1349
Interview mit Ravn zu "Revelations..."

Interview

„Revelations Of The Black Flame“, das neue Album der Norweger 1349, ist seit einigen Tagen erhältlich, und schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Platte mehr polarisiert als alles andere, was die Black Metaller bisher veröffentlicht haben. Nicht wenige haben ein „Hellfire 2“ erwartet oder erhofft. Nun ja, sie haben es nicht bekommen. Warum das so ist, wollte ich mit Sänger und Bandhäuptling Ravn etwas genauer ergründen.

1349

Euer neues Album „Revelations Of The Black Flame“ dürfte für die meisten Leute eine große Überraschung sein und ruft teilweise heftige wie konträre Reaktionen hervor. Was habt ihr bisher davon mitbekommen?

So viele Reviews habe ich bisher noch nicht gelesen und auch nicht danach gesucht, aber die einzelnen, die ich zu Gesicht bekommen habe, waren doch ziemlich positiv. Der Grundtenor spricht von einer Überraschung, allerdings ist 1349 eine Band, die sich im konstanten Wechsel befindet und immer nach neuen Inspirationen für ihre dunkle Kunst sucht. Wir haben die Musik schon immer in erster Linie für uns selbst gemacht. Wenn das anderen Leuten gefällt, sehen wir das als Bonus, und wenn nicht, dann zeigt das doch, dass Black Metal eben nicht jedermanns Sache ist. Abgesehen davon basiert die Band ja auf einem generellen Unverständnis und einer Abscheu gegenüber der Entwicklung, die der Black Metal während der Mitte der 90er vollzogen hat.
Was ich persönlich nicht verstehe, sind Menschen, die ihre Zeit und Energie damit verschwenden, etwas zu kritisieren, was sie nicht mögen, anstatt es einfach zu ignorieren. Andererseits, wenn du die Leute derart bewegen kannst, dass sie deine Kunst entweder lieben oder hassen, ist das schon viel wert. Deshalb gewinne ich auch negativen Kritiken etwas Gutes ab, vorausgesetzt natürlich dass die entsprechend seriös geschrieben worden sind.

Es hat dieses Mal eine ganze Weile gedauert, bis das Album draußen war. „Hellfire“ ist vor vier Jahren erschienen, danach seit ihr ausgiebig in Europa und den USA unterwegs gewesen, Tjalve hat sich mit seiner eigenen Band PANTHEON I abgesetzt… was ist sonst noch alles in der Zwischenzeit passiert?

Es waren, wie du schon sagtest, größtenteils die Tourneen. Dazu kommt unser Handicap, einen vielbeschäftigten Schlagzeuger bei uns zu haben. Da terminlich auf einen Nenner zu kommen, ist nicht immer leicht. Allerdings haben wir auch neues Material geschrieben und eine ganze Menge geplant und sind bereit dafür, dass Frost wieder in „Vollzeit“ zu uns stoßen kann.

Wie würdest Du die Evolution von „Revelations…“ beschreiben? Wann habt ihr konkret mit dem Komponieren der neuen Songs begonnen, und wie seit ihr dieses Mal dabei vorgegangen? War von Anfang an klar, dass das nächste Album etwas ganz anderes als „Hellfire“ wird, oder hat sich das erst aus dem laufenden Prozess ergeben?

Die ersten Arbeiten begannen im Januar 2008, und wir haben bis zum Herbst eigenständig, jeder für sich alleine, am neuen Material gearbeitet. Danach ging es an die Arrangements der letzten Details und ans Proben der neuen Stücke. Im Dezember ging es dann ins Studio und im Februar diesen Jahres war es dann fertig.
Wir wussten von Beginn an, dass wir etwas ganz Anderes machen wollten; schon seit der Bandgründung hatte ich die Vision für vier Studioalben. Wir sind mehr oder weniger den grundlegenden Ideen gefolgt, und jeder von uns hat sie nach seinem persönlichen Verständnis interpretiert. Konkret für das vierte Album bedeutet es, dass es uns den Weg und die Inspiration ermöglichte zu sehen, ob noch mehr mit dieser Band möglich ist. Man könnte also sagen, dass dieses Album eine Art Reise in die Zukunft von 1349 ist.

Das Album wird von einem starken Konzept bestimmt, einzelne Titel herauszupicken ist für einen Hörer nicht empfehlenswert. Kannst Du ein wenig Licht auf den Hintergrund der Kompositionen werfen?

Wir haben uns eine Art Hölle vorgestellt, und das Album ist eine Reise durch verschiedene Ebenen von dunklen Emotionen, um zu dieser Hölle zu gelangen. Deshalb endet es auch mit dem Stück „At The Gate…“ – denn das nächste Album wird sich in genau dieser Hölle abspielen.

Auffällig ist das stark gedrosselte Tempo eurer Songs. Es gibt natürlich auch flottere Passagen, wie z.B. in „Serpentine Sibilance“ oder „Maggot Fetus…“, aber der generelle Eindruck, den das Album hinterlässt, ist: slow & heavy. Welche neuen Einflüsse haben hierfür eine Rolle gespielt, und welche alten sind endlich stark genug geworden, um sich derart auf den Entstehungsprozess von „Revelations…“ auszuwirken?

Wir haben uns eigentlich kaum Gedanken darüber gemacht oder uns darauf konzentriert, was wir zu machen haben, sondern wollten einfach ein langsames Album schreiben. Es hat sich eher ganz natürlich angefühlt, die Stücke so zu schreiben, um die Stimmung zu erreichen, die das Album brauchte. Ich wollte damit auch eine Art zeitlose Aura kreieren, so dass dieses Album auch gut und gerne in den frühen 90ern hätte entstehen können. Bands wie BURZUM und THORNS haben damals ja schon Musik mit einer ähnlichen Atmosphäre gemacht. Der Unterschied liegt natürlich darin, ob man nur inspiriert ist oder anfängt zu kopieren, deshalb haben wir den Stücken unsere deutliche Handschrift verpasst.

Der Sound der Produktion ist ‚heavy‘ aber auch sehr heterogen. Im Gegensatz zu manchen klinisch reinen Produktionen klingen hier die Instrumente nicht in jedem Song gleich, sondern fallen durch Nuancen auf. Der Sound ist harsch, brutal und kommt mit einer ordentlichen Portion Old-School-Flair rüber. Hattet ihr genau das im Sinn, und war das auch der Grund, warum ihr mit Tom G Warrior (CELTIC FROST) zusammengearbeitet habt?

Wie bei allen 1349 Alben finde ich es wichtig, dass jeder einzelne Song genau den Sound bekommt, den er auch benötigt um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, aber gleichzeitig auch nicht die Konsistenz des Albums zu zerstören. Toms Erfahrung war genau das Richtige, um auf diesem Wege diese zeitlose Aura zu erreichen, von der ich bereits gesprochen habe. Wenn man sich z. B. die HELLHAMMER-Aufnahmen anhört, dann haben sie diesen schweren und organischen Klang, der auch für unser Album perfekt war. Wie gesagt: Nicht um zu kopieren, aber um es als Inspiration zu nutzen.

Wie seit ihr denn überhaupt an Tom gekommen? Wie groß war sein Einfluss auf das Endresultat?

Wir sind schon seit einigen Jahren gute Freunde, und der Wunsch zusammenzuarbeiten beruhte sozusagen auf Gegenseitigkeit. Dieses Mal war die perfekte Gelegenheit, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen. Seine Erfahrung mit solchen Produktionen in Kombination mit seinem Status als Avant-garde Pionier ließen keine andere Wahl zu.
Für ihn war es klar, dass er die Band in keiner Form verändern wollte, er sah sich lediglich als jemand, der mit gutem Rat zur Seite steht und offen seine Meinung äußert – und das hat er auch gemacht.

Was mich an dem Album auch beeindruckt hat, war die Gesangsproduktion. In meinem Review habe ich ja den leicht beknackt klingenden Querschnitt von T.Reaper (MALIGNANT ETERNAL), Jack D. Ripper (MORGUL) und der Originalstimme von Jabba The Hut (Star Wars) gewagt – in anderen Worten: Saustarke Leistung, Ravn. Was habt ihr bzw. hast du alles beim Gesang unternommen, um diese finstere Leistung abzuliefern?

Tja, erstmal herzlichen Dank für das Lob, hehe. Für mich als Sänger steht im Vordergrund, das meiste aus der Musik zu holen und sie sogar noch zu übertreffen, um den Stücken genau das zu geben, was sie brauchen. Das habe ich bisher so gehandhabt, und so bin ich auch an „Revelations…“ herangetreten. Ich habe schon immer mit Variationen, Effekten und mehrschichtigen Vocaltracks gearbeitet, der aktuelle Unterschied ist vielleicht, dass die Klanglandschaft von „Revelations…“ den Gesang viel deutlicher erscheinen lässt.

Das Album ist gut im Polarisieren. Während sich nun einige Leute für euch interessieren, die vorher nix mit Black Metal am Hut hatten, zeigen sich andere ziemlich enttäuscht, dass sie kein zweites „Hellfire“ serviert bekommen. Wo siehst du die Unterschiede zwischen dem neuen Album und den Vorgängern, gerade wenn es um die angepeilte Zuhörerschaft geht?

Wir bezeichnen unsere Musik als ‚Black Metal‘, und der Hauptgrund für uns als Musiker, dieses Genre auszuwählen, ist, dass es keinerlei Beschränkungen unterliegt und es jedem individuell ermöglicht, seine eigene Definition von Black Metal zu verwirklichen. Man kann also sagen, dass es ein Genre für Leute ist, die „frei“ von Regeln leben und tun, was sie wollen, weil die Dunkelheit in ihren Herzen auf ihre Kunst abfärbt.
Wenn man Musik macht, wird es mit jedem neuen Album Leute geben, die darauf einsteigen oder abspringen, die es mögen oder eben nicht – uns stört das nicht. Wir wollen nur ehrlich zu uns selbst sein, denn schließlich sind wir es, die damit den Rest ihres Lebens verbringen. Wir sehen uns selbst immer noch als die gleiche Band, wie zu Anfangstagen, und wollen auch immer so weitermachen, wie wir es bisher getan haben. Für uns gibt es deshalb keine Unterschiede… aber vielleicht sind wir es ja auch, die voreingenommen sind…

„Liberation“ kristalliert sich irgendwie als beliebtestes Album unter den Fans heraus. Was denkst du nach all den Jahren über euer Debüt?

Zu sehen, dass es immer noch so eine Wirkung hat, bestätigt uns nur, dass dieses Album einfach gebraucht wurde, und wir damals nicht alleine mit dieser Meinung waren. Viele Leute haben mir erzählt, dass sie es damals, als es rauskam, nicht verstanden hätten, es aber nach einigen Jahren für sich wiederentdeckt hätten. Es war also ein steiniger Weg, aber das ist eben die Natur des Black Metal: Es ist nicht für jedermann gedacht und daher auch nicht so leicht bekömmlich. Ich vergleiche das gern mit teurem Rotwein. Das kauft nicht jeder und schmeckt vielleicht zu Beginn auch nicht so, wie man es gewohnt ist, aber wenn man erst mal dahinter gekommen ist, wird man durch dieses besondere Erlebnis belohnt.

Als ich zum ersten Mal die Songtitel gelesen hatte, musste ich gleich zweimal hinsehen. „Set The Controls For The Heart Of The Sun“ ließ sofort die Alarmglocken läuten, denn dass eine Black-Metal-Band PINK FLOYD covert, hört man nicht alle Tage. Noch weniger hätte ich erwartet, wie gut dieses Stück in die Atmosphäre von „Revelations…“ hineinpasst. Warum PINK FLOYD, warum genau dieses Stück?

Das ist eine Idee, mit der wir uns schon ziemlich lange beschäftigt haben, als eine Split-EP oder etwas Ähnliches mit CELTIC FROST im Raum stand. Zu dieser Kooperation ist es bekanntermaßen nicht gekommen, aber als wir mit Tom im Studio waren, dachte ich mir, dass wir einfach mal versuchen sollte, was wir aus dieser Idee machen könnten. Ich habe das Schlagzeug aufgenommen, Tom fügte den Bass und Gitarren hinzu, dann kam mein Gesang und noch ein paar Noiseelemente von der Gitarre. Wir sind beide große PINK-FLOYD-Fans, für uns hat dieses Stück eine ganz spezielle Aura und trägt eine gehörige Menge Dunkelheit in sich. Es ist außerdem der einzige Song, in dem Syd Barrett und David Gilmore gemeinsam spielen, daher ist es auch eine Art Tribut an alles, was PINK FLOYD ausmacht.

Es gibt eine Reihe von Bands, die einen ganz ähnlichen Mix aus Black Metal, Industrial, Ambient und Noise spielt, z. B. SPEKTR, BLUT AUS NORD, THORNS oder REVERENCE. Du hast vorhin von der „Zukunft von 1349“ gesprochen – meinst du, dass ihr den Weg auf „Revelations…“ fortsetzen werdet, oder war das Ganze eher experimentell gedacht? Oder wird uns etwas völlig Anderes erwarten?

1349 werden sich immer verändern und experimentieren, aber wir werden in unserer Musik auch immer unserer eigenen Identität treu bleiben. Von daher heißt es nur eins: Abwarten und Augen/Ohren offenhalten. Die Arbeit an „Revelations…“ hat unsere Kreativität ungeheuer angefacht, wir sind bereits mit neuem Material beschäftigt – es wird also dieses Mal keine vier Jahre dauern, bis das nächste Album erscheint.

Im Kontrast zu den ikonischen Plattencovern der Vorgänger sieht man auf „Revelations…“ ein gleißend-rotes Inferno, einem Dämon gleich. Was kannst du uns darüber erzählen?

Es gibt sogar zwei verschiedene Artworks. Eines befindet sich auf der regulären Version, „Heksenatt“ („Hexennacht“) und ein anderes ist auf der Special Edition, genannt „The Black Flame“. Die Special Edition enthält eine Bonus-Live-CD von der Hellfire-Tour 2005. Es sind beides Ölgemälde, sie stammen von der relativ unbekannten norwegischen Künstlerin Lillian Tyriberget. Im Original sind sie allerdings schwarz-weiß, wir haben sie eingefärbt, damit es besser zur Musik passt.

Da ihr ziemlich tourfreudig seid, gehe ich davon aus, dass man euch demnächst wieder live erleben wird. Wo werdet ihr spielen?

Diesen Sommer und Herbst stehen einige Festivals an, außerdem ist für den Spätherbst eine Tour vorgesehen. Zur Zeit ist noch nichts in Sack und Tüten, aber das wird nicht mehr lange dauern. wir freuen uns jedenfalls schon sehr darauf, wieder durch Europa zu reisen und aufzutreten.

Ich danke dir, Ravn. Wenn du noch etwas loswerden möchtest…

Erwartet das Unerwartete, macht euch eure eigenen Gedanken. Wir sehen uns auf Tour!

Galerie mit 19 Bildern: 1349 - Outstrider 2020 European Tour in Mannheim
03.06.2009

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