PhallaX - Relics Of Harmony

Review

In den Achtzigern war das schwäbische Mutlangen ein wichtiges Zentrum der Friedensbewegung, die hier gegen die auf der nahen US-Basis stationierten Pershing-II-Raketen und deren nukleare Sprengköpfe protestierte. Da scheint es nur konsequent, dass sich auch die aus dem Ort stammende Power-Metal-Truppe PHALLAX nicht vor politischen Themen verschließt.

Moralisches Zeigefinger-Wedeln braucht indes niemand befürchten, denn bei den meisten Stücken handelt es sich eher um muntere, partytaugliche Power-Metal-Hymnen der amerikanischen Schule, die immer wieder an die besten Momente von BLACK ABYSS erinnern. Dabei sorgt insbesondere das forsche, erdige Auftreten für amtliche Durchschlagskraft. Das scheinbar – und korrigiert mich hier bitte, wenn ich damit falsch liegen sollte, Jungs – einem berühmten Wikinger-Skalden der Gegenwart gewidmete „Jorn“ kann hierfür als exemplarisch angesehen werden: Der Text ist ziemlicher Nonsense, dafür handelt es sich musikalisch um eine extrem geile Ohrwurm-Hymne, die man auf Anhieb mitsingen möchte.

Die oben angesprochene politische – oder sagen wir besser: gesellschaftskritische – Komponente findet sich dagegen im unmittelbar anschließenden und nicht minder starken „Brainwashed & Blind“. Überhaupt demonstrieren PHALLAX die meiste Zeit über ihr gutes Händchen für eingängige, aber nicht zu platte Melodien und mitreißende Arrangements. Gerade das zweite politische Stück („The Pharao’s Speech“) kann dabei hingegen nicht so recht mithalten und kommt sowohl lyrisch als auch musikalisch etwas arg plump daher. Andererseits passt es aber gerade dadurch hervorragend zur Nullwort-Rhetorik und Arbeitsverweigerungs-Politik unserer aktuellen politischen Führungsriege, die es als ausgestreckter musikalischer Stinkefinger wenig subtil aufs Korn nimmt.

Prompt folgt als harter Kontrast wieder ein Stück, das dem Zuhörer seinen Nonsense-Charakter bereits mit dem Titel entgegenschreit – „Trollinger“! Selbst als bekennender Schwabe ist es kaum vorstellbar, dass PHALLAX ausgerechnet dieser Weinsorte eine Lobeshymne widmen. In Wirklichkeit wird hier aber unter textlicher Bezugnahme auf das vorangegangene „The Pharao’s Speech“ der kreative Schaffensprozess der Jungs reflektiert. Ohne euch hier zu nahe treten zu wollen, Jungs: Angesichts der Texte nimmt man euch den besonderen Stellenwert von rotem Wein und rauchbarem Grünzeug nur allzu gerne ab.

Der hohe Qualitätsstandard im Hause PHALLAX zeigt sich nicht zuletzt darin, dass praktisch alle Songs flott nach vorne gehen und Druck machen, ohne dass dabei echte Langeweile aufkommt. Für düster-atmosphärische Abwechslung sorgen lediglich die Strophen von „Irresponsible“. Schade, dass das Stück damit im Refrain direkt wieder bricht und somit sein Potential nicht voll entfalten kann. Darüber hinaus können sich einige der Stücke nicht dauerhaft im Gedächtnis verankern, was aber den positiven Gesamteindruck dieser starken Scheibe kaum stören kann. Die Unbekümmertheit und Spielfreude der Band machen auch bei wiederholten Hördurchgängen einfach Spaß, selbst wenn an manchen Stellen noch der letzte Schliff fehlen mag.

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17.04.2015

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