Das metal.de-Büro
Teil 1: Die Heimsuchung, oder wie Klug den Synthiecore plärren ließ
Special
Februar 2016, irgendwo im mittelkalten Deutschland
Ein ganz normaler Tag in der metal.de-Redaktion: Platten werden wie Frisbees an die Redakteure verteilt, aus dem (Black-Metal-)Keller riecht es modrig, und ansonsten gibt’s durchdringenden Kaffeeduft und dumpfes Gemurmel, samt leichter Streitgespräche. Ja, es schien alles normal zu sein, als die Redakteure langsam ihren Arbeitsalltag aufnahmen …
Plötzlich, ein greller Blitz am Horizont … nein, Spaß beiseite.
Eigentlich fing alles ganz normal an, schließlich sind wir es gewohnt, dass aus der zweiten Etage, in der unsere Modern-Metal-Redaktion sitzt, öfter mal ein paar Breakdowns wummern, wenn nicht gerade die Prog-Platten-Frickelei ansteht. Aber heute sollte alles schlimmer kommen. Kollege Klug hatte nämlich, in unglaublich weiser Voraussicht, ohne Vorwarnung beschlossen, dass er das aktuelle TO THE RATS AND WOLVES-Re-Release auf Herz, Nieren und Redaktionsnerventauglichkeit testen würde. Zu allem Überfluss stand auch noch der Lautstärketest an – schließlich sollen alle Register gezogen werden, um den Synthcore-Trend zu begreifen. Immerhin hatte er die Jungs auf dem Summer Breeze 2015 aufgrund eines Fressmarathons verpasst – der Glückspilz.
Schön, dafür gibt’s immerhin Fleißsternchen für journalistisches Arbeiten, aber warum macht er das nicht an unserem Redaktionsausflugsbiersüffeltag (übrigens immer montags, diensta … ach, eigentlich immer, wenn die Mittelmäßigkeit der neusten VÖs für kollektive Redaktionsdepressionen sorgt)?
Zugegeben: Bands wie Eskimo Callboy haben bei uns schon an den 10er-Noten geschnuppert, doch die Geschmacksexperten … *hust* … hatten dabei immerhin die Gnade, auf Kopfhörer zu bauen …
Wie dem auch sei, gegen Mittag jagte plötzlich eine skurrile Mixtur aus Kirmes-Techno, Breakdowns, Geschrei und pubertärem Geplärre durch die heiligen Redaktionshallen und legten den Startschuss für den Tag, der als die Synthcore-Heimsuchung in die Geschichtsbücher eingehen dürfte und selbst den hartgesottensten (fälschlicherweise oft als „open minded“ betitelten) Redakteuren bis heute einen furchtsamen Schauer über den Rücken jagt.
Minute 1:
(Kollege Klug steigert die Lautstärke auf ein für spießbürgerliche Verhältnisse einer Explosion gleichkommenden Wucht ? also erhöhte Zimmerlautstärke)
Während sich diejenigen, die auf dem Summer Breeze 2015 einen kurzen Eindruck der Kreativkunst von TTRAW gewinnen konnten, mit tropfendem Angstschweiß wie das Karnickel vor der Schlange mit glasigen Augen in Schockstarre befinden, fliegen die ersten Bürotüren auf – allen voran Kollege Gabriel hechtet mit einem Sprung, der olympisches Gold bedeuten könnte, durch den Notausgang des Kellers und findet sich auf dem Redaktionshof zwischen den Müllcontainern wieder … wo Ratten, aber zumindest keine Wölfe lauern. Kollege Endres, liebevoll Punktewurfmaschine genannt, sprintet die Treppe runter und brüllt fix in Kollege Klugs Büro: „Des isch doch koi Mäddl, des isch en rechte Müll, weh‘ du gibsch derreh‘ mehr als Siebbeh!“. Ihm folgen dicht auf den Fersen panisch murmelnd die Kollegen Protzak, Kreutzer, Müller, Peters und Stalling.
Minute 5
(Der Lärmpegel steigt)
Auf der Treppe zwischen Keller und opulenter Eingangshalle (irgendwo müssen die scheiß metal.de-Banner ja hängen) lässt Kollegin Henschel ein wütendes Blöken ertönen. Bei genauerem Hinhören entpuppt sich dies allerdings als sensible, beinahe poetisch-liebevolle Beschreibung von allem was die Silbe „-core“ beinhaltet (mistige Scheiße, Drecksscheiße, bekackter Scheißdreck …). Währenddessen lässt auch die Schockwirkung bei den Kollegen Möller und Wischkowski im BM-Keller nach. Die Core-erprobten Schwarzmaler nehmen auch hektisch die Beine in die Hand, kommentieren das Ganze auf dem Weg die Treppe hoch aber immerhin wie folgt:
Möller: „Heiliger Satans-Pimmel, ich will Gerumpel und kein Geschunkel!“ – (Reim dich oder ich fress dich!)
Wischkowski hat sogar genauer hingehört: „Alter, wenn der Klargesang im Studio schon eine Meister-Proper-Politur bekommen hat und das immer noch nach nichts klingt, ist der Zug wohl abgefahren.“
Auf dem Weg nach draußen treffen sie auf Kollege „Redbeard“ Lattemann, der das Ganze zwar furchtbar findet, aber schmunzelnd zu Protokoll gibt: „Bis eben haben die Kopfhörer das ausgeblendet.“ – Schlau, der Mann!
Auf dem Parkplatz treffen sie auf Mertens, Schörg und Mildner, die trotz Minusgraden ordentlich in Schweiß gebadet vor den Toren stehen.
Minute 15
(Es ist nicht mehr auszuhalten, wann ruft denn mal wer die Polizei? (Böhmermann, H110LFE!)
Etwas entspannter trudeln Schmidt und Todoran auf dem Parkplatz ein: „Was dreht denn der Klug da am Rad, das doch Müll“ Immerhin, Kollegin Schmidt kann noch etwas Kreativität anerkennen und lässt verlauten: „Wie wär’s denn mit einer Klickstrecke zu Bands, die Elektro und Metal vermischen?“ – Ja, äh, okaaaaay!?
Minute 30
(die Scheiben zittern)
In Etage 2 merkt Kollege Kostudis plötzlich, dass etwas nicht stimmt (JA, der Mann sitzt an der Lärmquelle). Was konkret, weiß er aktuell nicht, er hört gerade etwas verträumt Post-Metal …
Minute 35
(Der Boden bebt und die alte Dame nebenan beschwert sich über den Massenauflauf auf dem Parkplatz: „Ja, soll hier jetz au so a Schwulentreff hin!!??!!11?“)
Im Gebäude sind Schlafmütze Kostudis, Social-Media-Spezi Klug und Chefredakteur „El Papa“ Maronde. Letzterer merkt in Etage vier, irgendwas ist hier ganz und gar nicht in Ordnung und begibt sich gemächlichen Schrittes nach draußen. Einziger Kommentar: „So ein Dreck hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben“. Fraglich bleibt: Meint er die Musik oder die Bierflaschen, die munter auf dem Parkplatz rumgereicht werden? Um die Panik, samt aufkommender Mittelmäßigkeitsdepression, zu bekämpfen, versteht sich!
Minute 40
(Nimmt der Spuk denn gar kein Ende!?)
Ein Fenster zum Hof, äh, Parkplatz öffnet sich in der dritten, der Todesetage. Kollege Mildner hat versehentlich Olbrich im Büro eingeschlossen. Uns entgegen blickt ein kreidebleiches, vor Panik verzerrtes Gesicht: „Ich schwöre, ich springe, wenn die Scheiße nicht SOFORT aufhört“. Wut, von wegen, die nackte Verzweiflung. Von unten kommt gutes Zureden … aber lange werden wir Olbrich, oder das, was von ihm über ist, nicht mehr aufhalten können – was wäre das für ein Verlust! 🙁
Minute 41:43
(Die Stille nach dem Grauen)
Es wird ruhig, plötzlich … unheimlich. Wir blicken uns an, zitternd, das zweite Bier in der Hand und können kaum fassen, was da geschehen ist. Kollege Kostudis schnallt, da unten geht was vor. Sein Kopf streckt sich aus dem Fenster in Etage zwei: „Was war los? Irgendwas war doch, was hab ich verpasst?“
Epilog: die Nachwehen
Kollege Gabriel konnte nach der posttraumatischen Stille erfolgreich im Hof geborgen werden. Die gefräßigen Ratten, die sich hauptsächlich von aussortierten CDs ernähren, haben sich lediglich etwas von dem einst etwa schulterlangen Haar zwischen die spitzen Zähnchen geschoben. Wenn ihr ihn seht, sagt ihm bloß nicht, dass seine Ähnlichkeit zum „El Papa“ größer geworden ist.
Kollege Olbrich ist glücklicherweise nicht gesprungen. Er befindet sich aktuell in einer Selbsttherapie mit der kompletten DEATH-Diskografie. Kollege Mildner hat er mittlerweile in größer Güte verziehen, auch wenn er ihn erst in ein Wolfsgehege abschieben wollte.
Und Kollege Kostudis? Tja, der fragt sich bis heute, was an diesem verhängnisvollen Tag eigentlich los war.
Kollege Klug hat, wie ihr sicher bemerkt habt, „Neverland“ von TO THE RATS AND WOLVES mit fünf Punkten bewertet. Aber in Punkten ist nicht aufzuwerten, was wir für diese Rezension erleiden mussten … dafür wurde er jetzt mit einem Lebensvorrat an Konserven in die Besenkammer gesteckt – von dort aus erheitert er euch mit Facebook-Postings.
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Durchaus witzig für zwischendurch,gibt’s davon nicht irgendwann mehr?
Oder ist das schon alles was bei euch interessantes passiert ist? 😉