Wolfheart
Interview mit Tuomas Saukkonen zu "Shadow World"

Interview

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WOLFHEART haben kürzlich ihr neues Album „Shadow World“ auf die Welt losgelassen. Ein beachtliches Werk melodischen Death/Dark Metals, das durch die Bereicherung des ehemaligen Soloprojektes um neue Bandmitglieder um einige Facetten farbenfroher geworden ist. Wir sprachen mit Mastermind Tuomas Saukkonen über „Shadow World“, die Beisetzung seiner ehemaligen Bands BLACK SUN AEON und BEFORE THE DAWN, den Wandel der Metalszene und über sein Equipment.

Nach eurem letzten Album „Winterborn“ hat sich ja einiges bei euch getan. Im Juni vergangenen Jahres hat sich WOLFHEART zu einer vollständigen Band mit vier Mitgliedern entwickelt. Wie kam das?

Tuomas: Als „Winterborn“ veröffentlicht wurde, hatte ich bereits ein komplettes Session-Line-up für anstehende Gigs. Ich wollte so schnell wie möglich Live-Auftritte spielen. Glücklicherweise hat dieses Lineup sehr gut harmoniert. Nicht zuletzt, da viele der Jungs alte Freunde von mir sind und ich mit einigen von ihnen bereits in der Vergangenheit gespielt habe. Dass wir WOLFHEART dann als komplette Band weitergeführt haben, war eigentlich der natürliche, logische Schritt. In meinen Augen hätte es keinen Sinn ergeben, WOLFHEART wieder als Soloprojekt zu betreiben, obwohl es mit den zusätzlichen Mitgliedern super klappt. Es gab lediglich einen Besetzungswechsel am Bass. Ansonsten ist das Session-Line-up aber komplett in die Band integriert worden.

Was hat sich beim Songwriting im Vergleich zu damals geändert? „Winterborn“ hast du ja komplett alleine zusammengezimmert. Wie war das bei „Shadow World“?

Tuomas: Eigentlich hat sich nicht viel verändert. Ich habe wieder etwa 90 Prozent der Musik geschrieben und auch die Lyrics sowie die Produktion übernommen. Der einzige gravierende Unterschied ist, dass wir jetzt einen viel besseren Drummer haben, als ich es bin. Ich bin zwar kein absolut grottiger Schlagzeuger, doch als ich die Drums zu „Winterborn“ aufgenommen habe, gab es viele Situationen, in denen ich dachte: „Was würde Joonas jetzt spielen?“. Er ist eines meiner Drum-Idole und ich finde, durch ihn wird der gesamte Sound der Band auf ein komplett neues Level gehoben. Das hat mir auch erlaubt, deutlich schnellere Riffs zu schreiben. Hätte ich die Drums dafür einspielen müssen, hätte ich wohl Probleme bekommen. Das ist auch der Grund, warum „Shadow World“ deutlich agressiver ist als „Winterborn“. Es gibt mehr Blastbeats und schnellere Bass Drums. Das war nur möglich, weil Joonas die Drums übernommen hat.

Ich finde auch, dass das Drumming auf „Shadow World“ sehr überzeugend ist. Es war wohl eine gute Entscheidung, einen neuen Drummer an Land zu ziehen.

Tuomas: (lacht) Ja, das muss ich zugeben. Es ist aber auch besser so. Mit Joonas haben wir jemanden, der sein ganzes Herzblut in ein Instrument steckt. Natürlich klingt das Resultat ausgereifter, als wenn ich versuche, alle Instrumente gleichzeitig zu berücksichtigen. Ich bin aber wirklich froh, Joonas in der Band zu haben. Wie gesagt, er ist einer meiner Lieblingsdrummer und sein Spiel zu meiner Musik – das ist eine gute Kombination.

Sicher, aber trotzdem finde ich es respektabel, dass du es geschafft hast, mit „Winterborn“ ein solch anspruchsvolles Album zu schaffen, obwohl du alle Instrumente übernommen hast. Viele Musiker lernen nur ein oder zwei Instrumente in ihrem Leben.

Tuomas: „Winterborn“ alleine zu schreiben hat mir gut gefallen, keine Frage. Ich mag die Soloarbeit. Man hat komplette Freiheit beim Songwriting und muss keine Kompromisse eingehen oder radikale Änderungen in Kauf nehmen. Andererseits konnte ich mich mit der kompletten Band nun vermehrt auf die Produktion konzentrieren, da ich nicht mehr mit allen Instrumenten gleichzeitig beschäftigt war. Ich musste nicht mehr so lange damit verbringen, das Album einzuspielen und hatte viel mehr Zeit, bei der Produktion genau hinzuhören. Als hätte ich ein extra paar Ohren bekommen. Das war eine tolle Sache.

Was war denn der Grund, dass du all diese Instrumente lernen wolltest? War das nicht ein riesiger Haufen Arbeit?

Tuomas: Ich sehe die Instrumente eher als „Werkzeuge“ für das Songwriting an. Ich war nie bestrebt, auf einem bestimmten Instrument perfekt spielen zu können. Ich genieße es dennoch, all diese Instrumente zu spielen und ich mag die verschiedenen Charaktere und Klangfarben. Des Weiteren unterscheidet sich das Songwriting. Ich schreibe am Piano anders als an der Gitarre oder den Drums. Die Gitarre höre ich beim Schreiben in meinem Kopf divergent – da konzentriere ich mich dann auf die rhythmischen Aspekte. Ich experimentiere also gern und es ist für mich eher, als wenn ich in einem Bonbonladen unterwegs bin und mich durch die vielen verschiedenen Sorten Süßkram probiere, als dass ich den Fokus auf das Meistern der Instrumente lege. Dafür müsste ich sowieso viele Stunden täglich üben und dazu fehlt mir schlicht die Zeit. Mein Hauptberuf nimmt viel Zeit ein und die, die ich für Musik habe, nutze ich, um neue Songs zu schreiben oder an einem anderen Aspekt eines neuen Albums zu arbeiten. Dennoch liebe ich es, die verschiedenen Instrumente zu spielen. Jedes von ihnen bietet etwas anderes und ich würde mich tatsächlich gerne mehr in die Marterie einarbeiten.

War es damals, zu Zeiten von „Winterborn“, nicht schwierig, deine beiden anderen Projekte BLACK SUN AEON und BEFORE THE DAWN zugunsten von WOLFHEART auf Eis zu legen? Was hat dich dazu bewogen?

Tuomas: Die Entscheidung an sich war ziemlich einfach. Der Weg bis hin zu dieser Entscheidung dagegen nicht. So viele Songs, die dir etwas bedeuten und die du nicht mehr live spielen kannst. Beziehungsweise, spielen könnte man sie schon, aber das wäre dann uncool und würde auch nicht zum Stil von WOLFHEART passen. Mit BEFORE THE DAWN habe ich fast 14 Jahre Musik gemacht und während dieser Zeit habe ich sieben Alben geschrieben sowie mit vier oder fünf Labels zusammengearbeitet. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich auf musikalischer Ebene mit diesen beiden Bands gestorben, da ich mich auch um das komplette Management sowie die Musikvideos gekümmert habe. Alles in allem habe ich viel Arbeit, besonders in BEFORE THE DAWN, aber auch in BLACK SUN AEON, gesteckt. Leider fing das Ganze irgendwann an, sich wie ein Job anzufühlen. Mich von den Bands und diesem Gefühl zu trennen, war etwas, was ich machen musste. Ich hätte die Projekte gern am Laufen gehalten, aber im Nachhinein war es 90 Prozent Arbeit und 10 Prozent Gigs. Die Balance hat gefehlt und diverse Probleme mit den Labels und mit dem Line-up der Band haben selbst diese 10 Prozent zunichte gemacht. Am Schluss hatte ich nur noch Arbeit und brauchte einfach eine Pause. Ich gehe vollzeit arbeiten und hatte keine Lust, noch einen Zweitjob aus meinen Bands zu machen. Eine Band sollte das Gegenteil von Arbeit sein. Ich wollte mit WOLFHEART einfach einen Neuanfang wagen. Es vereinfacht die Dinge, wenn du noch einmal bei null anfangen und zum Beispiel die angesprochen Differenzen mit den Labels hinter dir lassen kannst. So hatte ich auch einen Grund, „Winterborn“ auf eigene Faust zu veröffentlichen. Ich brauchte etwas Abstand vom ganzen Trouble des Musikbusiness‘.

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Wie die Reaktionen der Fans und Medien zeigen, kommt „Shadow World“ richtig gut an. Wie ist dein Eindruck? Was hebt „Shadow World“ in deinen Augen signifikant von „Winterborn“ ab, abgesehen von der neuen Bandbesetzung?

Tuomas: „Shadow World“ ist abwechslungsreicher. Wie gesagt, hatte ich dieses Mal aufgrund des Drummers und der generellen Umstände mehr Möglichkeiten als zu Zeiten von „Winterborn“. Des Weiteren ist das neue Album düsterer. „Winterborn“ dreht sich musikalisch wie lyrisch zu großen Teilen um den Winter. „Shadow World“ dagegen greift textlich viel weiter. Ich habe mir kein spezielles Konzept für die neue Platte zurechtgelegt, sodass ich einen größeren Freiraum zum Schreiben der Texte hatte. Mich bei „Winterborn“ auf den Winter als Hauptthema zu konzentrieren, nahm mir die Möglichkeit, verschiedene Themen zu behandeln, die ich gerne bearbeitet hätte. Diese Grenzen gibt es auf „Shadow World“ nicht, so dass ich mich bei den Lyrics dieses Mal regelrecht austoben konnte. Wir haben viele Elemente hinzugefügt, die auf „Winterborn“ in dieser Form nicht vorhanden waren.

Ursprünglich war ja der Plan, dass ihr im Oktober zusammen mit INSOMNIUM auf Tour geht. Da INSOMNIUM die Tour leider absagen mussten – was plant ihr? Werdet ihr trotzdem touren?

Tuomas: Wir würden wirklich gerne touren, doch als Support-Band für INSOMNIUM können wir diese spezifische Tour schlecht alleine in Angriff nehmen. Mit dem Absagen INSOMNIUMs hat sich die Tour für uns also erledigt. Wir haben aber schon konkrete Pläne: Wir wollen vermutlich Ende November auf Europatour gehen. Wir warten zwar noch auf die finale Zusage, eine Tour wird es aber definitiv geben – auch wenn ich etwas zynisch eingestellt bin. (lacht) Es gibt viele Sachen, die schiefgehen können. Aber Pläne für eine Tour im kommenden Jahr sind auch schon in der Schmiede. Wir hoffen, dass wir auf einigen Festivals spielen können und unser Ziel ist es, so viel zu touren, wie es nur geht. Mit „Winterborn“ wollte ich WOLFHEART eine Fanbase erarbeiten und so viele Leute erreichen, wie es nur geht. Meine Idee war es von Anfang an, erst mit dem zweiten Album ausgiebig zu touren – es ist also an der Zeit. Zwar war es ein Rückschlag, dass die INSOMNIUM-Tour abgesagt wurde, aber ich respektiere die Entscheidung natürlich zu 110 Prozent. Ich habe mit BEFORE THE DAWN bereits mit INSOMNIUM getourt und wir vertrauen uns gegenseitig, deswegen stelle ich ihre Entscheidung nicht infrage. Natürlich würde ich lieber auf Tour gehen als zu Hause rumzusitzen, aber – that’s life.

Den Fans hätte die Tour sicher auch gefallen. Aber was will man machen. Man steckt halt nicht drin.

Tuomas: (lacht) Das ist leider wahr. Aber es steht wirklich gut um die zweite Tour, die wir in Planung haben. In Kürze werde ich die Rückmeldung erhalten und dementsprechend freue ich mich schon sehr auf den November.

Mittlerweile spielst du nur noch Gitarre bei WOLFHEART. Welche Amps und Gitarren benutzt du? Welche Gitarrenmarke magst du am liebsten und warum?

Tuomas: Ich habe einen sehr speziellen Aufbau, was mein Equipment angeht. Ich benutze nur handgemachte Amps und Custom-Gitarren. In Nordengland gibt es einen Shop, der mir vor einiger Zeit einen Bariton-Prototypen angefertigt hat. Ich habe mich mittlerweile absolut in dieses Instrument verliebt und auch eine zweite Gitarre, welche sie mir angefertigt haben, befindet sich in meiner Sammlung. Diese beiden Schmuckstücke benutze ich seitdem. Ansonsten mag ich Gitarren von ESP, Jackson und Ibanez. Aber keine in Massen angefertigte Gitarre kann es mit den Custom-Instrumenten aufnehmen. Diese Massenanfertigungen, bei der ein Instrument nur eins unter Millionen ist, sind nicht mein Metier. Meine Custom-Gitarren sind speziell auf meinen aggressiven Spielstil und für laute Stimmungen ausgelegt. Momentan scheinen ja auch die ganzen digitalen Sachen wie X-Effects und ähnliches angesagt zu sein, die einen Amp simulieren. Aber ich bin dafür zu altmodisch. Ich brauche einen dicken Röhrenverstärker, der ein ordentliches Gewicht auf die Waage bringt. Ich brauche nichts Leichtes oder Einfaches. Mein Amp muss schwer und solide sein, viele Röhren haben, cool aussehen und einen fetten Sound haben. Zum Glück habe ich einen richtig guten Amp, der diesen Erwartungen entspricht. Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ich kann dich später gern via E-Mail darüber informieren, aber ich glaube, dass der Hersteller eine Firma namens Silverblade aus Ungarn ist. Die haben sich auf die Anfertigungen dieser schweren Amps und Speaker spezialisiert und haben auch eine Serie von DI-Boxen speziell für die Gitarre, Aufnahmegeräten, Re-Amps und viele andere gute Sachen im Angebot.

Ich spiele einen 200-Watt-Stereo-Röhrenverstärker mit mehreren Pre-Amps. Ich habe meinen Sound so geschaltet, dass beide Channels ihre eigenen Speaker ansteuern – sprich – ich habe jeweils 100 Watt für die einzelnen Speaker und auch das Topteil ist wahnsinnig groß. Ich brauche halt Equipment, was sich für die tiefe Stimmung der Bariton-Gitarre eignet. Ein regulärer Speaker käme damit nicht klar, sodass mein Equipment ideal für mich ist. Aber um ehrlich zu sein, könnte der Amp doch etwas leichter sein. Er ist sauschwer! Und auch die Speaker – einer wiegt mit seinem Case um die 50 Kilo, also etwa doppelt so viel wie ein normaler Marshall. Es ist zwar kompliziert, die Teile mit sich zu schleppen, aber wenn man den Sound vor der Bühne hört, wird einem klar, warum ich das auf mich nehme. Mein Hauptaugenmerk liegt hier ganz klar auf der Dynamik. Der Sound muss sehr präzise sein und die Dynamik meiner rechten Hand gut rüberbringen. Ich mag diesen ultraverzerrten Sound nicht, wo alles wie ein großer, dicker Block klingt. Da fehlt die Dynamik komplett. Ich habe dieses Jahr sehr viel geübt, um mich mit meinem Spiel in diesem Bereich zu verbessern. Der beste Amp nützt nichts, wenn du selbst keine Dynamik rüberbringen kannst. Ich könnte mir also nicht vorstellen, mein Set-Up in Zukunft zu ändern

Das kann ich mir vorstellen. Ich spiele selbst Gitarre und gebe dir vollkommen Recht! Ein guter Sound ist das A und O.

Tuomas: Definitiv. Ich denke, dass es schwierig ist, den richtigen Amp für den eigenen Stil zu finden. Viele Amps klingen zwar cool, harmonieren aber nicht mit dem Sound des Gitarristen. Wenn der Amp, dessen Einstellungen sowie der Sound des Musikers gut ineinander greifen, dann klingt es erst gut. Aber wie gesagt, schau ruhig mal nach Silverblade. Das Zeug von denen ist echt fett und die haben viele richtig gute Amps im Sortiment.

Werde ich machen! Bevor ich dich aber hier ausquetsche: Es gibt doch sicher ein paar Sachen, die dir unter den Nägeln brennen, oder? Gibt es etwas, das du besonders gerne loswerden möchtest?

Tuomas: Gnah! Ich hasse diese Fragen. (lacht) Hmm, was soll ich sagen? Ah, da gibt es eine Sache: Ich betreibe ein kleines Label in Finnland und habe ein paar gute finnische Bands im Katalog. Mit der Entwicklung des Musikbusiness‘ der letzten Jahre ist es mittlerweile schwierig geworden für Newcomer-Bands. Es ist wichtig, dass ihr eure lokale Szene unterstützt. Dort beginnt alles. Wer weiß, vielleicht wird die Band aus eurem Ort die nächste große Metalband. Das funktioniert aber nur, wenn ihr ihr den Rücken stärkt. Niemand wird in den großen Stadien und Arenen geboren. Jede Band spielt irgendwann ihre ersten kleinen Gigs und hier kommt der Stein ins Rollen. Was ich schade finde ist, dass die Leute die Alben nicht mehr kaufen. Aber dagegen kommt man leider nicht an. Das ist, als würde man einen Kampf gegen Windmühlen kämpfen. Aber es ist wichtig – unterstützt eure Lokalen, denn sie werden irgendwann die ganz Großen sein! Geht zu den Auftritten, kauft T-Shirts, teilt Facebook-Postings oder was auch immer. Zeigt euren Support. So bleibt die Szene am Leben.

Vor einiger Zeit erschien das neue IRON MAIDEN-Album. Hast du bereits reingehört und falls ja, was hälst du davon?

Tuomas: Nein, leider nicht. Während der Sommersaison bin ich komplett ausgelastet. Ich habe WOLFHEART, meinen Job, arbeite außerdem als Produzent und, und, und. Ich bin nur am Rotieren. Von April bis Oktober habe ich rund um die Uhr zu tun. Im Gegensatz dazu habe ich allerdings von November bis März komplett meine Ruhe und ich werde mir die neue IRON MAIDEN sicher im November ausgiebig anhören.

Kann ich nur empfehlen!

Tuomas: Das habe ich schon von vielen Leuten gehört. Ich lese jeden Tag, was so in der Metalszene abgeht und versuche auf dem Laufenden zu bleiben. Vielen Leuten scheint das Album gut zu gefallen und einige behaupten, es sei das beste IRON MAIDEN-Album der letzten zehn Jahre. Das ist echt cool! Ich wünschte, ich hätte die Zeit, um mir „The Book Of Souls“ jetzt schon anzuhören. Aber ich finde es fantastisch, dass auch die „Oldtimer“ weiterhin ihr Ding durchziehen. Leider gibt es auch Sitautionen wie kürzlich bei MOTÖRHEAD. Der Mann gibt weiterhin sein Bestes, doch man sieht, dass er nicht mehr topfit ist. Ich denke, irgendwann wird man einfach zu alt, um die großen Bühnen zu rocken. Aber um auf MAIDEN zurückzukommen: Ich denke, es ist beachtlich, dass die Band nach Bruces Krankheit eines der besten Alben in einer langen Zeit aufgenommen hat. Vielleicht nicht das beste, aber ich denke, es ist das Wichtigste, die Fans zu überraschen. Mit einer solch langen Diskografie ist das nicht einfach und dafür, dass sie dies trotzdem hinbekommen, gebührt ihnen mein Respekt. Also ja: Ich bin schon sehr gespannt auf das Album. Auf das neue SLAYER-Album bin ich dagegen kaum gespannt. Das, was ich bisher gehört habe, überrascht mich nicht und mit dem Ausstieg von Dave Lombardo und dem Tod von Jeff – ich denke, es fehlt nun einfach zu viel. Vielleicht ist das Album gut, aber ich bin nicht sehr aufgeregt, es zu hören. Vielleicht höre ich es mir mal an und bilde mir meine Meinung. SLAYER klingen meines Erachtens nach aber nicht mehr nach SLAYER. Paul Bostaph kann Lombardo nicht ersetzen und wie man mittlerweile vielleicht gemerkt hat, bin ich sehr pingelig, was Drummer angeht. Damit ein Album bei mir zünden kann, muss mir der Drummer gefallen.

Klar, ein guter Drummer ist wichtig. Da wir aber gerade über die alten Legenden wie MAIDEN und SLAYER sprechen – wie siehst du WOLFHEART in der Zukunft? Denkst du, dass WOLFHEART eines Tages auch so groß sein wird?

Tuomas: Ich persönlich denke, dass es keine Band schaffen wird, einmal so groß zu werden, wie diese alten Helden. AC/DC, METALLICA, SLAYER, IRON MAIDEN – wenn ich mir die Entwicklung des Business‘ angucke, denke ich, dass wir diese Legenden eine nach der anderen verlieren werden und dass es auch keine Bands wie sie mehr geben wird. Es ist traurig, dass ich das so sagen muss, aber ich denke, genau so wird es werden. Die ganze Attitüde und Einstellung zur Musik ist heutzutage anders.

Auch die verschiedenen Sparten, die es mittlerweile gibt. Djent, Metalcore und so weiter…ich denke nicht, dass es bei einem so großen Spektrum erneut DIE Metalband geben kann, die über alle Genres hinweg polarisiert. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es MAIDEN, SLAYER und Kollegen getan haben und mitunter heute noch tun. Oder wie siehst du das?

Tuomas: Die Zeiten sind heute einfach anders. Damals gab es Bands wie JUDAS PRIEST, die in ihrem Genre etwas komplett Neues geschaffen haben. Es gab Bands, ob das nun im Bereich des Heavy Metal, des Death Metal oder irgendwo anders war, die haben Genres erfunden. Das waren Pioniere. Ich denke, dass man heutzutage alles in ähnlicher Form irgendwo schon mal gehört hat. Ich glaube kaum, dass es möglich ist, mit etwas völlig Neuem daherzukommen. Eine Ausnahme waren da wohl MESHUGGAH, die mit einem neuartigen Sound auftraten und dieses Djent-Metal-Acht-Saiten-Gitarren-Ding erfunden haben. Seitdem ist es aber weniger ein Erfinden, als ein Mischen von Elementen verschiedener Sparten. Wie zum Beispiel die poppigen Refrains im Metalcore. Es sind aber definitiv andere Zeiten und es ist verdammt schwer für Bands, eine gewisse Größe zu erreichen. In den Achtzigern haben Bands Millionen von Alben verkauft. Das ist heutzutage nicht so, und mit fehlendem Einkommen durch Plattenverkäufe ist es schwierig, Kapital in große Touren, Musikvideos und vernünftige Produktionen zu investieren. Dieses riesige Level erreicht man heute einfach nicht mehr. Man schaue sich RAMMSTEIN an. Die haben einen Arsch voll Geld mit ihrer Musik verdient und hatten dementsprechend die Möglichkeit, ausgedehnt zu touren und fette Bühnenshows abzuliefern. Das ist mittlerweile schwierig und ich denke wirklich, dass diese enorm großen Legenden mit der Zeit aussterben werden.

Ich denke wie du auch, dass es ein Problem ist, dass die Leute die Alben der Bands nicht mehr kaufen und mitunter nicht einmal mehr zu den Shows gehen. Vermehrt wird die Musik runtergeladen und ich denke, das ist nicht der beste Weg.

Tuomas: Das meine ich ja. Wenn man sich die Alben nicht mehr kauft, verliert man den Blick für den Wert der Musik. Man hat keine CD mehr in der Hand, kein Booklet, kein Vinyl. Man sieht die Musik mit anderen Augen, wenn man sie sich mit einem Klick auf den Rechner ziehen kann. Man hört sich das Album dann kurz an und wandert weiter zum nächsten. Man sitzt nicht mehr auf dem Sofa, hält das LP-Cover in den Händen und hört sich die Platte über den Plattenspieler an. Man hört die Musik dann eher als Beiwerk, anstatt sich konkret Zeit zu nehmen, um die neue Platte anzuhören. Man verliert die Verbindung, wenn man vor dem PC sitzt und sich die digitalen MP3-Dateien anhört. Ich persönlich liebe es, mir die Musik anzuhören und mir dabei das Booklet durchzulesen. Ich schaue mir die Danksagungen an, lese die Texte, während ich sie höre und möchte mich auch mal auf die Suche nach einer physischen Version meines gewünschten Albums machen. Dann ist die Freude größer, wenn man sie schließlich in den Händen hält. Ein Album muss man sich einfach auf CD, Kasette, Vinyl oder einer anderen physischen Form anhören. So ist jedenfalls meine Auffassung vom Musikhören. Die jüngeren Generationen sehen das wohl anders. Man kann sich die Bands auf Youtube ansehen. Die Live-Shows verlieren damit auch einen Teil ihres Flairs. Alles verändert sich und das ist wirklich schade.

Allerdings, das muss man ja fairerweise auch ansprechen, gibt es heutzutage noch immer viele, auch junge Leute, die die Musik in physischer Form kaufen. Besonders Vinyl scheint mittlerweile wieder einen großen Hype zu erleben.

Tuomas: Da habe ich auch eine Erfahrung mit gemacht: Wir wollten die Vinyl-Version des Albums über eine Firma pressen lassen und das hätte fast nicht geklappt, da alle Vinyl-Fabriken komplett mit Aufträgen ausgelastet sind. Man muss bis zu vier Monate warten. CDs dagegen kannst du in zwei Wochen raushauen, das ist kein Problem. Für Vinylplatten muss man lange im Voraus anfragen, ansonsten sagen die einem, dass es momentan nicht möglich ist. In allen Fabriken ist es dasselbe. Ich persönlich warte ja auf das Comeback von Kasetten. (lacht)

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Tuomas: Wir werden uns jetzt vordergründig auf das Touren konzentrieren. Ich möchte noch keine neuen Songs schreiben, da ich vermutlich bis in den Winter 2017 nicht die Möglichkeit haben werde, ins Studio zu gehen. Ich will nicht zu viel im Voraus arbeiten, denn das passierte bereits mit „Shadow World“. Das Album war schon im Oktober 2014 fertig gemixt. Da das Label Spinefarm allerdings zu der Zeit ein Re-Release von „Winterborn“ herausbringen wollte, hätte es für uns keinen Sinn gemacht, innerhalb von drei oder vier Monaten zwei Alben auf den Markt zu werfen. Generell ist der Sommer nicht die beste Zeit, um ein Album zu releasen, also haben wir uns entschieden, „Shadow World“ irgendwann im Herbst rauszubringen. Dennoch hat die Band zehn Monate auf das Release gewartet und so war „Shadow World“ nicht mehr „das neue Album“ für uns. Zu der Zeit war das zwar kein Problem, aber ich ich möchte es beim nächsten Album vermeiden. Deshalb möchte ich nicht zu früh mit dem Schreiben neuer Songs beginnen. Wenn man sich ein Jahr lang die Demoversion seines eigenen Songs anhört, klingt er irgendwann nicht mehr so frisch. Nicht weil der Song schlecht ist, sondern weil du dich daran einfach sattgehört hast. Ich hoffe also, dass wir die Möglichkeit haben bis September oder Oktober 2016 zu touren und dann können wir an neues Material denken.

Danke für das Interview, Tuomas! Die letzten Worte gebühren natürlich dir.

Tuomas: Ich bin froh, dass das Interview geklappt hat. Danke dir dafür!

Galerie mit 9 Bildern: Wolfheart - Endtime Signals European Tour 2024 in Leipzig
23.09.2015

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