Haste The Day - Pressure The Hinges

Review

Obwohl HASTE THE DAY bislang völlig an mir vorbei gegangen sind, erscheint mir die Musik des Quintetts aus Indianapolis doch irgendwie bekannt, um nicht zu sagen vertraut. Eigentlich verwunderlich, dass mir selbst der Bandname kein Begriff ist, da sie ihren Vorgänger „When Everything Falls“ ausgiebig mit Touren und mehr als 200 Shows gebührend promotet haben und sich auch auf deutschen Bühnen haben blicken lassen. Eigentlich auch nicht verwunderlich, da, wie sich schnell herausgestellt hat, die Band nicht auf jenen musikalischen Pfaden zu wandern pflegt, die ich auf Anhieb gut heiße und mir überdies gefallen.

Weit davon entfernt charttaugliche Popmusik zustande zubringen, auch nicht unbedingt heavy, kommt man nicht umher HASTE THE DAY in die Metalcore-Schublade zu zwängen. Vermehrt stellt man fest, dass gerade Formationen aus jenem Bereich dazu neigen ihren Sound mit einem Übermaß an süßlich triefenden Melodien und Gesangslinien zu verwässern, um dann ins Seichte abzudriften. Eingängige, mitunter auch große Melodien machen hier einen Großteil aus und müssen verstärkt als Hauptrezeptur herhalten. Dann und wann liefern sie daneben Reminiszenzen an den klassischen Metal ab, die sich in ausschweifenden, gleichwohl vorzeigbaren Soli entladen. Aus ihrer Liebe zum Metal wird kein Hehl gemacht. Deftige Riffs und genug Groove, um einen Mosh-Pit in Bewegung zu halten, sind über die gesamte Spanne des Albums hinweg vorhanden, spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Mit ihrem nunmehr dritten Full-length beweisen sie ein nicht zu verleugnendes songschreiberisches Geschick und bewegen sich auf einem hohen Level. Grundlegend stimmt dahingegen die Balance zwischen den überwiegenden, kitschigen Partien und dem Metal-/Hardcore nicht und lässt das größte Manko folgen: Zu vorhersehbar ist der Wechsel zwischen straighten, stürmischen Passagen, mit Breakdowns aufgelockert, und einem im cleanen Gewand dargebrachten Refrain. HASTE THE DAY verfahren nach einem schematischen, tausendfach erprobten Plan, der längst obsolet anmutet.

Im nahtlosen Anschluss mit einem kurzen Intro feuert der Titeltrack zunächst rockig los, um dann an Groove zu gewinnen. Fette Riffs und geshoutete Parts laufen in unverzerrte Gitarren-Stellen über, um mit melodischem Gesang kombiniert zu werden, um in einem Refrain zu münden. Ohne nur den Refrain einmal gehört zu haben, lässt er sich bereits erahnen und schon beim nächsten Durchlauf mitsummen. Einigen mag so etwas gefallen, ich für meinen Teil will ein Album nicht nach nur einem beiläufigen Hördurchlauf innig kennen. „The Oracle“ und „Servants Ties“ sind überzeugende Beispiele, dass HASTE THE DAY ein höheres Quantum an Härte sehr gut zu Gesicht gestanden hätte. Ein unumstößlicher Beleg, dass sie im ruhigen Fahrwasser dennoch punkten können, ist die erste Singleauskopplung „Stitches“, welche als glatter Popsong durchgeht. Die restlichen Stücke haben ihre Daseinsberechtigung, keine Frage, übermannen oder gar fesseln können sie mich jedoch nicht.

Besonders in den Metalcore-Breitengraden gestaltet es sich immer schwieriger, sich wirklich von der breiten Vielzahl an durchweg guten Bands abzuheben und mit durchdachten Innovationen zu prahlen. Jene sind auf „Pressure The Hinges“ leider Mangelware, doch sollte man sie nicht als „gesichtlos“ abstrafen. Ein angemessenes Pensum zwischen Aggressivität und Melodie sollte für die kommenden Alben neu ausgependelt werden. Fans von ATREYU und Konsorten, oder jene die mit der Band bereits vertraut sein sollten, könnten an der Scheibe gefallen finden und zu meiner Bewertung noch ein, zwei Punkte hinzufügen. Mehr kann ich beim besten Willen nicht verteilen.

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04.04.2007

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