An Autumn For Crippled Children
Band
Was muss das für eine Trostlosigkeit sein, die die Küstenregion Frieslands auszustrahlen scheint? Nun ja, Glücksgefühle erleben die Menschen in der nordniederländischen Provinz vermutlich wie jeder andere, doch zumindest drei von ihnen scheinen den depressiven Episoden des Lebens regelmäßig erhöhte Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen. Ohne nähere Angaben zu Bandmitgliedern, der eigenen musikalischen Vorgeschichte oder auch nur irgendeiner Form von Bandfotos erscheinen AN AUTUMN FOR CRIPPLED CHILDREN im Jahr 2010 mit ihrem Debütalbum „Lost“ auf der Bildfläche.
2008 – 2011: Gründung, „Lost“ und „Everything“
Jahre, bevor sich die nicht mehr ganz so erzkonservative Black-Metal-Szene die Zähne an Begriffen wie „Blackgaze“ und „Post-Black-Metal“ ausbeißt, trifft das 2008 gegründete Trio bereits den Puls der Zeit: AN AUTUMN FOR CRIPPLED CHILDREN verbinden die Lo-Fi-Attitüde bekannter DSBM-Projekte mit durchaus gazigen Momenten und Anleihen des Death/Doom der frühen Neunziger. Dass diese Zutaten aber nur ein kleines Stück des eigenwilligen Kuchens ausmachen, untermauern zwei rasch auf Aeternitas Tenebrarum Records folgende Alben, die den Abschluss der stilistischen Selbstfindungsphase bilden. „Everything“ (2011) wird von der Kritik gefeiert. Nicht zuletzt aufgrund des einmaligen Experiments mit Klargesang stellen einige Hörer inzwischen auch Vergleiche zu den französischen Überfliegern ALCEST an, welche die Niederländer in Interviews aber energisch zurückweisen.
2011 – 2013: Stilfindung, Post-Black-Metal im Indie-Mainstream
Fand die Gruppe mit „Lost“ erstmals Gefallen an kompakteren Songstrukturen, macht der verstärkte Synthesizer-Einsatz auf dem Drittwerk „Only The Ocean Knows“ (2012) die fortan konsistente AAFCC-Rezeptur perfekt. Ihrem jährlichen Veröffentlichungsrhythmus bleiben die Niederländer auch im folgenden Jahr treu: „Try Not Destroy Everything You Love“ erscheint im November 2013 – ein halbes Jahr nachdem DEAFHEAVEN mit „Sunbather“ den Post-Black-Metal endgültig im Indie-Mainstream verankern. Mit ähnlich pinkem Artwork und DEPECHE MODEsken Retro-Synth-Parts erfährt das Trio nun noch einmal größere Aufmerksamkeit – und wird seitdem in so manchem Kopf ungerechtfertigter als typische DEAFHEAVEN-Kopie abgestempelt und einsortiert worden sein.
2013 – heute: Bewährte Klänge
Die Veröffentlichung zweier EPs und des fünften Studioalbums „The Long Goodbye“ auf Wickerman Recordings beweisen jedoch, dass AN AUTUMN FOR CRIPPLED CHILDREN im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Kollegen keinen Gedanken daran verschwenden, von ihrem durchaus eigenständigen, aber bisweilen bewusst monotonen Minimalstil abzuweichen. Warum auch, wird doch viel zu selten deutlich, dass die nach wie vor anonym agierenden Musiker diesen Stil nicht nur schon wesentlich länger, sondern auch erfrischender und authentischer als DEAFHEAVEN und alle Klone dieser Welt spielen.
„Wir sind älter, als die meisten denken würden“, gab Sänger, Gitarrist und Keyboarder MXM einst im Interview zu Protokoll. Und wer auch immer hinter dem Underground-Dreier stecken mag: Die Erfahrung zahlt sich aus, wie auch wieder das jüngste, 2016 veröffentlichte „Eternal“ zeigt. Stakkatoriffs, verzerrte Schreie, post-punkige Drum- und Basslinien. Die Stimmung, die die niederländische Ausnahmecombo in einer Handvoll Dreiminüter aufzubauen weiß, nutzt sich auch nach Platte Nummer sechs nicht ab. So viel pechschwarze Atmosphäre – und das von einer Band, die sich nach eigener Aussage seit über zwanzig Jahren nicht mehr für Black Metal interessiert.
Bandmitglieder:
- MXM – Vocals, Guitars, Keyboards (seit 2008)
- TXT – Bass, Keyboards (seit 2008)
- CXC – Drums (seit 2008)
Diskografie:
- Lost (2010)
- Everything (2011)
- Only The Ocean Knows (2012)
- Hearts of Light | Blossoms (EP, 2013)
- Try Not To Destroy Everything You Love (2013)
- Try Not To Love Everything You Destroy (EP, 2014)
- The Long Goodbye (2015)
- Portugal (EP, 2015)
- Eternal (2016)
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