Karl Bartos
live in Dortmund
Konzertbericht
Während KARL BARTOS den Auftakt seiner Minitour nach Dortmund legt, spielt sein ex-Kollege Ralf Hütter zeitgleich keine 50 km entfernt in Essen mit KRAFTWERK. Wir haben uns für das Konzert in Dortmund entschieden und fanden bei KARL BARTOS selbst ohne 3-D-Show ein paar Vorzüge gegenüber seinem ehemaligen Mitstreiter.
Es werden ungefähr 900 Fans sein, die an diesem Abend den Weg in die DASA, Ausstellungshalle des Bundes und Museum zur Arbeitswelt, finden – trotz der direkten Konkurrenz in der Essener Lichtburg, die kein Zufall sein dürfte (ist doch das Verhältnis der beiden ehemaligen Musikerkollegen offenkundig nicht das beste). Die Stahlhalle im Museum, wo ein riesiger Stahlofen die Kulisse für die Maschinenmusik von BARTOS bildet, ist damit recht gut gefüllt, wenngleich nicht ausverkauft.
Beginn kurz nach 20:00 Uhr, die Bühne ist in statisches grünes Licht gehüllt, den Hintergrund bildet ein Leinwand-Triptychon, auf das im Laufe des Konzerts Filme von BARTOS laufen werden. Zunächst aber gibt es mehrere Minuten lang eine verfremdete und verwirrende Stimmen-Kakophonie vom Band, bis KARL BARTOS und seine beiden Mitstreiter auf die Bühne kommen. Eine kurze Begrüßung, ein verhaltenes Winken – es ist klar, dass an diesem Abend vor allem die Maschinen „sprechen“ werden. Über die Bildschirme flackert ein Countdown, analog zum Opener „Numbers“, der ohne Unterbrechung von „Computerwelt“ abgelöst wird.
Den ersten Teil bilden vor allem Songs aus dem KRAFTWERK-Fundus, von „The Model“ über „Trans-Europe Express“ bis hin zu „Die Roboter“. Aber KARL BARTOS verlegt sich nicht nur auf die Klassiker seiner ehemaligen Band, sondern hat auch eigene Songs am Start: Vor zwei Jahren veröffentlichte er sein bislang letztes Album, das hochgelobte „Off The Record“ (böse Stimmen sprechen auch der „Platte […], die KRAFTWERK nicht mehr hinkriegen“), von dem er einen längeren Block spielt. Bei „Life“ verlässt er kurzzeitig sein Keyboard und singt den Text von der rechten Seite der Bühne aus.
Über die Bildschirme flackern derweil Szenen aus „Blow Up“ und alten KRAFTWERK-Videos (zu sehen ist dabei übrigens neben BARTOS nur der bereits 1986 aus der Band ausgestiegene Wolfgang Flür), um sich selbst drehende Computer wechseln mit Textsequenzen ab. Das Publikum ist eingenommen von der Optik und der Musik, viele Fans tanzen zu den Maschinenrhythmen oder wippen unweigerlich mit, egal ob man zu den Fans der ersten Stunde zählt (und ein entsprechendes Alter mitbringt) oder eher der Enkelgeneration angehört. In gewisser Weise ist die Musik zeitlos, aber auch vertraut, so dass niemand Berührungsängste vor den Rhythmen und Computermelodien hat – zumindest ist das Konzert dank der neuen Stücke aber kein ausschließlicher Nostalgietrip in die selige Vergangenheit, sondern bietet die Gewissheit, dass es auch abseits der Darstellungsform weitergeht.
Nach knapp 90 beendet BARTOS das Konzert mit „TV“, einem Song seines kurzlebigen Projekts ELEKTRIC MUSIC – und zurück bleibt ein Publikum das gut unterhalten wurde und zufrieden den Weg nach Hause antritt.
Galerie mit 15 Bildern: Karl Bartos (ex-Kraftwerk) - live in Dortmund - Karl Bartos (ex-Kraftwerk) - live 2015Setlist:
- Numbers
- Computerwelt
- The Camera
- Das Model
- I’m The Message
- Heimcomputer
- It’s More Fun To Compute
- Reality
- Trans-Europe Express
- Die Roboter
- Atomium
- Nachtfahrt
- Musica Ex Machina
- Without A Trace Of Emotion
- Rhythmus
- Life
- Computer Love
- Pocket Calculator
- Tour de France
- Interview
- 15 Minutes Of Fame
- Ultraviolet
- Neon Lights
- TV
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Ui, Karlchen auf Metal.de! Fein. Ich war auch auf diesem Konzert, es war große Klasse! Zwei Anmerkungen mögen mir aber erlaubt sein: Mit den 24 Songs, die Karl Bartos spielte, dauerte das Konzert definitiv länger als 90 Minuten, auch wenn er auf zeitschindende Publikumsinteraktion fast völlig verzichtete. Und die Kakophonie vom Band war (man höre und staune) hohe Kultur, nämlich ein Ausschnitt aus Karlheinz Stockhausens „Gesang der Jünglinge“. Muss man nicht mögen, tu ich auch nicht (und der Herr, der zwischendrin „Hurz!“ rief, hat mich derbe zum Lachen gebracht) – aber für Karl Bartos hat der olle Stockhausen eine große Bedeutung, was man als Musikjournalist meiner Meinung nach wissen sollte. (Immerhin, Sie sind nicht der einzige Schreiberling, der es nicht weiß.) Stockhausen ist eins seiner großen Vorbilder, und war, wenn ich mich recht entsinne, einer seiner Dozenten an der Musikhochschule. 2001 hielt er schließlich eine Laudatio auf ihn: https://www.youtube.com/watch?v=E5XzbWBxOv8