Dark Lunacy - The Diarist

Review

Die italienische Band DARK LUNACY beschäftigt sich mit ihrem im Jahre 2006 erschienenen dritten Album „The Diarist“ textlich mit der Belagerung Leningrads durch deutsche Truppen während des Zweiten Weltkrieges. Dabei greift die Band auf die Tagebücher einer Zeitzeugin zurück. Das ist außergewöhnlich. Auch unorthodox sind die vielen Samples, russischen Folkeinsprengsel und Chöre, die DARK LUNACY immer wieder in ihre Death Metal-Songs integrieren.

Schon der Opener „Aurora“ mischt Todesstahl mit diversen Stilelementen. Heroische Chöre führen in einen harten, musikalisch ein wenig an DARK TRANQUILLITY orientierten Song. Und mit dieser Band waren die italiener ja vor einiger Zeit auf Tour. Die Gratwanderung gelingt DARK LUNACY ganz gut, denn die maschinengewehrartigen Drums bilden einen scharfen Kontrapunkt zu den epischen Passagen. „Play Dead“ führt das ungewöhnliche, interessante Konzept fort, Groove trifft diese typisch wehmütige russische Seelenmusik. „Pulkovo Meridian“ beginnt sehr düster, Schlachtendrums führen in einen der besten Songs des Albums. Der Refrain, das Solo, einfach nur gut. Auch hier schimmern DARK TRANQUILLITY durch, was ich natürlich als positiv ansehe. Mit einer Schreibmaschine zu russischen Stimmen eröffnet der Titeltrack „The Diarist“, Sirenen ertönen unheilvoll, das Weinen eines Babys und MG-Salven erklingen gleichzeitig. „Snowdrifts“ bietet Growls und Helle Frauengesänge im atmosphärischen Wechsel.

„Now Is Forever“ ist ein knüppelharter Death Metal-Song mit Schwedenmelodien und von Violinen unterlegtem Chorus, sehr gelungen übrigens, diese Variante. Ein Akustikbreak taucht aus den Nebeln Leningrads auf; die Musiker sind sehr versiert, lediglich die Produktion ist mir zu trocken. „On Memory’s White Sleigh“ ist zunächst ein dunkles Intermezzo melodischer Art, klassische Chöre folgen, dann aggressive Growls. Mit einem hellen Gitarrenintro eröffnet „Heart Of Leningrad“; doch schnell senkt sich Dunkelheit herab. Die Gitarrenarbeit gefällt mir, wie schon vorher, auch die transparenten ruhigen, eher flächig gespielten Sequenzen. „Prospekt“ bietet den instrumentalen Ausblick auf eine zerstörte Stadt im Schnee. „Motherland“, fanfarenhaft beginnend, fährt russische Chöre zu harschen Growls auf, eine wirklich ungewöhnliche Mixtur. In der Strophenphase müssten DARK LUNACY bisweilen noch etwas prägnantere Melodien herausarbeiten, manchmal geht es mir da mit den Italienern wie mit den Holländern von DETONATION, die ja auch gut sind, jedoch zuwenig Wiedererkennbarkeit bieten. Durch die russischen Zwischenspiele und das hymnische Element gibt es hier jedoch mehr zu entdecken. „The Farewell Song“ beschließt das Album in Midtempo: erneut wird das ganze Spektrum an Möglichkeiten abgedeckt. Die Stadt hat überlebt, allerdings unter Aufbietung riesiger Opferzahlen. Insgesamt eine sehr interessante Veröffentlichung, die offenen Death Metal-Anhängern empfohlen werden kann.

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14.07.2007

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1 Kommentar zu Dark Lunacy - The Diarist

  1. MetalGerhardt sagt:

    Noch immer ein bemerkenswertes, absolut hörenswertes Melodic Death Metal Album! Dark Lunacy haben ihren eigenen Stil und setzen diesen wirklich gekonnt um. Die ganze Thematik um Leningrad und dem Zweiten Weltkrieg verleiht dem Album eine spezielle Atmosphäre; dass man auch einige Samples zu hören bekommt, macht dies noch besser. Im Grunde genommen spielt die Band grundsoliden Melodic Death Metal, der nicht mit Härten, aber auch nicht mit Melodik geizt. Dazu gesellt sich aber eine oftmals recht orchestrale und symphonische Art, die dann in der Mischung doch etwas speziell wirkt. Für Abwechslung wird sowieso gesorgt, denn kaum ein Song gleicht dem anderen. Das ist eine knappe Stunde anspruchsvolle Musik, die sehr kurzweilig vergeht, einige echt tolle Melodien bietet und mit Mike Lunacy einen sehr überzeugenden Mann bei den Vocals hat. Obwohl dem Album eine große Schwermut inne liegt, macht es teilweise trotzdem einfach nur Spaß. Höre ich nach all den Jahren immer noch sehr gerne!
    Persönliche Anspieltipps: „Play Dead“, „Pulkovo Meridian“, „Heart of Leningrad“. Schwache Songs gibt es aber überhaupt keine!

    9/10