Lamb Of God - VII: Sturm Und Drang

Review

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Es hat sicherlich seine Gründe, dass „VII: Sturm und Drang“, Album Nummer sieben aus dem Hause LAMB OF GOD, einer der größten und einflussreichsten US-amerikanischen Metal-Bands der Nullerjahre, seine Einordnung in den Albenzyklus der Band in römischen Ziffern im Namen trägt. Nicht nur sind seit dem Vorgänger „Resolution“ mittlerweile über drei Jahre ins Land gegangen, lange Zeit stand zudem nicht fest, ob es das Album überhaupt jemals geben würde, ja ob LAMB OF GOD in jener seit 1999 unveränderten Besetzung weiter existieren könnten. „VII: Sturm und Drang“ ist auch eine Wiedergeburt nach einer durchstandenen Zerreißprobe, namentlich der Inhaftierung wegen Körperverletzung mit Todesfolge von Sänger Randy Blythe in Tschechien im Jahre 2012. Zu diesem Vorfall ist alles geschrieben worden, aber dass etliche gezahlte Kautionen und fehlende Einnahmen aufgrund ausbleibender Shows LAMB OF GOD zwischenzeitlich an den Rand der Existenz brachten und das Randy Blythe das Gefängnis als veränderter Mensch verlassen hat, das schlägt sich lyrisch und musikalisch in jedem Song auf „VII: Sturm und Drang“ nieder. Ob Blythe in den vielen einsamen Haftstunden übrigens bevorzugt Goethe gelesen hat, darüber kann man nur mutmaßen.

Dass er seine Erfahrungen aber textlich verarbeiten würde, daran zweifelte wohl kaum jemand. Bereits die beiden Vorabsongs „Still Echoes“ und „512“ thematisieren die Gefangenensituation explizit. Letzterer ist nach Blythes Zellennummer benannt und startet mit der düsteren Vision von „six bars laid across the sky“. „Still Echoes“ geht düsteren Gedanken über eine Guillotine nach, die laut dem Sänger im Vorraum des Gefängnisses stand und während des Zweiten Weltkrieges den Nazis als schnelle und saubere Exekutionsmaschine diente. Beide Songs überzeugen auf ganzer Linie, „Still Echoes“ durch eine Aggressivität und Intensität, die an das Referenzwerk „Ashes Of The Wake“ erinnert, und „512“ durch Midtempo-Härte und einen Refrain, den ich jetzt schon zum großen Live-Bringer ausrufe. Beide Songs beweisen zudem einmal mehr, dass Randy Blythe in der nicht gerade für lyrische Höchstleistungen bekannten NWoAHM-Szene ein verdammter Lichtblick ist.

Aber „VII: Sturm und Drang“ wird durch diese beiden Vorboten nur sehr bedingt repräsentiert. Zwischen „Still Echoes“ und „512“ gibt es mit „Erase This“ noch einen groovig-melodischen und damit recht konventionellen Klopper – und dann gibt es „Ember“, auf dem niemand Geringerer als Chino Moreno von den DEFTONES mitsingen darf. Moreno kann schreien, und die meisten hätten genau das wohl von ihm auf einem LAMB-OF-GOD-Album erwartet. Aber Moreno singt und annektiert den Song mit dem ersten Ton. Spannend und unerwartet ist das. Schlüssig wirkt der Song damit als Ganzes aber irgendwie nicht. Mit „Footprints“ ist dann erstmal wieder alles im grünen Bereich für den Puristen. „Jesus Christ you make me sick!“ und die über jeden Zweifel erhabene Adler-Adler-Morton-Campbell-Fraktion regelt.

Den nächsten Schock hält „Overlord“ bereit. Randy Blythe singt. Mit Stimme und Melodie. Mark Morton zufolge war der Mann Feuer und Flamme für die Idee sobald er den Song hörte. Er hätte es lassen sollen, denn nun klingt „Overlord“ bis auf den Endpart wie einer der üblen HELLYEAH-Southerner, die so gerne nach DOWN klingen würden. Bitte nie wieder.

„Anthropoid“ ist wieder LAMB-OF-GOD-Kost, wie man sie kennt und sie jederzeit runtergeht, noch etwas besser flutscht „Delusion Pandemic“ mit seinen SLAYER-Anleihen. Befremdlich wirkt hingegen „Engage The Fear Machine“, dessen Riffs klingen, als stammten sie aus den „The Dead Eye“-Sessions von THE HAUNTED. Der Song ist die vielleicht stärkste Ausprägung der deutlich erhöhten Melodic-Death-Metal-Anteile auf „VII: Sturm und Drang“. „Torches“ hat zuletzt etwas von „King Me 2.0“. Statt sphärischen Frauengesangs gibt es diesmal Greg Puciato von THE DILLINGER ESCAPE PLAN. Der hält sich allerdings zurück, sodass „Torches“ ingesamt deutlich besser funktioniert als „Ember“. Besonders zum Ende hin macht die progressivere Ausrichtung dieses Groove-Monsters sogar richtig Spaß.

LAMB OF GODs siebter Streich hinterlässt mich zwiegespalten. Einerseits begrüße ich die deutlich gesteigerte Experimentierfreudigkeit sehr, da gerade „Wrath“ und „Resolution“ erste Stagnationserscheinungen zeigten, andererseits hat man es mit einem Songs wie „Engage The Fear Machine“ und „Overlord“ diesmal stellenweise zu weit getrieben. Am Ende stehen allerdings immer noch vier großartige, zwei sehr solide und zwei spannende, aber streitbare Songs. Man kann hier auf hohem Niveau meckern. Man kann sich aber auch einfach nur freuen, dass diese Konstante des modernen Metal weiter besteht, weiter liefert und weiterhin rund um den Globus Bühnen abreißt.

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17.07.2015

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