Black Space Riders
Interview zu "Refugeeum"

Interview

Black Space Riders

Die BLACK SPACE RIDERS beschäftigen sich mit ihrem vierten Album „Refugeeum“ inhaltlich mit dem aktuellen ernsten Thema Flucht und Vertreibung. Angesichts mal wieder brennender Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland, im Mittelmeer sterbender Menschen und dem unendlich scheinenden Strom an Flüchtlingen gibt es momentan sicherlich angenehmere Dinge, mit welchen man sich als Space-, Psychedelic- und Stoner-Rock-Band auseinandersetzen kann. Auch musikalisch ist das neue Album mehr als gelungen und präsentiert die Münsteraner noch ein wenig gereifter und ausdrucksstärker. Rede und Antwort standen JE (Gesang, Gitarre) und SEB (Gesang).

Black Space Riders

Wie sind die bisherigen Reaktionen auf euer neues Album „Refugeeum“?

JE: Sehr gut! Der große Schwung an Reaktionen steht ja noch aus. Was uns bisher erreicht hat, ist überaus positiv. Bei Euch auf metal.de angefangen, über viele Zeitschriften (sogar 2x „Album des Monats“ und Webzines in aller Welt. Aber – nimm es mir nicht übel – fast noch wichtiger ist natürlich, dass wir erst einmal selbst zufrieden mit dem Album sind und dass unsere Fans da möglichst auch mitgehen. Die Leute, die es bisher gehört haben, finden es super. Ich glaube allerdings, dass das Album den ein oder anderen auch überfordern oder nicht erreichen wird.

Ihr beschäftigt euch inhaltlich auf dem Album mit den Themen Flucht und Vertreibung, Eindrücke in der Fremde, Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Bitte gehe näher auf das Konzept des Albums ein und erläutere uns, wie es zu der Auseinandersetzung mit diesen Themen kam!

SEB: Da gibt es aus meiner Sicht mehrere Momente oder Begebenheiten, die so etwas wie eine Initialzündung dafür gewesen sein könnten. Zum einen ist das Thema „Flucht & Vertreibung“ schon seit jeher Bestandteil vieler Texte; auf „D:REI“ war es sogar Kernthema des ganzen Albums. Dazu kamen aber in 2014 die Entwicklungen in Nord-/Westafrika und im Nahen Osten, worüber wir auch – meist vor Beginn der Proben – miteinander gesprochen und böses kommen gesehen haben. In dieser Zeit äußerte unser Drummer C.RIP einmal den Wunsch, in den Texten für das kommende Album auch politischer zu werden, Stellung zu beziehen.

Als JE und ich uns dann im Dezember zusammensetzten, um die Texte und das Konzept zu erarbeiten, schwebte uns zuerst noch ein etwas weiter gefächerter Rahmen für das neue Album vor. Aber nach weniger als einem Glas Whisky und einer Zigarette und einem weiteren ausführlichen Gedankenaustausch war klar, den Wunsch von C.RIP erinnernd und an das aktuelle Geschehen denkend,  dass die BLACK SPACE RIDERS dieses Mal konkret die Dinge auf unserem Planeten ansprechen werden – und zwar direkt und Stellung beziehend.

Wie ist eure Meinung zur Flüchtlingspolitik der EU und Deutschland? Was müsste man ändern?

JE: Welche Flüchtlingspolitik bitte? Die Politik des Weg-Sehens?

SEB: Die Flüchtlingspolitik der EU und somit auch Deutschlands besteht ja größtenteils aus Abschottung, Abschreckung und Ablehnung. Ist etwas polemisch, ich weiß, aber einen konstruktiven Ansatz einer konzeptionellen und finanziellen Unterstützung der Gemeinden und Städten sehe ich nicht. Möglicherweise ist es zu kompliziert, zu aufwändig und lässt sich nicht so einfach „gegenfinanzieren“ (Entschuldigung: Sarkasmus). Mir ist schon klar, dass man hier, im finanziell privilegierten Europa, nicht alle Einwohner der anderen Kontinente und auch Osteuropas, die vor Krieg fliehen oder Hunger leiden, aufnehmen kann. Aber ich kann ein „Haltet die Stellung so lange es geht!“ als Grundsatz der Flüchtlingspolitik nicht akzeptieren. Mit dem Reichtum, den wir hier haben, könnte vielen kurz- und mittelfristig geholfen werden. Wer sagt, es sei kein Geld (mehr) da, schaue bitte auf die hiesigen Finanzmärkte.

Pegida – Haufen rechter Spinner oder verängstigte Bürger?

JE: Einige rechte Hochintelligente, die sich als verängstigte Bürger ausgeben, um tatsächlich verängstigte Bürger hinter sich zu versammeln und diese weiter zu verängstigen. Klar kann man Verständnis dafür haben, dass unsere Bürger vielleicht Angst vor Überfremdung, Angst vor dem Teilen usw. haben. Aber MUSS man nicht noch mehr Verständnis dafür haben, dass Leute schlichtweg überleben wollen und in Ihrem Leid ein neues Zuhause suchen? Wo ist da bitte die Verhältnismäßigkeit, wo ist das Mitgefühl? Ich bin allerdings stolz darauf, dass die PEGIDA in meiner Heimatstadt Münster und anderen Städten wie z.B. Köln NICHT funktioniert hat, weil sich ganz normale Leute mit Weitblick und Verstand mutig dagegen positioniert haben. Ich hoffe, dass sich das überall so dreht!

SEB: Was sich unter dem euphemistischen Deckmäntelchen des „verängstigten Bürgers“ an Ressentiments, Besitzangst und offenem Rassismus zusammenbraut, auf den Straßen, in der Kneipe oder im Internet, ist zutiefst abstoßend. Möglicherweise tue ich jemandem, der sich ebenfalls von der Politik allein gelassen fühlt und sich fragt, was werden soll, ein wenig Unrecht. Die erste PEGIDA-Demonstration, an der er dann teilnimmt, kann ich ihm auch noch nachsehen. Aber mit jeder weiteren Teilnahme hätte sich das dann für mich auch erledigt, denn „Wir sind das Volk! “ brüllt man nicht (mit), wenn man an oberster Stelle Empathie für die betroffenen Flüchtlinge empfindet.

Worin siehst du die Unterschiede zwischen „Refugeeum“ und euren vorherigen Alben?

JE: „Refugeeum“ hat der Schwere und Wucht der Vorgängeralben mehr Offenheit und sogar Verletzlichkeit hinzugefügt. Die Atmosphäre rückt noch weiter nach vorne, die Grooves sind sehr dominant, die Produktion ist noch klarer und transparenter. Und das inhaltliche Konzept ist diesmal aus gegebenem Anlass sehr irdisch und aktuell.

SEB: Ich habe das Gefühl, dass wir mit der Wucht und Schwere von „D:REI“ alles an Eingrenzungen oder Stil-Schubladen einfach weggesprengt haben und danach freier und offener als je zuvor waren. Musikalisch äußert sich das vielleicht darin, dass das genreübergreifende Element, welches auf „D:REI“ in der Abfolge der einzelnen Lieder wiederzufinden war, nunmehr auf „Refugeeum“ in den Liedern selbst zum Vorschein kommt. Komprimierter, und trotzdem freier. Komisch eigentlich ….

Was stand am Anfang des Albums: Das thematische Konzept, einfach nur neue Musik – womit habt Ihr bei „Refugeeum“ angefangen?

JE: Erst kam die Musik, dann das Konzept….

SEB: Am Anfang war das Riff (1. Buch Iommi, 1,1).

Was könnt ihr uns über die Albumaufnahmen erzählen?

JE: Wir waren wieder in der Tonmeisterei in Oldenburg und haben bei unserem Engineer, Produzenten und Freund Role Wiegner aufgenommen. Das Songwriting und die Arrangements waren schon fertig, als wir ins Studio gingen. Wir haben im Vorfeld viel darüber gesprochen, dass wir diesmal unseren fetten Heavy-Sound um diese offene, klare Komponente ergänzen wollen und uns Gedanken über z. B. die passenden Verstärker und Mikrophonierung gemacht. Wir nehmen grundsätzlich live auf! Alle Mann, alle Amps plus Drumset in einem Raum! Der Gesang und – falls erforderlich – manchmal noch zusätzliche Klangfarben kommen dann nachher oben drauf.

Vor einigen Jahren hatten sich THIN LIZZY in BLACK STAR RIDERS umbenannt. Hat euch das damals geärgert?

JE: Naja, irritiert höchstens. Ich fand es nur befremdlich, als ich deren erstes Logo (BSR + Stern sah), was vom Layout her frappierend an unser erstes Logo erinnerte. Aber … Koinzidenz der Ereignisse! Ich hab die damals angeschrieben, nach dem Motto: „Ich bin seit meiner Jugend Fan, schön, dass es Euch gibt, uns gibt es auch schon länger, Euer Name ist ganz ähnlich wie unserer… und es gibt genug Platz für zwei schwarze Reiter auf dieser Welt“…. Da kam nie eine Antwort…. Wahrscheinlich haben die das direkt an Ihre Rechtsabteilung weitergeleitet zur Klärung eventueller Copyrightverletzungen. HARHAR

Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?

JE: Jetzt gibt es erst mal fünf Release-Shows im Herbst. Wir werden den Rückenwind des neuen Albums nutzen und weitere, hoffentlich auch größere Shows buchen. Dann wird noch eine Art Fortsetzung im nächsten Frühjahr erscheinen. Eine EP, ein Mini-Album mit weiteren Songs, die wir für „Refugeeum“ aufgenommen, aber bewusst zurückgehalten haben. Andere, farbenfrohe Stücke, die für unsere Fans wahrscheinlich noch unerwarteter klingen

25.07.2015

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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