Wenn ein neues MOGWAI Album erscheint, darf man Atmosphäre erwarten. Und mit “Mr. Beast” verschüttet diese Band besagte Atmosphäre gleich eimerweise.
Ein aus gedrehten und normalen Pianos gelaiertes Intro (“Auto Rock”) umhüllt den Hörer mit Klangstrukturen, deren Zartheit mit jedem Takt anschwillt und, unterstützt durch zuerst kaum hörbare Zerr- und Feedbackgitarren, zu einem spannungsgeladenen, fast schon aggressiven Höhepunkt kommt.
Ein kurzes Gitarrenfill zu Beginn des zweiten Titels (“Glasgow Mega-Snake“) und schon schieben sich treibende Harmonien durch die Gehörgänge. Der Bass pumpt Achtel, die Gitarren schrammeln und enden Unisono. Kaum zu einem wirklichen Riff gewachsen, brechen MOGWAI in sich zusammen und lassen Cleangitarren sprechen. Dieses Intermezzo währt nicht lange, schließlich wäre es auch schade, diese ergreifenden Wendungen nicht noch einmal aufzunehmen. Der Song endet nach furiosen 3:30 Minuten in einem Distortion-Gewitter.
Dynamisch geht es weiter mit “Acid Food”, dem ersten Stück mit Vocals. Sehr ruhig und sehr bedeckt, aber glaubhaft wie Herr Cash im Folsom Prison. Lapsteel-Gitarren fliegen einem um den Kopf und umhüllen mit gespannter Traurigkeit, bevor “Travel is Dangerous” die Ruhe hinwegfegt. Abwechslungsreich wird zwischen Clean-Strophe und Zerr-Refrain alterniert. Die Vocals klingen immer etwas fern, was aber der Musik eher förderlich ist.
Die Nackenhaare stehen nach dem vierten Song zu Berge und lassen sich schwerlich glätten, da “Team Handed” bereits mit solch gefühlvollen Beats und perligen Gitarren beginnt, dass auch der hartgesottenste Trashmetaller die ein oder andere Träne der Rührung nicht verbergen könnte. Das minimalistische Piano verstärkt die Sehnsucht nach Kerzenschein und erfüllt einen förmlich mit Ruhe und Gelassenheit. “Friend of the Night” setzt genau dort an und läßt den Hörer sogar noch tiefer in die Traumwelten hinabgleiten. Der Drang zum Augenschließen wird nur durch des Reviewschreibers mangelndes 10-Finger-Blind-Schreib-System gestört. Ausufernde Schrammelparts, unterstützt durch ein wundervolles, themengebendes Klavier steigern sich ins Unendliche, um kurz vor Ende des Songs wieder klein und bedacht zu erklingen.
“Emergency Trap” wirkt dann sogar noch reduzierter, noch vorsichtiger und bedachter gespielt. Unterschwellige Bratgitarren mischen sich kaum hörbar unter die Harmonieverwebungen. Sie füllen den Raum mit Spannung und sind ein ästhetischer Gegenpart zu den unverzerrten Klängen.
Es wirkt, als wäre die gesamte CD in einem Rutsch geschrieben und arrangiert worden. “Folk Death 95” ist die ideale Fortsetzung zum Vorgängersong und könnte fast ohne Titelmarker funktionieren. Die Aggression steigert sich, wirkt aber trotzdem noch wunderbar verträumt und schwebend.
“I Chose Horses” wurde mit einem japanisch(?)sprachigen Rezitativ bedacht, welches, obwohl der Sinn im unbekannten verbleibt, doch für Gänsehaut sorgt. Das Arrangement ist minimalistisch und besteht aus Piano, cleanen Gitarren und Soundeffects. Ein Stück zum fliegen.
“Mr Beast” wird vom FETTEN “We’re No Here” abgeschlossen. Es zerrt und treibt an allen Ecken. Ein spaciger Bass wird von Achtel-Schiebereien der Gitarren eingehüllt, es peitscht sich auf zu abgefahrenen, rollenden Unisonoriffs, bricht kurz zusammen, schiebt sich wieder auf ungeahnte Höhen und schließt nach etwas mehr als 40 Minuten Gesamtspielzeit ab. Zurückgelassen wird ein träumender und nachdenklicher Hörer. Im Ohr hat er Schönheit, Disharmonie, Noise und Klangkunst.
Ein Album, das groß ist. Ein Album, welches einen auf eine Reise mitnimmt.
In meinen Augen kommt es nicht an geniale Platten wie "Ten Rapid", "Young Team" oder "Come on die young" ran. Es fehlt auch ein "Hit" wie "Mogwai fear Satan". Leider eine der schwächsten CDs, die die Band rausgebracht hat. Dann doch lieber Mono’s "One step more and you die" oder Kinski’s "Airs above your station". Die geben mir deutlich mehr! Wer Mogwai noch nicht kann "Mr. Beast" antesten, aber er/sie wird schnell merken, dass die Band besseres zu bieten hat!
Wie Stoner schon schreibt, es kommt nicht an die alten Sachen heran. Aber hier ist es ähnlich wie bei der neuen Gathering, vielleicht braucht die Platte Zeit um zu zünden?
Trotzdem ein Album, das eben nicht vom ersten Song an begeistert, was bei allen Vorgängeralben der Fall war. So lernte man die Band intensiv kennen. Hört man sich die neue Platte und danach Come on Die Young, wird man feststellen, was ich meine. Mogwai konntens schonmal besser… bis jetzt. 😉
PS: Ein dickes Lob und damit den Zusatzpunkt zur 8 bekommt die CD Hülle+Artwork. Wirklich schön.
"Mr. Beast" ist ein nettes Album geworden, das aber im direkten vergleich zu den vorigen MOGWAI-Alben hinterherhinkt. Die Songs weisen wenig Spannung auf, sondern schürfen durch das gesamte Album nur so dahin. Klar sind MOGWAI schon immer entspannt gewesen, haben dabei aber stets ein gewisses Maß an Spielfreude und interessanten Arrangements bewahrt (was ich als unbedingt notwendig in diesem Genre finde). Leider wirkt "Mr. Beast" an manchen Stellen so, als wenn deutlich die Luft raus wäre und die Band deshalb angefangen hat aus Hilflosigkeit (mit elektronischen Spielereien) zu experimentieren. "Mr. Beast" ist keineswegs ein schlechtes Album geworden, von den früheren Glanztaten MOGWAIs qualitativ jedoch eine ganze Ecke entfernt.
Also einen Hit hat es: Friend of the Night ! Ich finde das beste Mogwai-Lied überhaupt ! Daher 9 Punkte.