Counterparts
Bart Simpson mit cooleren Haaren! - Interview mit Sänger Brendan Murphy zu "Tragedy Will Find Us"
Interview
2007 begann die Geschichte der kanadischen Melodic-Hardcore-Band COUNTERPARTS, ein Großteil der Band drückte damals noch die Schulbank. Jesse Doreen und Brendan Murphy spielten gemeinsam mit anderen Freunden in einer Band, damals beide an der Gitarre. Richtig in Fahrt kam die Sache erst, als Brendan zum Gesang wechselte, einige neue Musiker wurden rekrutiert und COUNTERPARTS waren geboren.
Vor kurzem veröffentlichten die Kanadier mit „Tragedy Will Find Us“ ihr viertes Album. „Ein Metalcore Album, welches eigentlich Anfang 2000 über Trustkill oder Ferret hätte erscheinen müssen“ gibt Sänger Brendan als Beschreibung an. COUNTERPARTS befassen sich von jeher mit persönlichen Problemen, inneren Kämpfen und der Konfrontation mit Angst und Unsicherheiten. Besonders für Sänger Brendan wäre es deutlich einfacher, wenn er dafür auf fiktionale Geschichten zurückgreifen könnte. Da die Texte, die er für COUNTERPARTS schreibt, zu 100% echt sind und auf wahren Begebenheiten beruhen, durchlebt er seine stillsten Stunden bei jedem Auftritt neu:“ Ich wünschte, dieses Album wäre Bullshit und erfunden, das würde es mich für mich emotional sehr viel einfacher machen. Es sollte eigentlich nicht so schwer sein, darüber zu sprechen, wie man sich fühlt “ Den Zuschauer freut es, denn er erlebt echte Emotionen, kann sich mit den Songs identifizieren.
Zum Schreiben der Arrangements haben sich COUNTERPARTS einen langen Vorlauf gegönnt. Von 2013, gleich nach der Fertigstellung des Vorgänger-Albums „The Difference Between Hell and Home“, bis zu den Aufnahmen mit Will Putney in Bellewille, wurde an den Songs für „Tragedy Will Find Us“ gefeilt. Kaum zu glauben, dass die Texte mit dieser Intensität dann tatsächlich erst während der Studioaufnahmen beigesteuert wurden. Die trickreichen Songs, verfeinert mit massigen Stop-and-Go-Passagen werden in der Regel von Brendan intuitiv besungen. Keine leichte Aufgabe: „Die Texte schreiben ich immer erst, wenn die Musik fertig ist. Ich kann dann nicht mehr großartig improvisieren, sondern hoffen, dass die Worte irgendwie zu der Musik passen.“
Schreien, aus der Not heraus
Dass Brendan sich dabei die Seele aus dem Leib schreit, ist den Inhalten geschuldet, hat aber auch andere Gründe. Wünscht sich der COUNTERPARTS-Sänger manchmal heimlich, wirklich singen zu können? „Oh ja, ich wünschte, ich wäre deutlich besser darin, das ist auf jeden Fall schreien, was ich mache. Für mich hat es eben den Vorteil, dass ich nicht darauf achten muss, einen bestimmten Ton zu treffen. Ich wünschte, ich könnte so singen, wie ich brüllen kann. Dann hätte ich schon ein R’n’B-Solo-Projekt. Ich liebe Geld.“
Aufgrund der musikalischen Komplexität, gehen COUNTERPARTS besonders live auch keine Risiken ein. Bevor es ein Song in das Live-Set der Band schafft, stehen einige gemeinsame Proben an. Erst wenn die Band sich ihrer Tightness absolut sicher ist, darf der Song live gespielt werden: „Wir spielen die neuen Songs lieber gar nicht, als dass wir sie scheiße spielen, weißt du?“ fasst Brendan zusammen. Die Spontaneität im Songwriting scheint dem Album aber generell gut getan zu haben, denn COUNTERPARTS haben eines ihrer selbst gesteckten Ziele problemlos erreicht: „Es ist für uns sehr wichtig, dass eine Platte flutscht und als Gesamtergebnis überzeugt. Deshalb sind wir immer wieder während den Aufnahmen einen Schritt zurückgetreten, um sicher zu sein, dass es wirklich rund läuft und jeder Song in den anderen übergeht, sodass eine Einheit entsteht. Das ist uns enorm wichtig.“ gibt Sänger Brendan Einblicke in die Prioritäten der Kanadier. Klingt anstrengend, da glänzt zumindest das Artwork von „Tragedy Will Find Us“ mit Schlichtheit, was von COUNTERPARTS auch genauso beabsichtigt war.
Die musikalische Reise des Sängers ist als klassisch zu beschreiben. Angefangen mit Punk Rock, Rap und Hardcore, zog es ihn irgendwann zu SLIPKNOT und MARILYN MANSON hin, bis er schließlich sicher bei Hardcore und Metalcore landete. „In diesem Jahr haben mich besonders BETTER OFF und BLISTERED begeistert. Hört euch die mal an, echt gute Jungs. Musik habe ich schon immer dazu benutzt, um meine Stimmung zu beeinflussen. Wenn ich mich miserabel fühlt, dann lege ich gerade deshalb etwas Leichtes und Poppiges auf.“ Wäre diese Vorgehensweise duplizierbar, müssten die Fans von COUNTERPARTS allesamt gut gelaunte Dauergrinser sein.
Die Fanschar in Deutschland ist noch dazu anerkennend gestiegen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Kanadier wirklich verhältnismäßig oft hier Stopp machen und Deutschland auch als wichtigen Ort für die Band bezeichnen: „Von Anfang an, gab es hier Leute, die sich um uns scherten und uns unterstützt haben. Das ist sehr wichtig für uns.“ Die schweißtreibenden Shows sind wirklich sehr zu empfehlen, noch spielen COUNTERPARTS kleine, aber feine Gigs, die stets von leidenschaftlichen Fans gut besucht sind und bei der Band und Fans gleichermaßen engagiert feiern.
Sänger Brendan sucht Kontakt zu den Fans oder versucht es zumindest: „Bei einer Show in Connecticut bin ich vor einigen Wochen von der Bühne gefallen. Mein Fuß blieb in irgendeinem Loch hängen, als ich gerade versuchte, euphorisch in die Absperrung zu springen, um einem Typ das Mikro zu reichen. Das war echt urkomisch. Mir ging es zwar gut, ich war nur ein bisschen gequetscht, aber das war das Lustigste, was bis jetzt bei einem COUNTERPARTS-Auftritt passiert ist.“ Wenn aus dem Künstler dann ein Konzertgänger wird, lässt er es je nach Band aber auch mal ruhiger angehen: „Aber als wir für MISERY SIGNALS eröffnet haben, konnte mich danach nichts und niemand davon abhalten, im Pit zu wüten!“
Auf den Alkohol – den Ursprung und die Lösung sämtlicher Lebensprobleme!
(The Simpson, Staffel 8: Episode 18: Der mysteriöse Bierbaron)
„Tragedy Will Find Us“ stand schon deutlich vor der Veröffentlichung im Netz zum Streaming zur Verfügung. Und das nicht aufgrunds von Leaks, sondern von COUNTERPARTS vollkommen beabsichtigt: „Ich war schon immer ein großer Befürworter von Downloads und Streaming. Mir gefällt der Gedanken, den Leuten die Musik auf dem einfachsten möglichen Weg zukommen zu lassen.“
Bleibt noch eine wichtig Frage offen – was zur Hölle hat Kirk Van Houten auf den Shirts von COUNTERPARTS zu suchen? Für alle, die es nicht wissen: Kirk Van Houten ist der Vater von Milhouse, dem besten Freund von Bart, dem aufmüpfigen, gelben Skater aus der amerikanischen Kult-Serie „The Simpsons“. „Wir haben ihn ausgesucht, weil er ganz offensichtlich an miserablem Herzschmerz leidet, nachdem ihn seine Frau verlassen hat. Er hat es nicht verdient, der Arsch zu sein.“ Gut, das und die Tatsache, dass die Serie seit 1989 läuft und sicher 99,9% der Leser jetzt nicht wussten, wer Kirk Van Houten ist, sind beide etwas tragisch und passen also zum aktuellen Albumtitel. Stellt sich gleich die nächste Frage, nämlich welche Figur aus „The Simpsons“, wäre dann wohl der COUNTERPARTS-Sänger Brendan Murphy? „Bart mit cooleren Haaren. Verdammte Scheiße, ich bin es eigentlich schon“. Hiermit bestätigt und auch die abschließenden Ziele für die Band, könnten von Bart kommen: „Ich hoffe, wir machen bald genug Geld, dass ich mir einen Spoiler für meine Honda Civic kaufen kann.“ Metal.de drückt die Daumen und wünscht gute, sichere Fahrt.
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