Accept
Interview mit Wolf Hoffmann über "Blood Of The Nations"

Interview

14 Jahre sind vergangen seit ACCEPT ihr letztes Full Length „Predator“ veröffentlicht haben und niemand hat damit gerechnet, dass die Band eines Tages doch wieder aus der Versenkung auferstehen wird. Mit „Blood Of The Nations“ allerdings sind ACCEPT in alter Stärke zurück, allerdings ohne Kult-Fronter Udo. Wie es dazu kam, erzählt uns Gitarrist Wolf Hoffmann im Interview.

Accept

Grüß dich, Wolf! Wie geht es dir heute?

Mir geht’s super! Ich hab zwar schon einige Interviews hinter mir. Aber die Stimmung ist gut, ich kann es kaum noch erwarten, dass endlich die neue Platte raus kommt! Es ist schon so viel Publicity vorab passiert, dass es mir vorkommt, als sei die Platte jetzt schon uralt und das obwohl sie noch gar nicht erschienen ist.

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Album “Blood Of The Nations”! Wie fühlt es sich für dich an, nach 14 Jahren wieder ein Album zu veröffentlichen und das ohne Udo?

Wahnsinn! Wir fühlen uns alle wie beim ersten Mal, weil es wirklich schon so lange her ist. Es gibt wirklich eine richtige Begeisterung darüber und wir können das Release gar nicht erwarten. Dass Udo nicht dabei ist, hat uns besonders angespornt. Es gab so viele Leute, die im Vorfeld gesagt haben, dass das gar nichts werden kann und deshalb wollten wir es jetzt natürlich noch umso besser machen.

Du hast zu dem Album gesagt, dass die Songs unbedingt raus mussten und sich viel musikalische Energie angestaut hatte. Du sagst sogar, ihr wart noch nie so gut. Was genau bringt dich zu dieser Annahme? Was ist an “Blood Of The Nations” so besonders?

Ja, wir haben in den ganzen Jahren, in denen wir nicht im Geschäft waren, wirklich jede Menge Energie angestaut. Auch die ganzen Zweifel im Vorfeld derer, die uns verurteilt haben, ohne uns auch nur eine Chance zu geben, die haben uns unbewusst so angestachelt und angefeuert, dass wir der Welt einfach zeigen wollten, dass wir doch immer noch Songs schreiben können und immer noch was zu zeigen haben. Ich glaube, das musste einfach raus und wir haben durch diese unglaubliche Energie wirklich noch nie so gut geklungen. Ich habe in irgendeiner Zeitschrift mal eine Kritik gelesen, dass ACCEPT sich anhören wie ein wildes Tier, das lange im Käfig war und dass es jetzt für uns ein Befreiungsschlag ist und wir wieder voll loslegen können.

Steht irgendein Konzept hinter dem Album? Worum geht es auf “Blood Of The Nations”?

Nein, ein Konzept gibt es nicht. Es ist lediglich eine Ansammlung von Songs, die wir in den letzten Monaten geschrieben haben. Wir haben vor einem Jahr wieder zusammen gefunden, nachdem wir Mark Tornillo kennen lernten und haben ganz von vorn angefangen. Wir hatten eben einen Sänger gefunden und unsere ganzen Hoffnungen da rein gelegt, dass wir ACCEPT wieder neu aufleben lassen können. Peter und ich haben uns dann einfach drei bis vier Monate hingesetzt und Songs geschrieben, bestimmt 30 bis 40 Stück, aus denen wir dann die besten ausgesucht haben. Letztendlich gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Titeln, sie klingen einfach alle nach ACCEPT.

Gibt es dann aber vielleicht wenigstens gewisse Themen, denen ihr euch verstärkt gewidmet habt?

Eigentlich frei raus alles, was uns in den Sinn kam. Peter und ich haben eben die Musik geschrieben, ein Song kam von Herman Frank und die Texte hat diesmal eben Mark Tornillo verfasst. Früher hat Gaby unter einem anderen Namen immer unsere Texte verfasst, aber jetzt, wo wir einen amerikanischen Sänger haben, dessen Muttersprache eben Englisch ist, wollten wir, dass er die Texte selbst schreibt und seine eigenen Gedanken ausdrückt. Wir haben ihm vielleicht mal Stichworte gegeben, aber größtenteils hatte er freien Raum dabei. Und ich denke, er hat schon versucht, dass es nach ACCEPT klingt und nicht ganz aus der Art schlägt, aber ein wenig anders ist es natürlich schon. Er hat einfach über Dinge geschrieben, die uns zur Zeit bewegen, auch Politisches, es gibt z.B. einen Song über den Börsenskandal an der Wallstreet, der Titeltrack “Blood Of The Nations” handelt allgemein von Krieg und vom Blutvergießen oder “The Abyss” dreht sich darum, ob das Ende der Welt vielleicht doch schon bevor steht. Es sind einfach allgemeine Themen, die ACCEPT auch früher schon angesprochen haben. Politisch würde ich das eigentlich nicht nennen, aber das ist es im weitesten Sinne wohl schon.

Du hast eben angesprochen, dass es zu der Reunion relativ spontan kam, als ihr euren neuen Sänger kennen gelernt habt. Erzähl doch mal, wie das genau abgelaufen ist!

Das war vor etwas mehr als einem Jahr, im Mai 2009, da habe ich den Peter Baltes besucht und wir haben uns wie so oft zu einer Jamsession zusammen gefunden und ein paar alte ACCEPT-Songs gespielt. Dabei war noch ein Drummer von einer lokalen Band, aber niemand außer mir und Peter von ACCEPT. Es gab ACCEPT ja auch eigentlich gar nicht, wir haben das nur zum Spaß gemacht. Irgendjemand hat dann gemeint, es gäbe da einen Sänger, den er von früher kennt, der die alten Songs der Band kennt und gleich um die Ecke wohnt. Wir sollten ihn doch einfach mal einladen, dass er einfach aus Spaß für den Tag mal ein bisschen mitspielen kann. Das haben wir gemacht und der kam dann auch und von dem waren wir spontan so begeistert, dass wir es gar nicht recht glauben wollten. Wir dachten nur, der Mann klingt einfach super, lass uns doch ACCEPT wieder aufmachen. Wenn wir schon nichts mit Udo machen können, was zu diesem Zeitpunkt schon klar war, dann geben wir einfach Mark die Chance. Wir haben keinen anderen Sänger ausprobiert, wir hatten keine anderen Pläne, wir haben das einfach spontan entschieden und sofort veröffentlicht. Erst dann haben wir wirklich darüber nachgedacht und schließlich alles in die Tat umgesetzt.

Also wart ihr alle gleich Feuer und Flamme für die Idee?

Klar, wir wollten alle gerne wieder Musik machen, aber intensiv einen Sänger suchen, das wollten wir wiederum nicht. Die Idee kam schlagartig, als der Mark vor uns stand. Dann haben wir natürlich gleich alle angerufen und ja, jeder war sofort Feuer und Flamme! Wir haben dann auch an dem ersten Tag ein wenig aufgenommen und leider den Fehler gemacht, das ins Internet zu stellen. Darauf hagelte es natürlich böse Kritik, was wir uns denn erdreisten würden, ACCEPT ohne Udo wieder ins Leben zu rufen. Wer dieser neue Sänger denn überhaupt sei usw. Wir haben das dann mehr oder weniger verdrängt. Wir dachten einfach, wir wissen, wie gut der ist, also machen wir das. Es hat uns zwar schockiert, wie ernst die Leute doch so eine Aufnahme nehmen, aber es hat uns doch auch weiter gestärkt. Wir haben wirklich nur das Band mitlaufen lassen und so ernst war das gar nicht gemeint, nur eine Arbeitsprobe. Dann gab es allerdings so viele Leute, die das genau analysieren mussten und uns ist aufgefallen, dass es im Internet eben einfach kein Pardon gibt.

Ja, man muss aber wirklich sagen, dass diese Hörproben Leuten, die euch ohne Udo eben nichts zutrauen, regelrecht in die Karten gespielt hat.

Ja, das hat die Menschen sofort in Lager gespalten. Die einen haben gesagt, man solle erstmal abwarten, schließlich sind die Hauptsongwriter von ACCEPT wieder dabei und wieso sollten die nicht heute wie damals Hits schreiben können. Dann gab es die, die meinten, es ginge nur mit Udo und das hat zu einem richtigen Kleinkrieg geführt. Ich hab mich irgendwann einfach raus gehalten, für sowas habe ich keine Zeit. Und besonders, wenn Menschen meinen, da so viel negative Energie investieren zu müssen, dann gehe ich eben meiner Wege und mache meine Musik, sollen die mal machen.

Das ist wohl der einzig richtige Weg, damit umzugehen! Sich eben nicht unter Druck setzen zu lassen.

Manche Leute sind wirklich darauf aus, alles mies zu machen. Denen kann man es einfach nicht recht machen und das muss man sich einfach vor Augen führen. Wir haben das ignoriert und einfach gedacht, dass wir schon sehen werden, ob wir keine vernünftigen Songs mehr schreiben können. Im Endeffekt hat es uns also stärker gemacht und somit wieder geholfen, ein noch besseres Album zu machen.

Dabei klingt Mark Udo stimmlich gar nicht mal so unähnlich!

Ja, so muss das auch sein, das hat uns ja so begeistert! Er kann das alte Repertoire perfekt rüber bringen, aber er macht ihn trotzdem nicht nur nach, sondern hat auch andere Facetten. Er interpretiert das glaubwürdig auf seine Art.

Also war diese stimmliche Ähnlichkeit auf jeden Fall auch Kriterium dafür, dass er für euch der richtige Mann war.

Genau. Mark klingt ähnlich, aber ist kein Klon von Udo, sondern hat sogar auch Seiten, die Udo eben nicht hatte. Darin haben wir die Chance gesehen, optimal weiter machen zu können und das hat sich auch bewahrheitet, besonders live. Es kommt einfach super rüber.

Wie ist denn euer Verhältnis zu Udo eigentlich?

Gibt es nicht. Er wollte nicht dabei sein, also interessiert mich das nicht. Er hat es abgelehnt, bei uns noch mal mitzumachen. Wir sind ganz zivilisiert auseinander gegangen, aber er hat einfach die Wahl getroffen, mit ACCEPT nicht weiter zusammen arbeiten zu wollen und eigentlich ist er ja schon vor 20 Jahren ausgestiegen und nur immer mal wieder kurz zurückgekommen. Letztendlich, als das wieder zur Debatte stand, hat er ein für alle Mal gesagt, dass das für ihn nicht in Frage kommt und er U.D.O. machen will, darüber haben wir uns zwar gewundert, aber es im Endeffekt hingenommen. Er ist ein erwachsener Mensch und wir nehmen seine Entscheidung ernst und respektieren sie. Mehr gibt es dazu auch gar nicht zu sagen. Wir machen jetzt unser eigenes Ding und die Sache ist erledigt.

Okay, dann kommen wir doch einfach zurück zum Album. Es klingt ganz klar nach ACCEPT und enthält alle eure Trademarks, wirkt aber dennoch frischer und abwechslungsreicher. War es im Rahmen der Neudefinierung von ACCEPT eure Intention, den typischen ACCEPT-Sound zu variieren?

Planen kann man das so genau gar nicht. Wir haben uns einfach Mühe gegeben, Songs zu schreiben, die den Fans von ACCEPT gefallen würden. Aber wirklich Mühe geben mussten wir uns auch nicht, wenn Peter und ich uns zusammen setzen, dann klingt das immer irgendwie nach ACCEPT und als wir die Marschrichtung einmal festgelegt hatten, sprudelte es nur so aus uns heraus, Ideen waren en masse vorhanden. Das Schwierige ist eher, die Songs auszuwählen, die genau 100% so klingen, aber nicht wie eine Kopie von früher. Andy Sneap, unser Produzent, hatte auf diese Auswahl auch einen großen Einfluss. Der war als Fan von uns gleich von Anfang an dabei.

Gut, dass du Andy ansprichst! Wie entstand denn eigentlich der Kontakt zu ihm und hatte er außer der Songauswahl noch weiteren Einfluss auf das neue Album?

Ähnlich wie bei Mark, der uns einfach vor die Füße gefallen ist, war es bei Andy auch. Über einen gemeinsamen Bekannten hat er uns kontaktiert, weil er gehört hatte, dass wir wieder eine Platte machen wollen. Ich habe mich seit Jahren nicht mehr mit der Musikszene befasst, mir war der Name erst gar kein Begriff. Nun ja, er kam dann und war super nett, wir haben uns gleich gut verstanden und dann stellte sich heraus, dass er von Kindesbeinen an großer ACCEPT-Fan ist. Er hat dann ein paar Vorschläge gemacht und uns war gleich klar, dass er unser neuer Produzent sein muss. Ob wir noch jemand anderes fragen, das stand gar nicht im Raum. Und die Zusammenarbeit war klasse, es hat sich mehr angefühlt, als sei er ein weiteres Bandmitglied als ein Produzent. Er hat uns wie gesagt auch bei der Songauswahl geholfen. Wir haben uns gemeinsam die alten Songs angehört und er hat aus seiner Sicht geschildert, was ihm an ACCEPT so gut gefallen hat, das war eine sehr lehrreiche Erfahrung, die uns die Augen geöffnet hat, was ACCEPT eigentlich den Fans bedeutet.

Für die Veröffentlichung habt ihr bei Nuclear Blast unterschrieben. Wie kam es dazu und was kannst du uns über die Zusammenarbeit mit dem Label erzählen?

Wir haben die Platte schon fertig im Kasten gehabt und dann erst mit Labels verhandelt. Das lief alles über unsere Managerin Gaby, die es verschiedenen Labels angeboten hat und letztendlich haben wir uns für Nuclear Blast entschieden, weil es im Metal-Bereich einfach die beste Wahl ist, die haben jede Menge Erfahrung und wir wollten sowieso alles auf sehr professioneller eben ablaufen lassen. Bisher klappt die Zusammenarbeit auch super und ich glaube, wir sind da goldrichtig!

Ihr habt beim diesjährigen Rock Hard Festival erstmals wieder eine Show auf deutschem Boden vor sehr großem Publikum gespielt. Wie hat es sich angefühlt, in der Heimat wieder auf der Bühne zu stehen mit ACCEPT, vor allem im neuen Line-Up?

Es war einfach super geil. Klar waren alle entsprechend nervös, aber zum Glück hatten wir die erste Feuertaufe mit ein paar größeren Shows im Ausland schon hinter uns. Trotzdem war es etwas anderes in Deutschland und dann gleich auf dem Rock Hard Festival mit entsprechendem Fachpublikum. Aber es macht sich bezahlt, wenn man das Gefühl hat, man ist einigermaßen gut und eingespielt. Das soll nicht arrogant klingen, in Topform sind wir nicht, aber es bringt schon ein gewisses Selbstvertrauen mit sich, wenn man sich wohl fühlt. Und dann wird es auch gut. Wenn man unsicher ist, geht immer was schief, aber wenn die Band gut drauf ist, alle an einem Strang ziehen, die Stimmung gut ist, man vorbereitet ist, dann wird es auch gut. Und beim Rock Hard war es wirklich ein schönes Erlebnis. Wir kennen den Götz schon ewig, er ist einer unser ältesten Freunde und sogar er war am Anfang total skeptisch und hat es uns nicht zugetraut. Mittlerweile hat er sich aber vom Gegenteil überzeugen lassen und ist auch begeistert. Man kann es den Menschen nicht verübeln, skeptisch zu sein, aber nach 30 Jahren in der Szene können wir glaube ich schon erwarten, dass man wenigstens angehört und nicht sofort verurteilt wird. Das haben viele Leute leider trotzdem gemacht.

Wie sind eure weiteren Live-Pläne für dieses Jahr, im Besonderen natürlich für Deutschland?

Erstmal sind wir relativ ausgebucht, aber danach werden wir hoffentlich nach Deutschland kommen. Im September/Oktober sind wir in den Staaten unterwegs, dann geht es nach Japan, Russland usw. und danach ist Europa dran und somit natürlich auch Deutschland. Das könnte Ende des Jahres oder Anfang nächstes werden, das wird gerade geplant und wir haben auch keinen großen Einfluss darauf.

Zum Schluss gib uns doch einfach mal einen Ausblick, wie es jetzt mit ACCEPT weiter geht!

Tja, wir haben ja jetzt was ganz großes angeworfen und wir haben vor, das jetzt noch lange Jahre weiter zu machen. Wenn die ganze Maschinerie erstmal angelaufen ist, soll die natürlich auch noch eine Weile halten. Wir machen auf jeden Fall eine neue Platte, schreiben auch bald wieder Songs, aber erstmal geht’s auf Tour. Auf jeden Fall haben wir viel vor! Es ist nicht wie 2005, wo klar war, dass wir nur ein paar Shows in der alten Besetzung spielen, Udo wollte dann ja auch nicht mehr. Diesmal ist das ganz anders. Wir haben einen neuen Sänger und können machen, was wir wollen, z.B. touren bis die Schwarte kracht! Und das werden wir ausnutzen, das macht uns am meisten Spaß.

Dann viel Spaß und Glück dabei! Danke für das Interview. Die letzten Worte gehören dir.

Ja, ich wünsche natürlich viel Spaß mit dem Album, wenn es endlich draußen ist und ich hoffe, wir sehen und bald mal auf Tour!

Galerie mit 23 Bildern: Accept - Humanoid Tour 2024 in Langen
12.08.2010

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