Wie die Zeit doch vergeht. Gefühlt ist es noch gar nicht so lange her, dass Sven Friedrich mit ZERAPHINE aus dem Schatten der DREADFUL SHADOWS herausgetreten ist. Mit jedem Album manifestierte die Band ihren eigenständigen, unabhängigen Status als Aushängeschild des deutschen Gothic Rocks. Mit der Veröffentlichung von „Broken Grid“ im Jahr 2008 erschuf sich Sven Friedrich jedoch ein zweites, komplett elektronisch ausgerichtetes, Standbein, auf welches zunehmend das Hauptaugenmerk gelegt wurde. Dazu vergleiche man lediglich die veröffentlichten Alben der beiden Bands seit 2008: Bei ZERAPHINE steht da mit „Whiteout“ aus dem Jahr 2010 (leider) nur eins zu Buche, wohingegen SOLAR FAKE mittlerweile drei Alben auf der Habenseite verbuchen können. Es scheint also zu Laufen im Hause SOLAR FAKE, wie auch Tourneen mit u.a. VNV NATION, CAMOUFLAGE, PETER HEPPNER und PROJECT PITCHFORK sowie Auftritte auf dem Amphi-, Blackfield- und M’era Luna-Festival unterstreichen.
Mit „Another Manic Episode“ kündigt sich nun das nächste Studioalbum an, welches an die Erfolge der vorherigen Veröffentlichungen anknüpfen soll. Das Zweitwerk „Frontiers“ konnte als konsequente Fortführung des Debüts „Broken Grid“ gesehen werden. Eine originelle, stets dunkel angehauchte, wenn auch direktere Mischung aus Synth- sowie Futurepop, welche keine Experimente scheute und eine teils deftige Kante besaß. Die bis dato letzte Veröffentlichung „Reasons To Kill“ aus dem Jahr 2013 blieb aufgrund einer geringeren Halbwertszeit hingegen vergleichsweise blass: Zu plumpe Melodien und Songstrukturen ließen die Platte schlussendlich ein wenig vorbeirauschen.
Dass es die Herren allerdings noch anders können, beweist nun „Another Manic Episode“, welches wieder mit zahlreichen Ohrwürmern aufwartet. Ob nun hämmernde Beats, oder ein am Pop ausgerichtetes Grundgerüst, das Gefühl für die Songs scheint zurück zu sein. Die Gratwanderung zwischen den härteren Club-Hits und den mit einfühlsamen, sanften Momenten ist die bislang intensivste unter dem Banner SOLAR FAKE. Kompromisse zwischen diesen beiden Eckpfeilern werden nur gelegentlich gemacht. So stehen auf der einen Seite Brecher wie „Fake To Believe“ oder „The Race Of The Rats“, welche für volle Tanzflächen in den dunklen Clubs der Nation und darüber hinaus sorgen sollten. Daneben finden sich Nummern wie „Until It’s Over“, in denen Sven die komplette Klasse und Einfühlsamkeit seiner warmen Stimme ausspielt. Als erste Single-Auskopplung fungiert „All The Things You Say“, welche zwar ordentlich Pop-Flair versprüht, dabei allerdings auch etwas harmlos und überzogen herzerwärmend daherkommt. Richtig ergreifen können indes „I Don’t Want You In Here“ und „Stay“, welche aufgrund ihres ruhigen, nachdenklichen Grundtenors das Album gebührend ausklingen lassen.
Auch wenn der Großteil des Albums in bekannten Bahnen abläuft, scheut man sich auch auf „Another Manic Episode“ nicht vor kleineren Experimenten. So z.B. der rap-artige Gesang zu Beginn von „Under Control“ oder die an vielen Stellen verstärkt auftretenden Trance-Elemente, beispielsweise im ansonsten eher durchschnittlichen „If I Were You“. Dubstep-Elemente, die bereits vom Vorgänger bekannt sein dürften, finden sich zwar auch wieder, stellen allerdings keine Neuerung im Sound des Berliner Duos dar, sondern sind allenfalls Geschmackssache – wie sicherlich die gesamte Platte für den Großteil der hier anzutreffenden Leser. Insgesamt zeigt die Formkurve jedoch wieder deutlich nach oben, wofür allein die Hitdichte und Bandbreite von „Another Manic Episode“, bei dem überraschenderweise auf die obligatorische Cover-Version eines bekannten Songs verzichtet wurde, spricht. Unerwartet gut.
Mit Solar Fake hat es sich Friedrich scheinbar bequem gemacht, denn sein gesamter Fokus scheint nun auf diesem Projekt zu liegen, was regelmäßige Studioalben beweisen. „Another Manic Episode“ gefiel mir allerdings nicht ganz so gut. Da waren die beiden Vorgänger besser, selbst wenn dort oben behauptet wird, dass „Reasons to Kill“ nicht so gut war. Das sehe ich anders, denn dort habe ich die besseren Ohrwürmer ausmachen können, als auf diesem Album.
Ansonsten gibt es typische Solar-Fake-Kost zu hören, mal etwas nachdenklicher, mal sehr tanzbar, mal auch etwas harscher, aber die richtig wütende Phase scheint vorbei zu sein. Das ist gekonnt gemacht, hat mich auf Dauer aber ein wenig gelangweilt.
Die Bonus-Variante mit einer zweiten CD besitzt dann übrigens das obligatorische Cover. „Somebody told me“ ist auf jeden Fall ganz witzig geraten und die Remixe sind teilweise besser, als die Originale, weshalb ich die Bonus-CD nur empfehlen kann!