Aardvarks
Aardvarks

Interview

Es war mal wieder eine ganze Weile sehr ruhig gewesen um die Jungs aus Bonn, als mir Guido Meyer de Voltaire recht unerwartet mitteilte, das die Aardvarks jetzt wieder am Start sind. Da ich natürlich sofort wissen wollte, warum es so lange nichts mehr Neues gab, warum es jetzt aufeinmal wieder weitergeht, was die Gründe dafür sind und natürlich wann es neues Songmaterial zu hören gibt, habe ich die Gelegenheit genutzt und Guido ein wenig ausgehorcht.

AardvarksHi Guido. Man hat recht lange nichts mehr von den Aardvarks gehört; woran hing’s denn?

Hi Daniel. Ja, es gab mal wieder die üblichen Problemchen mit unserer Besetzung. Wir haben in den letzten Jahren mit Gastmusikern zwar immer wieder mal Konzerte gespielt, dann aber mußte Hernan unser Lead Gitarrist für fast ein Jahr gezwungenermaßen in seine Heimat Kolumbien reisen. Seit er wieder hier ist und sich Martin Below von den Kölnern GUERRILLA bereiterklärt hat, auch bei uns zu trommeln, geht es allerdings wieder vorwärts. Da wir uns mit GUERRILLA auch einen Proberaum in Köln teilen, können wir wieder regelmäßig arbeiten. Die ersten Konzerte dieses Jahr waren auf jeden Fall äußerst genial und die Resonanzen dementsprechend gut.

Eurer Homepage ist zu entnehmen, das sich im Line Up auch einiges getan hat. Habt ihr jetzt eine stabile Basis gefunden, auf der ihr wieder richtig durchstarten könnt?

Das aktuelle Lineup besteht aus studio- und bühnenerprobten Metallern, und sie sind allesamt äußerst motiviert, das ihrige dazu beizutragen, daß es bald wieder neues Material und noch mehr Liveauftritte von uns gibt. Undergroundler werden den ein- oder anderen der Jungs vielleicht kennen: Hernan Martinez an der Lead Gitarre spielt auch bei CENTAURUS A, SYRE und MISTICIA, Ömer Hamzaoglu am Bass war früher bei DAKRIA und SYRE und zockt jetzt bei CONTRARY und AS EYE AM, und Martin Below von wie gesagt GUERRILLA hat zeitweise auch bei NIGHTINGALES und BLOODREDANGEL gespielt. Auf der Bühne fühlt man sich mit der Mannschaft pudelwohl, da das alles äußerst bandorientierte Musiker sind, und jeder weiss, was er zu tun und wie er zu klingen hat, und ich bin äußerst gespannt auf die ersten Studioaufnahmen.

Wie kommt es eigentlich zu deinem Ausstieg bei Bethlehem? Setzt du deine Prioritäten neu oder hat das andere Gründe?

Dieses Thema wurde ja zu meiner Überraschung von meinen ehemaligen Bandkollegen, allen voran Jürgen Bartsch, in der internationalen Undergroundpresse ziemlich reisserisch und hasserfüllt abgehandelt. Ich versuche es – auch wenn das auf dem Hintergrund schwer ist – das etwas sachlicher anzugehen. Seit ich zwei Wochen vor den Aufnahmen zu „Schatten aus der Alexander Welt“ bei Bethlehem eingestiegen bin, war es ausgemacht, daß Bethlehem ein reines Studioprojekt bleiben wird. Dies war von meiner Seite sogar eine Bedingung, da ich zu mehr Aktivitäten auch keine Zeit hatte. Die Band hatte zu diesem Zeitpunkt schon seit sechs Jahren nicht mehr auf einer Bühne gestanden. Von dieser Besetzung hatten zwei noch nie in ihrem Leben ein Konzert gespielt. Einige Wochen nach der Veröffentlichung kamen schon die ersten Stimmen, man solle doch auf die Bühne. Ich hatte bei meinen Gesangsarrangements in keinster Weise Rücksicht auf die Live Umsetzbarkeit der Stücke genommen und mit mehrstimmigen Chören um mich geworfen. Das war so ohne Halbplayback live nicht umsetzbar. Ich war demzufolge dagegen, beugte mich aber mit einem sehr unguten Gefühl der Mehrheit, zumindest was den Auftritt auf dem With Full Force anging. Dieser kam dann aber doch nicht zustande, da Jürgen eine Woche vor dem Auftritt aufgrund von Querelen mit Prophecy einen Rückfall hatte (er hatte einige Monate zuvor einen Herzinfarkt und ist dem Sensenheinz wohl nur knapp von der Schüppe gesprungen und war wochenlang in Kur). Bei den Aufnahmen zu „Mein Weg“ war es das gleiche. Die einhellige Meinung vor den Aufnahmen war: Bethlehem sind ein reines Studioprojekt. Zwei Wochen nach den Aufnahmen wurde ich per E-Mail davon in Kenntnis gesetzt, daß zukünftig einmal die Woche geprobt wird und man definitiv Gigs spielen möchte. Da wesentlich mehr als eine Probe die Woche nötig gewesen wäre, um auf Lange Sicht ein adäquates Zusammenspiel der Band und somit eine gewisse Bühnentauglichkeit zu erreichen, ich aber nicht in der Lage war, soviel Zeit aufzubringen (ich hatte zu dem Zeitpunkt einen Ganztagsjob, meine freien Graphikerjobs und zwei weitere Bands in meiner Planung unterzubringen), habe ich in einem ruhigen, sachlichen Telefonat meinen Dienst quittiert und ihnen aufrichtig viel Glück bei der Sängersuche gewünscht. Als ich Monate später die ersten Interviews las, war ich, gelinde gesagt, erstaunt. Ich habe es in all meinen aktiven Jahren im Underground noch nie erlebt, daß eine Band eine Trennung so peinlich, publicityheischend ausschlachtet – außer eben ebenfalls bei BETHLEHEM einige Jahre zuvor mit meinem damaligen Vorgänger Reiner Landfermann von der „Dictius te necare“, das hätte mir eigentlich eine Warnung sein sollen. Naja, mittlerweile kann ich darüber nur noch den Kopf schütteln, denn die meisten Aussagen und Ansichten in die Jürgens Angriffe eingebettet sind und das Sido-Niveau seiner Wortwahl, machen es jedem denkfähigen Leser eher schwer, ihn ernst zu nehmen. Das wurde mir netterweise auch von mehreren Bethlehem Fans nach dem Motto „Der Bartsch wieder …“ bestätigt. Es ist sehr schade, da ich das Album „Mein Weg“ trotz seiner spielerischen Schwächen nach wie vor sehr schätze und gerne noch weitere Alben mit ihnen geschrieben und aufgenommen hätte. Vor allem Markus Stock hat bei der Produktion einen großartigen Job geleistet.

Ihr wollt euch jetzt ja wieder verstärkt neuem Material widmen – was erwartet uns da? Ihr hab in der Vergangenheit bewiesen, dass ihr ein Gespür für großartige Songs habt, doch irgendwie kam seit längerem nichts mehr nach.

Ich habe eine Tonne Riffs und Songgerüste auf meinem Rechner. Die grobe kompositorische Arbeit erfolgt mittlerweile im Logic auf dem Mac, die Feinarbeit aber nach wie vor im Proberaum mit der Band. Leider war die Entstehung eines Songs bei uns schon immer ein sehr langwieriger Prozess, und ich will gar nicht wissen, wie viele Entwürfe wir wieder weggeschmissen haben, weil sie uns nicht ausreichend schlüssig erschienen. Mit den Texten ist es genauso. Wir haben uns jedenfalls zum Ziel gesetzt, auf unserem 12Jährigen Bühnenjubiläum am 2. September zwei neue Songs zu präsentieren. Stilistisch wird es bei unserer bunten Legierung bleiben, aber mit der neuen Mannschaft kommen auch neue Einflüsse. Mal schauen, vielleicht schaffst Du es ja hoch nach Bonn. Ich habe viel Platz.

Wie wurde euer letzter Output „Conglomerate“ von den Fans und der Presse aufgenommen? Ich habe den Eindruck, daß „Profondo Rosso“ stärker wahrgenommen wurde, wohingegen „Conglomerate“ etwas unterging.

Das hat einen einfachen Grund. „Conglomerate“ war nie als offizielles Release gedacht. Whitey hatte neues Equipment ins Studio bekommen und hat uns gefragt, ob wir zum Ausprobieren was aufnehmen wollen. Also haben wir „Conglomerate“, ein Re-Recording von „Homeless“, zwei kleine Intrumentalstücke, „Terminate“ und „Phantasm“, und ein altes, bisher noch nicht aufgenommenes Lied, „Fuehrer’s Legacy“, aufgenommen. Daher fehlt der MCD als solches auch die Schlüssigkeit, die zum Beispiel die „Profondo Rosso“ besitzt. Wir haben sie nur in kleinster Auflage bei Bedarf gebrannt und als Lebenszeichen der Band einigen ausgewählten Adressen zugeschickt. Daher ist das Ganze im Vergleich zu „Profondo Rosso“ natürlich etwas untergegangen.

Wie sieht es eigentlich mit der Bekanntheit der Aardvarks im Ausland aus? Erhaltet ihr Reaktionen aus anderen Ländern?

Die herzlichsten Reaktionen bekommen wir aus Lateinamerika. Anscheinend haben die einen guten Draht zu unserem recht emotionalen, melodischen, zum Teil sogar etwas pathetischen Metalstil. Mittlerweile ist es ja auch so, daß unsere erste und bislang einzige Labelveröffentlichung, die „Conglomerate LP“ (besteht aus der „Profondo Rosso“ und der „Conglomerate“), vom kolumbianischen Label YAHUAR MALLCU in Südamerika veröffentlicht wurde. Aber positive Einzelreaktion bekommen wir dank Internet auch in schöner Regelmäßigkeit aus den USA, Kanada, Südafrika, Osteuropa und Asien. Als international bekannt würde ich uns dann aber doch nicht bezeichnen 😉

Vor einiger Zeit hatte ich eine Meldung gesehen, daß es ein Videoclip zu „Homeless“ gibt. Ich war ziemlich überrascht wie gut der Clip geworden ist – sowohl inhaltlich als auch von der technischen Umsetzung. Wie kam es dazu?

Manuel Schmitt, der Regisseur des Clips, ist Student an der Hochschule für Kunst und Medien in Köln. Er arbeitete an einem Projekt mit dem Titel „Der Ton macht die Musik“, in dem er in Form einer ca. einstündigen Dokumentation verschiedene szeneorientierte Musikrichtungen und -bewegungen Deutschlands portraitieren wollte. Ein Münchener Freund brachte ihn auf seiner Suche nach einer Band für die Metal Sparte auf uns, und er rief mich an. Wir besprachen alles und waren sofort dabei. Das Interview, welches in der Doku erscheint, und das Videoclip zu „Homeless“ wurden an einem Tag im Studio der Hochschule abgedreht. Er fügte noch ein paar Außenaufnahmen dazu und schnitt das Ganze. Wir waren mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden, auch wenn der Darsteller für die Zwischensequenzen eher aussieht wie eins von diesen heroinisierten Calvin Klein Models anstatt wie ein Obdachloser. Es war ein lustiger Tag und eine gute Erfahrung. Die letztendliche Doku ist sehr witzig geworden, da außer Metal alle möglichen Stile berücksichtigt wurden. Schlager, Klassik, Jazz, Hip Hop, EBM, Rock, Techno und sogar Volkstümliche. Sehr sehenswert.

Wenn ich das richtig gesehen habe, werdet ihr im Sommer auf zumindest einem Festival – dem Dong Open Air – zu sehen sein. Sind noch andere geplant?

Was Open Airs angeht, so ist es wohl dieses Jahr leider nur das Dong, da die Deadlines für die Bewerbungen dieses Jahr ungewöhnlich früh waren und wir zu dem Zeitpunkt aufgrund akuten Proberaummangels noch nicht konkret planen konnten. Aber es sind noch ein paar Clubgigs geplant und am 2. September wie gesagt unser 12jähriges mit GUERRILLA, SYMBIONTIC und CONTRARY in der Klangstation in Bonn. Die aktuellsten Daten findet ihr aber wie immer unter http://www.aardvarks.org.

Und natürlich besonders interessant – werden wir neues Material zu hören bekommen?

Auf den Dong kann ich das weder versprechen noch ausschließen. Lassen wir mal alles auf uns zukommen. Es wird auf jeden Fall dran gefeilt, und wenn es aufführbereit sein sollte, dann werden wir nicht zögern.

Im Herbst dieses Jahres habt ihr euer 12jähriges Bühnenjubiläum; wenn du auf die Zeit zurückblickst, bist du zufrieden mit dem was ihr erarbeitet und erreicht habt? Ich persönlich denke, dass euch nicht die Anerkennung zuteil wurde, die ihr eigentlich verdient hättet – vermutlich ist es euch allerdings zum Teil auch selbst zuzuschreiben, wenn man die langen Pausen bedenkt.

Einerseits hast Du wohl recht. Wenn man wirklich etwas erreichen will, muß man sich darauf konzentrieren. Ich habe mich sehr früh entschieden, daß ich meine Brötchen mit der Graphik und nicht mit der Musik verdienen möchte. Zum Einen war und bin ich nicht sehr kompromissbereit bei der Wahl meiner musikalischen Aktivitäten, was sehr schlecht für die Finanzen ist, zum anderen wollte ich schon Graphiker werden, bevor ich anfing Musik zu machen. Es mag sein, daß wir es weiter gebracht hätten, wenn wir mehr Kontinuität gezeigt hätten, andererseits haben wir insbesondere von 1995 bis 2000 sehr hart gearbeitet und waren sehr motiviert. Es fand sich nur nie ein Label, welches uns signen wollte, da wir all die Jahre entgegen der allgemeinen Tendenz in der Szene eine Musik gemacht haben, die nunmal nicht in eine Schublade passt, sondern in drei. Das war denen offenbar zu riskant. Selbst viele Underground Label setzten dann lieber auf den zigsten Gothic-Metal-Clon, einen eindeutig einzuordnenden Death-Act oder noch besser eine mit Pentagrammen und satanistischen Halbweisheiten um sich werfende Black-Metal-Band. Ich denke, es ist ein bischen von beidem dabei, ist ja mittlerweile auch eine lange Zeit, die wir unterwegs sind. Alles in allem hat es mir auf jeden Fall viel gegeben und tut es noch, sonst würde ich es nicht weitermachen. Gerade die Gigs vermißt man doch extrem, wenn man mal ein halbes Jahr Pause macht.

Bist du eigentlich mit der Band Voltaire (http://www.voltaire-musik.de) irgendwie verbunden?

Sogar mit Leib und Blut. Das ist mein jüngster Bruder Roland mit seinen Jungs. Ja, die spielen in einer anderen Liga. Die haben einen Majordeal bei Universal ergattert und haben nach ihrer umjubelten EP „Flut“ gerade die Aufnahmen zu ihrer ersten LP abgeschlossen die August ’05 erscheinen wird. Ich habe die ersten Mixes gehört, und sie sind unfassbar geil. Wer auf Radiohead mit ein bißchen Coldplay steht und deutschen Texten nicht abgeneigt ist, der sollte sich das mal auf Amazon bestellen. Gitarrenlastiger Indipop erster Güte.

Was sind eure Pläne in nächster Zeit? Werden wir jetzt wieder mehr von euch hören?

Wir werden weiterhin proben, neues Material schreiben, versuchen mehr Gigs zu spielen und hoffen, daß sich ein kleines, feines Underground Label findet, das 2006 unsere erste offizielle LP rausbringen will. Eine gute Produktion können wir nach wie vor garantieren, da wir wieder bei meinem Freund Whitey im Stonehenge Studio aufnehmen werden, und das Artwork fällt in meinen Bereich. Alsdann, danke für den Support. Alles Aktuelle plus Gästebuch immer auf www.AARDVARKS.org!

Besten Dank auch das du dir die Zeit genommen hast. Hoffen wir, das es in den nächsten Wochen und Monaten gut läuft, so daß wir spätestens 2006 die nächste Aardvarks Scheibe in den Händen halten.

26.04.2005

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