Eine weitere Regel für’s Leben, die man sich wohl endlich mal hinter die Ohren stanzen sollte: Der erste Blick kann täuschen. So ging es mir dieses Mal auch mit den deutschen Neo-Thrashern DRONE. Groß rausgekommen sind die Jungs anno 2006 durch das „Wacken Metal Battle“ (was bei mir schon erste Skepsis auslöste, betrachtet man die derzeitige Entwicklung des größten Metalfestivals des Planeten), in welchem sie sich bundesweit an vorderste Stelle setzen konnten. Schließlich warfen sie beim darauffolgenden internationalen Contest Konkurrenten aus aller Welt mit Schwung aus dem Rennen und nahmen den verdienten Siegertitel mit ins heimische Celle. Lange ließ ihr erster Plattenvertrag mit Armageddon Records für die Debütscheibe „Head-On Collision“ nicht auf sich warten, der Platte folgten in den vergangenen Jahren noch drei weitere Longplayer und ausgedehnte Konzerttouren mit den Thrash-Legenden OVERKILL und KREATOR sowie Gruppen wie ARCH ENEMY und EKTOMORF.
Ihre nun doch schon über ein Jahrzehnt andauernde Bandgeschichte halten die vier Mann nun auf der neuen Live-DVD „Hammered, Live And Boozed“ fest. Diese wartet mit 75 Minuten rasendem Konzertmitschnitt vom 2014er-Jubliläumskonzert in der Heimat auf; wem die Ladung DRONE dann immer noch nicht reicht, kann sich noch eine nicht uninteressante halbstündige Banddoku und alle bisher veröffentlichten Musikvideos gönnen. Live sind die Jungs mit den meisten Wassern gewaschen, nicht umsonst meint Sänger Mutz in der Doku, ihr Hauptziel sei einfach nur „Vollgas“. Dafür ist ihr nach LAMB OF GOD, SEPULTURA und PANTERA ausgerichteter Groove Metal auch ganz passabel geeignet, das Publikum jedoch scheint diesen Umstand noch nicht ganz mitgeschnitten zu haben, muss es doch erst von der Band zum Mitmachen angespornt werden. Selbst der Circlepit nach dem bedeutungsschwangeren „Welcome To The Pit“ muss erst dreimal angedeutet werden, bis sich die Meute in Bewegung setzt.
Technisch ist das Konzert angenehm in Szene gesetzt: Der Sound ist in Ordnung, aber nicht unangenehm glattpoliert, die Schnitte sind (manchmal sogar zu) fix, die Instrumente ordentlich abgemischt. Bei den Gitarrensoli fehlt technisch jedoch noch etwas Power. Zum Jubiläum haben DRONE noch etwas Unterstützung herangekarrt, darunter Britta Görtz von den deutschen Thrashern CRIPPER bei „Into Darkness“, Pianist Florian Knigge von der Pop-Punk-Gruppe FIRE IN FAIRYLAND, der mit Mutz eine kurze Katerballade über rosa Gummistiefel und gleichfarbigen Lippenstift nach einer durchzechten Nacht anstimmt, und schlussendlich noch Rapper STUNNAH bei „No Pattern“, ein alter Freund und Mitbewohner des DRONE-Shouters. Selbiger legt gegen Ende der Show noch eine kleine Stagedive-Einlage im Superman-Kostüm hin. Kein großartiger Sinn dahinter, aber die Band schien es zu erheitern.
Auch die Doku ist einen Blick wert, dort legen die drei Originalmitglieder die ersten Jahre ihrer Bandgeschichte offen, wie man sich zusammenfand, die musikalische Orientierungsphase und den allgemeinen Start. Sie erzählen von Bädern in Restprodukten einer durchsoffenen Nacht kurz vorm Fotoshooting und von serbischer Militärpolizei, die die Truppe mit vorgehaltenen Maschinenpistolen früh am Morgen aus ihrem Tourbus holte. Auch der „Neuling“ Fabian Harms, der seit 2009 den Bass zupft, kommt zu Wort und berichtet von der anfangs für ihn schwierigen Zeit, als er sich das Vertrauen seiner Musikerkollegen erst erkämpfen musste.
Am Ende scheinen DRONE glücklicherweise doch nicht der 08/15-glattpolierte Wackenmetal zu sein, den man erst befürchtet haben könnte. Die vier Kerle machen live ganz schön Dampf, und mit einem etwas besser aufgelegten Publikum könnte man in Zukunft noch viel mehr reißen. Vielleicht sollte man ja Freibierausschank in Betracht ziehen? Hammered, fucked and boozed heißt die Devise!
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