal erarbeiten musste. Der Blick über den Tellerrand ist manchmal gar nicht so einfach, insbesondere dann nicht, wenn man selbst einer musikalischen Schublade oder „Szene“ zugeordnet wird. Wie es jedoch mit dem Blick von AGALLOCH darauf steht, macht John recht deutlich: „Wir identifizieren uns eigentlich nicht mit Entwicklungen oder einzelnen Künstlern innerhalb der „Szene“. In dieser Hinsicht sind wir eine ziemlich unsoziale Band. Ich habe mich mehr darum gekümmert, als ich ein Teenager war, aber heutzutage schenke ich dem wenig Aufmerksamkeit.“ Das ist ja vielleicht auch eine persönliche Veränderung–und für eine eigenständige Entwicklung manchmal förderlich, auch wenn es dann mal länger von einem Album zu nächsten dauert, es liegen ja immerhin  vier Jahre zwischen „Marrow Of The Spirit“ und „The Serpent & The Sphere“. Aber diese seien für die Band auch nötig gewesen: „Wir sind viel getourt und haben etwas Zeit außerhalb der Band verbracht. Diese Reinigungsphasen sind notwendig.“ Im September 2012 seien dann aber die Arbeiten an „The Serpent & The Sphere“ gestartet, die im November 2013 abgeschlossen worden sind. Und nun steht am 19. Mai 2014 in Europa endlich die Veröffentlichung von Album Nummer Fünf „The Serpent & The Sphere“ an, mit dessen Endergebnis John erwartungsgemäß auch „ziemlich zufrieden“ ist.

Was AGALLOCH allerdings für die ganz nahe Zukunft geplant haben, steht nun nicht mehr in den Sternen, sondern in Form von einer kleinen Nordamerika-Tour schon fest: „Wir werden ein paar Konzerte in den Vereinigten Staaten spielen und dann schauen wir mal weiter, ich weiß noch nicht genau, was dann passiert. Vielleicht Japan oder Australien. Vielleicht eine kleine Auszeit. Wer weiß….“. Ähem, und Europa, lieber Mister Haughm? „Wir beabsichtigen natürlich auch Europa zu besuchen. Ich hoffe, 2015.“ Na gut. Wie das ganze dann klingen könnte, steht auch schon fest, wurde das neue Material doch live im Studio aufgenommen. „Wir planen das neue Material ohne Verlust an Klang und Atmosphäre auf die Bühne zu bringen. Hierfür ist es offensichtlich gut geeignet: Wir müssen nur noch ausarbeiten, wie wir das ganze aufbauen. Durch das Liverecording macht mir das allerdings keine Sorgen.“

Dann freuen wir uns doch schon einmal darauf und beschließen mit den zu „The Serpent & The Sphere“ passenden Schlussworten des Musikers: „Das Universum entfaltet sich, wie es muss“.

Galerie mit 16 Bildern: Agalloch - Ragnarök 2012
11.05.2014

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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