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Emil Bulls - XX

Review

Galerie mit 10 Bildern: Emil Bulls - Core Fest 2022

Mit „XX“ spendieren die Münchner EMIL BULLS sich und den Fans ein Doppelalbum zum 20. Bandjubiläum und serviert werden 29 Stücke, verteilt auf zwei Alben. Auf die Ohren gibt es 14 Klassiker in Original-Version, die sogenannte Hellfire-Version, und eben diese Stücke plus ein neu-arrangiertes in der gemächlichen Candlelight-Version. Nun schreibt man doch (hoffentlich) jedes Stück mit einem gewissen Anspruch, ummantelt es mit einem Gefühl und der passenden Stimmung. Wie wird Aufruhr zum gemütlichen Spaziergang – kann man wirklich jeden Song so dermaßen drehen, dass aus Party plötzlich ein gemütliches Sit-in wird? Die Antwort ist einfach – ja, kann man.  Wenn man es so macht, wie die EMIL BULLS, dann ergibt sich dadurch sogar für einen Teil der Hörer ein gewisser Mehrwert und eine schöne Nachlese zur erfolgreich abgeschlossenen „20th Anniversary Candlelight & Hellfire Tour“.

Candlelight-Version bedeutet nicht zwingend, dass die Stücke gänzlich aufgeweicht und überzuckert wurden und sich dazu nur Händchen halten lässt, im Gegenteil. EMIL BULLS beweisen ein überwiegend gutes Händchen für die neuen Arrangements und so startet „The Most Evil Spell (Candlelight)“ einerseits mit einem „Fuck“, harmoniert im weiteren Verlauf aber auch sehr gut mit vollmundigen Bläserklängen, zu denen sich Stehblues tanzen lässt. Jeder wird seine Favoriten-Version pro Song finden und ein Großteil überzeugt sogar in beiden Versionen („Close To The Wind“!). Auch wenn also nichts wirklich in die Hose ging, dann sind natürlich doch nicht alle Transformationen unfallfrei gelungen und oftmals plätschert es arm an Höhepunkten vor sich hin. So mancher Text zündet einfach nicht bei Kerzenschein und so manche Pointe setzt sich geschrien auch deutlich besser durch, als gefühlvoll ausgewalzt. Die gewählten üblichen Stilmittel – Akustikgitarre, Klavier und (Dosen)-Streicher – sind zweckmäßig, wurden aber auch sehr ähnlich klingend eingesetzt. „World Aparts“, „Dancing On The Moon“ und „Dear Sadness“ enthalten in der rockigen Version sowieso schon einige warme, klar (und auch schnulzig) gesungene Parts und streckenweise softe Instrumentierung, sodass klar war, dass noch mehr Watte dem Song einfach nicht gut tun kann. „Nothing In This World“ tat es wiederum sehr gut, von Dreck und Kruste befreit zu werden. Der Song blüht förmlich auf, sobald Luft dran kommt, und erinnert an britische Vorzeige-Indies in den Neunzigerjahren. Da die EMIL BULLS niemals reine Schmachter oder blinde Drescher waren, dürfte das Publikum aufgeschlossen für beide Seiten sein. Aber wehe dem, der nach dem Motto „Entweder oder“ lebt, die Enttäuschung ist in diesem Fall vorprogrammiert.

Und auch wenn die Zusammenstellung gut gelungen ist, so braucht der geneigte Härtlinger sich im Zeitalter von Einzeldownloads „XX“ nicht zwingend anzuschaffen. Die Mühe, die sich die EMIL BULLS gemacht haben, zahlt sich aber trotzdem aus, denn live lässt sich der (künstlich erweiterte) Backkatalog natürlich auch zukünftig umso besser verwerten. Es wurde deutlich mehr rausgeholt, als man erwarten konnte, und trotzdem bleibt das Experiment mutig und nicht zwingend überzeugend. Der Anteil der Fans, die wirklich durchweg beides abfeiern, wird gering sein. Anerkennung für die Leistung, Idee und Mühe bleibt natürlich, aber gleichzeitig deckt „XX“ schamlos auf, warum sich bei EMIL BULLS über die Jahre nicht wirklich etwas bewegt hat. Die Herren haben es sich schlicht und ergreifend bequem gemacht in ihrer Komfortzone und den Anschlusszug Richtung Core knapp, aber sicher verpasst („Between The Devil And The Deep Blue Sea“). Das beste Ergebnis lässt sich wohl erzielen, wenn man die 29 (!) Songs mischt, natürlich kann man die Scheiben auch einzeln und je nach Geschmack auflegen. „XX“ ist eine gute Gelegenheit, die Bandgeschichte Revue passieren zu lassen, für Neusteiger eher etwas zu viel des Guten.

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21.01.2016

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