Die Kölner Punk-Rocker KMPFSPRT, denen man auch gern mal die Emo-Fahne zum friedfertigen Wedeln in die Hand drückt, legen mit ihrem Album „Intervention“ nach. Das und die erste Textzeile „Ich bin Passant auf der Autobahn, als Warnmeldung durchgesagt…“ klingt zusammengenommen schon nach Ansage und in Gedanken sieht man sie schon unauffällig eingereiht, in die Riege der deutschsprachigen Punk-Rock-Hardcore-Was-auch-immer-Bands, die uns lautstark etwas sehr Wichtiges zu sagen haben. Dabei ist der Nachfolger von „Jugend mutiert“ relativ handzahm und wird die Szene nicht sonderlich aufwirbeln. So richtig dazwischen schalten sich KMPFSPRT nämlich nicht. Sie schnipsen zwar laut mit dem Finger und rutschen aufgeregt auf dem Stuhl herum, haben aber, sobald sie aufgerufen werden, doch nicht so viel zu sagen. Das ist auch wahrlich nicht schlimm, denn kurzweilig ist „Intervention“ sicherlich, aber eben textlich nicht sonderlich aufwühlend und musikalisch werden auch keine Wände eingerissen.
„Ich Hör‘ Die Single Nicht“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie KMPFSPRT nicht klingen sollten. Wer Genöle will, geht einfach zu seiner eigenen Arbeit. So richtig prickelnd ist das Thema mit den bösen Labels, die an die Band absurde Forderungen stellen, nun wirklich nicht und noch dazu uninteressant für die über 90 Prozent der Hörer, die Musik in erster Linie konsumieren und sie nicht selbst herstellen. Das ist so ungefähr, als ob in meiner Brötchentüte ein Zettel läge, auf dem sich der Bäcker massiv darüber beschwert, dass er so früh aufstehen muss und Muskelkater vom Teigkneten kriegt. Noch dazu sind die Melodien auf „Intervention“ alles andere als sperrig, Erfolg in den gleichgeschalteten Massenmedien steht also eigentlich nichts im Weg. Der Titelsong würde sich wunderbar dafür eignen, ebenso Textzeilen wie „Wo kein Teller, da auch kein Rand. Mach was Neues und schließ dich uns an“. Klingt unreflektiert zwar rebellisch, ist aber ein Widerspruch in sich.
Es gibt einige dieser Widersprüche auf „Intervention, demgegenüber stehen aber nach heruntergeschraubter Erwartungshaltung auch einige richtig gute Rocksongs. „Lichter“ ist eine harmlose, aber packende Ode an die Lebensfreude, gegen den moderaten Mitspring-Takt ist nichts einzuwenden, ebenso wenig wie obligatorische Nazi-Keule “ Antithese“. Diese lehnt sich dreist an den „Schrei Nach Liebe“ von DIE ÄRZTE an, wird eher von federleichtem Gesang statt Geschrei untermalt, ist aber unterm Strich auch in Ordnung. Ironischerweise hätte man gerade bei den Altherren von DIE ÄRZTE mal nachhören können, wie man radiotauglichen und Stadien zum Platzen bringenden Punk Rock schreibt, der inhaltlich gleichermaßen überzeugt wie kompositorisch.
Richtig stark ist dagegen der mit Frauengesang verstärkte Laut-Leise-Wirbel „Wir Bleiben Wach“ – endlich berühren KMPFSPRT und treffen mit ihrer Wehmut über die Vergänglichkeit und dem verzweifelten Wunsch nach Ewigkeit einen Nerv. Die zweite Hälfte von „Intervention“ ist deutlich besser, nachdem sich KMPFSPRT an den üblichen Themen abgearbeitet haben, singen sie schlicht und ergreifend über alltägliche Probleme, Gedanken, die sich jeder als Mensch und losgelöst von einer Gruppe oder Musikrichtung macht. Auch für die Platte verhältnismäßig längere Instrumentalstrecken („Mit Anlauf“ oder das Ende von „Pamphlet“), endlich mal raus aus diesem ewigen Schema-Geriffe, lassen richtig Luft in die Scheibe und entzerren sie etwas.
Letztendlich erreichen KMPFSPRT somit eine ordentliche, wenn auch aufgerundete Wertung, da „Intervention“ immerhin ein angenehmes Niveau hält und nie wirklich gefährlich abstürzt oder richtig mies tönt. Der Gesang von David und Richard ist durchweg stark, die beiden bilden ein grandioses stimmliches Team und liefern die komplette Bandbreite ab. Die Produktion von Sebastian Blaschke (u.a. MONTREAL, SONDASCHULE) ist super, transportiert besonders durch die Drums eine Menge Wucht und legt jede einzelne Bassnote angenehm frei. Muss jede Band etwas Bahnbrechendes zu sagen haben oder alle Oktaven quer und gleich danach hoch- und runterdudeln? Dann sind KMPFSPRT unter ihren Möglichkeiten geblieben. Aber das und die Frage, ob KMPFSPRT überhaupt Punk Rock sind und wenn ja, warum JENNIFER ROSTOCK oder MADSEN das dann nicht sind, darf jeder für sich selbst entscheiden. Freies Land und so… Letztendlich ist es auch vollkommen egal.
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