Orlog - Reinigende Feuer

Review

Ein ganz erstaunliches Debütalbum haben die Mitteldeutschen vier Herren von ORLOG an den Start gebracht. Im Gegensatz zu vielen Kollegen leidet das Quartett ausnahmsweise mal nicht an chronischer Selbst- oder Fehleinschätzung ihrer selbst: sie bezeichnen sich selbst mit „Deutscher Pagan Black Metal“ und treffen damit eigentlich genau ins Schwarze. Deutsch sind ihre Texte (bedauerlicherweise – zum Glück selten – ein bisschen zu verkrampft Deutsch. An flüssiger Semantik mangelt es bei fußnägelaufrollenden Konstrukten wie „Der Sinn einst wurde mir entfremdet / Ein Gespenst der Angst ich nur noch war“ leider sehr), im weitesten Sinne heidnisch deren Inhalt, überwiegend schwarz die Stimmung der Platte – und Metal ist „Reinigende Feuer“ eigentlich bis ins Mark. Das Debüt dieser noch verhältnismäßig unbeleckten Band kombiniert das heidnische Flair von HELRUNAR mit der Erhabenheit von NAGLFARs „Vittra“ oder „Diabolical“ und der wüsten, zugkräftigen Raserei des unsterblichen „Nord“-Albums von SETHERIAL. Aus letzterem stammt vielleicht auch die Idee, Akustikgitarren einmal nicht als klimperndes Beiwerk zu begreifen, sondern die Nylonsaiten einmal EMPYRIUMs letzten beiden Alben gleich riffähnlich, einmal in fließender, fast spanischer Art und Weise dekorativ einzusetzen. Besonders schön ist das im schließenden Instrumental „Stille“ zu bewundern.
Ansonsten regieren zwei elektrische Gitarren und ein songdienlich eingesetzter Bass, deren Spielende den Griffbrettern zu oft überschnellem Schlagzeug so einiges an einprägsamen Virtuositäten entlocken. Der Opener „Schatten“ ist neben zwei, drei weiteren Stücken (beispielsweise „Mein Thron“ oder das sentimental-stampfende „Ein Freund“, in dem die Parallelen zu HELRUNAR deutlich hervortreten) ein wahrer Ohrwurm, an dem jeder Part sitzt, wo er hingehört. Die Abwechslung in Tempo und Gefühl kommt innerhalb der Stücke zumeist auch nicht zu kurz.
Dass „Reinigende Feuer“ keine höhere Wertung als ein einfaches „wirklich gut“ kassieren liegt daran, dass es eben doch noch einige qualitative Unterschiede zu vergleichbaren Veröffentlichungen gibt: zum einen fehlt es dem Sänger meiner Ansicht nach manchmal am letzten Rest Emotion, dem Drummer vollendeter tightness und der Platte insgesamt an Abwechslung zwischen den Stücken – da ähnelt sich einfach etwas zu viel. Vielleicht hätten ein paar Synthesizer oder Experimente Wunder bewirkt? Dafür gibt’s allerdings ein wirklich hübsch und mit Liebe für Details gestaltetes Booklet und eine Studio-E-Produktion, die zwar nicht ganz die Durchschlagskraft der Prophecy-eigenen Bands erreicht, aber immer noch um Längen druckvoller, ausgewogener und auf die Musik angepasster ist als alle mittlerweile grassierenden Schlafzimmeraufnahmen.
Ich bin mir relativ sicher, dass ORLOG in ein, zwei Jahren, wenn sie sich selbst die Zeit zu weiterer Reifung gegeben haben, durchaus ein großer Wurf im Black Metal aus Deutschland gelingen könnte. Man sollte auch nicht zu viel in zu kurzer Zeit erwarten, und trotz der angesprochenen Kritikpunkt ist und bleibt „Reinigende Feuer“ ein beachtliches Teil, das sicher eine Menge Anhänger finden wird.

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09.06.2006

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