Der Black-Metal-Untergrund blüht und gedeiht vor sich hin. Irgendwann nimmt er, weil es so rein schwarzmetallisch auf Dauer doch etwas langweilig ist, genrefremde Einflüsse hinzu, sagen wir, Akustikpassagen. Wer aber hier nicht stehenbleibt, ja, sich erdreistet, die gänzlich unschwarzen Einflüsse auszubauen, zu einem reißenden Strom anschwellen zu lassen, der aus sich heraus die Stimmung zu tragen imstande ist und im Gegenzug den urwüchsigen Black Metal auf ein begleitendes Maß reduziert – der könnte vielleicht zu KLABAUTAMANNs selbstbetitelter Picture-EP gelangen.
Direkt im Anschluss an die Veröffentlichung des Vorgängers „Der Ort“ sind die beiden Stücke auf dieser EP, „Negeder Mand“ und „Tuvstarr“, entstanden, und siehe da, sie schlagen auch in etwa die gleiche Richtung ein. Wer das frühere Schaffen der beiden Bonner verfolgt hat, dem erzähle ich hier nichts Neues, wenn ich den Abwechslungsreichtum von KLABAUTAMANN erwähne. Und doch muss man betonen, dass Schwarzmetallisches und abgehackte Rhythmen hier noch bedeutender als früher schon verschwunden sind und daher die zwölfeinhalb Minuten, auf die sich die EP leider beschränkt, ein wenn auch kurzes, so doch herrlich verträumtes Erlebnis aufbauen.
Ein, zwei kleine Akkorde stechen gelegentlich eigentümlich aus der Atmosphäre heraus: Das provoziert die Aufmerksamkeit des Hörers und erfordert einige Gewöhnung, so richtig verdauen wird man sie aber nicht können – ein paar der Spitzen und Kanten im Gesamtbild, die diese zwei Stücke aus sonstiger Musik der Marke „seichtes Geplänkel“ herausheben. Die Stimmungsbögen, durch interessantes Wechselspiel von Gitarren und Bass erzeugt, zwischen denen sich auch harmonische Beziehungen jenseits von Grundtonbanalitäten ausbilden, schweifen durch die Lieder, und eine dezente motivische Arbeit sorgt dennoch für den Zusammenhalt des jeweiligen Stücks. Es ist überhaupt merkwürdig, wie weit KLABAUTAMANN in ihrem Material so weit ausholen können und man dennoch das Gefühl hat, dass in den circa fünf beziehungsweise sieben Minuten, die die Lieder jeweils dauern, alles „gesagt“ wurde, was von Belang ist.
Allzuoft wird das Gegensätzliche in der Musik auf der vorliegenden Scheibe nur auf seine zwei Pole begrenzt: Hier blinde Raserei, dort sanftes Arpeggio, hier wüst verzerrte Akkorde, dort seicht melancholische, entspannte, bisweilen „folkig“ angehauchte Harmonien. Wer so argumentiert, verkennt aber, dass KLABAUTAMANN ihre wirkliche Leistung zwischen diesen beiden Extremen bringen, dass gerade die Verknüpfung, die Ausglättung der Kontraste ihre Stärke ist – das gelingt ihnen wirklich sehr gut. Hört man genauer hin, so entdeckt man, wie homogen das Duo agiert und dass im Prinzip die „blinde Raserei“ auch nur eine weitere Klangfarbe im träumerischen Akustikteppich ist.
„Träumerischer Akustikteppich“ – genau daher sollte man auf dieser EP auch nicht nach dem Zentrum, der Pointe suchen, finden wird man sie nämlich kaum. Vielleicht missfällt es manchen, dass hier so wenig „auf den Punkt“ gespielt wird, dass die Musik hier eher Selbstzweck ist, anstatt spezielle Aussagekraft zu besitzen. Wirrheit in der Komposition wirft man KLABAUTAMANN vor – doch wann hat man je in geordneten Bahnen geträumt?
Für fünf Euro bekommt man die EP bei Heavy Horses Records; besonders zuvorkommend ist, dass für Leute ohne Plattenspieler eine CD-R zum Selbstkostenpreis beigelegt wird. Wer Blut geleckt hat, wer einfach mal in das Schaffen von KLABAUTAMANN hineinhören will oder wem auch der Vorgänger gefallen hat, sollte sich diese Platte ohne Wenn und Aber zulegen.
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