A Perfect Circle
"Ich mag die Herausforderung, live eine gute Show abzuliefern"
Interview
Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Albums von A PERFECT CIRCLE, der Supergroup rund um den TOOL-Fronter Maynard James Keenan, konnten wir Billy Howerdel, Hauptsongwriter und Ex-Gitarrentech vieler namhafter Bands (FAITH NO MORE, NINE INCH NAILS, DAVID BOWIE, GUNS’N’ROSES) kurz an die Strippe bekommen. Denn aufgrund technischer Schwierigkeiten und vollem Kalender bei Herrn Howerdel riss der Kontakt mitten im Gespräch ab und konnte nicht wieder neu aufgenommen werden. Wir bitten dies zu entschuldigen und hätten euch gern ein wenig mehr an Interview geben wollen, aber dann funkte höhere Gewalt dazwischen. Schade drum, aber ein halbes Interview ist immer noch besser als keins. Warum ihm nachts gute Ideen kommen und warum Billy immer noch gern auf der Bühne steht nach all den Jahren, erfahrt ihr nun unter anderem hier:
Das letzte reguläre Album von A PERFECT CIRCLE ist nun schon ein Weilchen her, wenn man so Sachen wie „eMOTIVE“, die Livealben oder ganzen Compilations nicht mitzählt. Also warum gibt es nun ein neues Album? War nun einfach die Zeit reif, hattet ihr jetzt erst genug Material für etwas neues?
Nach unserer alten Tour haben wir erstmal „eMOTIVE“ gemacht, dann hab ich mich persönlich in eine etwas andere Richtung begeben und Musik für einen Videospiel-Soundtrack aufgenommen. Darauf kam ich dann mit der Idee eines Soloprojektes um die Ecke, hatte aber immer im Hinterkopf, irgendwann mit A PERFECT CIRCLE zurück zu kommen. Das hat uns zu 2010/2011 geführt, als wir besonders viel getourt haben – in den USA, Südamerika, aber auch Australien. In 2014 gab es ein paar Shows. Wir hatten damals schon ein wenig neues Material und es fühlte sich richtig an, wieder zusammen zu kommen und an neuem Material zu arbeiten. Es hat sich einfach so ergeben, dass erst jetzt alles zusammen gekommen ist.
Du warst natürlich auch sehr beschäftigt mit deinen anderen musikalischen Projekten (ASHES DIVIDE, Liveauftritte mit ABANDONED POOL, Produktion für GUNS’N’ROSES „Chinese Democracy“ – Anm. der Redaktion).
Ja. Es ist witzig wenn man darüber nachdenkt: Ich habe den Großteil der Songs für unser neues A PERFECT CIRCLE-Album sogar geschrieben bzw. fertig gestellt, als ich sonst eigentlich kaum noch mit anderer Musik involviert war. Ich habe sehr viel im Sommer 2014 fertig bekommen, ein bisschen weniger später. Aber vor 2014 war ich nahezu konstant am Schreiben, hab keine Pause genommen. Ich bin nahezu immer im „Songwriting-Modus“.
Heißt das also, dass selbst auf dem neuen Album nun hauptsächlich eigentlich alte Songs oder Ideen vorhanden sind?
Es sind immer alte Ideen. Alte Ideen, die dann vollständig zu Ende gebracht und noch einmal überarbeitet worden sind. Der einzige Song der brandneu war, ist glaube ich „Get The Lead Out“. Es war aber auch mehr eine Re-Interpretation. Die Basisstruktur des Songs war bereits 3-4 Jahre alt und als Maynard dann über den Song sang, haben wir mehr oder weniger das Soundgerüst drunter weg genommen und noch mal „last minute“ überarbeitet. Der Song ist ungefähr vor 2 Monaten dann erst fertig geworden.
Interessant. Ich denke dieselbe Arbeitsweise hattet ihr dann auch schon auf den ersten beiden Alben.
Ja, jedenfalls sehr ähnlich. Du schaust nur auf deinen Backkatalog an Songs die du irgendwann mal geschrieben hast und entscheidest dann, welche gut zusammen passen und funktionieren könnten. Besonders, wenn zum ersten Mal Gesang auf deinen Songs ist und sie dann auch passen. Wenn es nicht passt, gehst du einfach über zum nächsten Song.
Ok, dann kommen wir mal zum neuen Album. Warum „Eat the Elephant“? Warum wollt ihr Elefanten essen? Schmecken die überhaupt?
(lacht) Ich denke das versteht man, wenn man sich die Lyrics vom Song durch liest.
Du warst für eine lange Zeit Guitar-Tech für eine Menge erfolgreicher und bekannter Bands und Musiker. Was würdest du sagen war die wichtigste Lektion, die du daraus gelernt hast?
Oh, ich habe sehr viele Dinge dadurch gelernt. Die erste Sache die mir in den Sinn kommt ist, sich nicht zu sehr paralysieren zu lassen von zu viel Zeit, zu vielen Entscheidungen, zu vielen Optionen. Es sollte immer noch Raum für neue Erkundungen im Sound geben, aber hauptsächlich ist es wichtig, die eigenen Stärken zu kennen und mit denen ein wenig zu spielen. In einem weiteren Sinne, die mit kleinen neuen Experimenten zu schmücken. Weißt du, einfach die Lücken in den Songs mit Ideen zu füllen. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Lektion, die ich gelernt habe.
Ist das auch etwas, was du beim recorden gerne tust – improvisieren? Ich denke live ist das mehr oder weniger unumgänglich auf die Dauer, aber bei der Aufnahme eines neuen Albums geht ihr ja doch eher schon mit relativ fertigen Vorstellungen heran, oder?
Ich verstehe das nicht ganz. Meinst du nur live?
Beides, also live und im Studio. Ich denke nämlich, gerade live ändern Bands ihre Songs gerne ein wenig ab, geben Raum für Improvisation und kleinere Spielereien, gerade wenn es alte Songs sind oder sie schon lange auf Tour sind und es nach einer Zeit fade wird, immer die alte Leier zu spielen. Ich kann mir vorstellen, dass es auf die Dauer sehr langweilig werden kann, immer dasselbe zu spielen und wenn es nur die „Fan-Pleaser“ sind. Oder ist das bei euch nicht so?
Ja, es wird schon ein wenig öde, aber eigentlich genieße ich das sogar, diesen Optimierungsprozess im Leben… die Songs werden live so nicht langweilig.
Ungewöhnlich, das höre ich sonst nicht besonders oft von Musikern…
Ich mag es irgendwie. Vielleicht würde ich es auch mögen über Wochen dasselbe Theaterstück am Broadway aufzuführen. Da hat man ja auch relativ wenig Raum für Improvisation und spult immer dieselbe Rolle wieder ab. Es geht ja auch ein wenig darum sich selbst zu zeigen, wie gut man dieser Aufgabe gewachsen ist und nachher zu evaluieren, wie gut man die Show gespielt hat. Manchmal war es wirklich gut, ein andermal merkt man selber, dass etwas „off“ war oder das die Interaktion mit dem Publikum zu wünschen übrig lässt. Ich denke ich bin einfach daran interessiert, noch das letzte Quäntchen aus der Performance herauszukitzeln und es gibt immer etwas zu verbessern. Ich mag die Herausforderung, live eine gute Show abzuliefern.
Wie sieht es mit deinen übrigen Projekten aus? Läuft dort alles so weit?
Letzte Nacht hatte ich Probleme zu schlafen und bin aufgewacht mit neuen Ideen für neue ASHES DIVIDE Songs, zum Beispiel Songtitel. Die werden denke ich in mein Soloprojekt fließen. Ich würde gerne das Momentum, den Flow den ich jetzt vom Schreiben der neuen A PERFECT CIRCLE Scheibe habe nutzen, um weiter zu machen, aber es gibt auch für die anstehende Tour noch eine Menge vorzubereiten.
Wie entscheidest du, welche Ideen du für welches Projekt verwendest?
Das ist eine gute Frage. Ich habe sie bisher immer aufgeteilt. Mittlerweile tue ich das nicht mehr. Ich habe einen großen Ordner mit Songwriting Ideen auf meinem Rechner und anfangs dachte ich, dass ein Großteil der Songs auf „Eat the Elephant“ auf der neuen ASHES DIVIDE Platte enden würden, aber sie sind dann doch A PERFECT CIRCLE Songs geworden. Ich habe Maynard einige Songs vorgespielt von denen ich dachte, sie wären gutes Material für A PERFECT CIRCLE, habe ihm aber auch Songideen für ASHES DIVIDE vorgestellt um ihm zu zeigen, was ich in petto hatte. Er hat einfach darüber gesungen und sie sind dann auf der neuen A PERFECT CIRCLE-Scheibe gelandet. Das waren so Songs wie „Disillusioned“, „Hourglass“, „Eat the Elephant“. Anfangs dachte ich nicht wirklich, dass diese Songs auf einer neuen A PERFECT CIRCLE-Platte landen werden.
Das ist gut zu wissen, denn auch wenn sich das so anhört als ob Stückwerk auf den Alben verarbeitet wird, haben die Songs für mich immer noch so etwas wie einen roten Faden, der das Album zusammen hält. Wenn wir zu neuer Musik kommen, könntest du dir weitere Umwege wie die Soundtrack-Geschichte vorstellen? Wie wäre es wirklich mal am Broadway Musik zu machen? Würde dich so etwas überhaupt interessieren?
Ja, ich habe schon einen Soundtrack für einen Feature-Film vor etwa 2 Jahren gemacht. Es hat auch den Sound auf dem neuen Album beeinflusst. Ich habe viel mit orchestralen Arrangements gearbeitet. Wenn du sehr genau etwa „The Doomed“ hörst, kannst du hören, dass unter der Oberfläche sehr viel passiert. Da sind Pauken und Hörner und weitere Elemente…
Aber sind das auch richtige? Oder einfach nur gute Samples aus Soundbibliotheken.
Ein Mix aus beidem. Die Hörner und die Pauke im Studio waren echt und wirklich großartig. Ich habe mir über die Jahre aber auch eine großartige Bibliothek von Soundsamples angeschafft. Ich denke das menschliche Element, eine gewisse Imperfektion, mit eingemischt ist ganz gut. Es bringt einfach eine gewisse zusätzliche Schicht und Schwere mit hinein.
Was ist mit den anderen Instrumenten? Arbeitet ihr mit Prä-Produktion? Das Schlagzeug hört sich finde ich nämlich recht natürlich an, also sind da keine Samples oder große Modifizierungen geschehen?
Es gibt immer eine gewisse Modifikation am Sound. Deshalb hat für die neue Platte sich auch hauptsächlich Dave Sarry um die Produktion gekümmert, er hat ein Team mit großartigen Leuten. Der große Rahmen ist immer der Sound des Songs, der muss in sich stimmig sein.
Also war du nicht so sehr involviert in die Produktion? Ich dachte sonst immer, die meisten Musiker wollen zumindest ein wenig die Kontrolle darüber behalten und noch mal drüber gucken.
Natürlich, ich bin ziemlich mit drin in der Produktion. In der Vergangenheit hab ich mich alleine hauptsächlich darum gekümmert, aber auf der neuen Platte war es ein wenig anders. Für das Schlagzeug hab ich eigentlich immer programmierte Drumtracks und die sollen dann so gut wie möglich vom Drummer nachgespielt werden. Es gibt etwas am menschlichen Spiel, das einzigartig ist. Manche Dinge habe ich nur grob ausgearbeitet, also konnten wir im Studio spontan noch Dinge mit einbringen, aber meistens habe ich eine genaue Vorstellung, die ich probiere fast genauso umzusetzen.
An diesem Punkt brach leider die Telefonverbindung wegen technischer Schwierigkeiten ab und konnte trotz mehrfacher Versuche nicht wieder hergestellt werden. Aufgrund des anstehenden Flugs am Abend konnte Herr Howerdel auch nicht am selben Tag für einen zweiten Termin erreicht werden. Wir bitten dies zu entschuldigen.
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Stile | Alternative Rock, Progressive Rock |
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