Mit „Geburt“ haben ALLVATERS ZORN – einst Soloprojekt von Dirk Rehfus, der hier unter dem Pseudonym Ansgar auftritt und nebenher sowohl von den GRABNEBELFÜRSTEN als auch seinem Label Lost Souls Graveyard bekannt sein dürfte – dieser Tage ihr erstes Album veröffentlicht. Nun auf die Stärke zweier Männer angewachsen, zeigt „Geburt“ leckere Passagen, große Stärken und leider auch einige Schwächen.
Die Band bietet eigenständigen, atmosphärischen Black Metal auf durchweg hohem Niveau, der mit immer wieder auftretenden Ambientparts kokettiert. Vorzüglich gelungen sind die Vocals: Mal beschwörender Klargesang wie man ihn etwa von „Zwillinge“ (GRABNEBELFÜRSTEN) kennt, mal hintergründige Choräle („Es ist Zeit..“) und hin und wieder auch ziemlich hervorstechendes Schreien. Dabei bleibt man die ganze Zeit atmosphärisch – für mich persönlich ist das Stimmorgan allerdings sowieso eines der interessantesten des Genres. Allgemein hat das Album eine ziemlich hohe Einprägsamkeit. Zum Einen liegt das wohl an einer sehr klaren Struktur der Songs, die durchsetzt ist von immer wieder aufgegriffenen Themen, wobei die wiederkehrenden Melodien in den Songs fortwährend einen gewissen Halt bieten. Eintönig geht man aber beileibe nicht zu Werke: Die Songs sind trotz ihrer gut erkennbaren und gekonnt ausgearbeiteten Struktur stark verschachtelt und wissen immer wieder zu überraschen, was nicht zuletzt durch die häufig verwendeten Tempowechsel geschieht, die auf trügerische Ruhe den Sturm folgen lassen. Die meiste Zeit über bieten Musik und Lyrik eine Einheit, was ich für sehr lobenswert halte. Besonders gelungen ist das zum Beispiel, wenn bei „Mit jedem Schritt verliere ich an Kraft…“, Schlagzeug und Gitarre ihr Tempo drosseln und sich im Einklang mit dem Text mühsam durch das Lied schleppen. Erinnert schon ein wenig an barocke Figuren, und solche Assoziationen hat man im Black Metal wirklich nicht oft.
Nach all dem höchst angetanen Lob kommt nun die überraschende Wende: Die Schwächen von „Geburt“. Ein enorm großer und damit primärer Kritikpunkt, der das Album letztlich auch Punkte kostet, ist das Schlagzeugspiel. Scheinbar auf einem elektronischem Drumset wurden die Songs eingespielt und wer sich nicht so recht vorstellen kann, dass ein solches Drumset die optimale Lösung ist, der hat leider Recht. Ein Problem ist der Sound: Absolut steril und kraftlos kommt er daher, sowohl in den schleppenden Passagen, als auch in den schnelleren Abschnitten, ist die völlig fade Kraftlosigkeit ein Dorn im Auge. Während die Trommeln eher verkümmert klingen, wirken die Becken größtenteils gehemmt und damit absolut gesichtslos. Wirklich schade, wie viel Potenzial man hier verschenk hat. Hin und wieder wirkt mir persönlich auch der ein oder andere Drumschlag an und für sich deplatziert: Die Positionierung ist sicher so gewollt, doch manche Pausen bewirken bei mir eher Ratlosigkeit als Begeisterung. Meines Erachtens wurde zudem auf einige Ambientpassagen zu viel Wert gelegt, was allerdings auch stark mit der Form des Hörens zusammenhängt: Bin ich ihrer allgemein stellenweise eher überdrüssig, gefallen sie mir beim entspannten Hören im Bett umso mehr.
Nun also das Fazit: „Geburt“ ist ein Album, das es mir zu beiden Seiten sehr angetan hat. Atmosphärisch fesselnd und mit einprägsam griffigen Melodien brennt es sich in mein Gehör ein, nur um dann von Schnitzern in Produktion und Komposition wieder verjagt zu werden. Während einige Passagen einfach nur mitreißend sind, wirken Schönheitsfehler wie das grausame Drumset und für meinen Geschmack teils zu lange, die Stärken der Songs eher retardierende, Ambientschübe eher ernüchternd. Mir persönlich allerdings gefällt das Album überwiegend sehr gut und ich kann wirklich jedem nur empfehlen, sich selbst einen Eindruck zu verschaffen: Ich bin mir sicher, dass das Album atmosphärisch, auch in seiner Gesamtheit mit den Fehlern, Anhänger findet. Wenn man beim nächsten Mal die Schönheitsfehler ausmerzt, gebe ich auch gerne mehr Punkte – zu mehr konnte ich mich aktuell leider nicht durchringen. Zum Schluss noch ein gut gemeinter Rat: Das Album unbedingt mehrfach, möglichst konzentriert in ruhiger Umgebung anhören. Es wächst mit der Zeit, und zwar gewaltig.
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