The Haunted
Das dreschende Personalkarussel: Patrik Jensen über Neuerungen und Mitgliederanwerbung!
Interview
THE HAUNTED haben mit 2012 eine sehr bewegte Zeit hinter sich. Auf dem SUMMER BREEZE konnten wir mit dem sympathischen Gründer und Gitarristen der Band Patrik Jensen sprechen, der sehr offen und gelassen auf all unsere Fragen über diese schwierigen Zeiten einging. Auch viele neue Hintergründe zum bereits erschienenen „Exit Wounds“ werden erläutert, vor allem auch, wie sich das aktuelle Line-Up zusammengesetzt hat!
Am 25. August kommt eure achte Scheibe Platte raus . Was können wir uns von „Exit Wounds“ erwarten? Wird es eher ein „Back to the roots“-Ding oder eine nüchterne Weiterentwicklung desssen, was mal war?
Ich weiß nicht, wie ich das Album beschreiben soll, weil wir mit THE HAUNTED jedes Album mit allen fünf Mitglieder zusammen geschrieben haben. Viele Bands haben nur einen, der das Album schreibt, vielleicht auch zwei und ganz selten drei, aber es ist eher weniger der Fall, dass fünf Leute involviert sind. Wir teilen alles untereinander auf – immer! So ist niemand dazu gezwungen, sich so zu fühlen, wie „Das Riff muss jetzt auf diesen und jenen Song drauf, damit ich mehr Gagen für die Veröffentlichung bekomme!“. Die Arbeit zu den Alben war immer so, dass mal ein bisschen mehr von mir drauf ist, das andere Mal wieder ein bisschen weniger von mir, dafür vom anderen wieder ein bisschen mehr.“ Bei diesem Album also ist es so, wie mit jedem anderen. Wir wussten nicht, wie es klingen wird, also haben wir einfach mit dem Songwriting angefangen und das kam dabei raus. Plus, wohnen in unterschiedlichen Städten, ja sogar Ländern. Adrian lebt, seit er bei CRADLE OF FILTH eingestiegen ist, in London. Aber ich konnte ihm beispielsweise ein heftiges Riff mailen von dem ich dachte, dass es einen starken Drumpart gebrauchen könnte. Er kam dazu mit einem Two Stroke á la „ducka ducka ducka“ zurück, oder aber ich hatte zwei oder drei Riffs zusammen, von denen ich dachte, dass sie vielleicht nicht so eine gute Idee sein könnten, aber ich schick den anderen Jungs trotzdem mal alles zu, um zu sehen, was die so sagen. Marco macht dann ein paar sehr coole Sachen mit den Vocals, während Ola was Geiles mit den Harmonien anstellt. Ich weiß nicht, ob es jetzt „back to the roots“ ist, es ist, was es ist. Wir haben den Schlagzeuger unseres ersten Albums wieder, den Sänger von den Alben zwei und drei und dann sind da noch Jonas und ich, die auf allen vertreten Alben sind. Ich glaube, wir tun das hier mit einer Menge Enthusiasmus, das hier ist eine glückliche Truppe und wir haben alle sehr viel Spaß. Ich finde, viele Debüt-Alben klingen so happy, weil die Bands noch hungrig sind, und das scheint eben durch. Von dem her würde ich nicht sagen, es wäre durchaus „back to the roots“. Das ist eben diese Band im Hier und Jetzt.
2012 gab es ja einen großen Split: Wie kam es dazu, dass ihr euren Ex-Sänger Marco Aro wieder ins Boot geholt habt?
Es begann so: Peter hat die Band im Febraur 2012 verlassen, und wir vier anderen wollten weiter machen. Wir haben unseren Stammproduzenten Tue Madsen gefragt, ob er von einigen unserer Songs , die auf den Alben sind, die Vocals runter nehmen kann. Wir haben sie dann zum Download zur Verfügung gestellt und die Leute konnten ihre eigenen Vocals drauf basteln und sie zu uns zurück senden. So konnten wir mal hören, wie sie sonst klingen würden. Da war aber leider kein Sänger dabei, der zu dem gepasst hat, was wir machen wollten. Im August desselben Jahres hat Anders wohl aus Frustration die Band verlassen und eine Woche später dann Schlagzeuger Per. Also waren nur noch Jonas und ich übrig. Wir waren immer die Typen in der Band, die total im Metal drin waren und Themen hatten wie „Hast du schon die neue SAXON gehört?“ oder „Warst Du gestern Nacht da, und hast BEHEMOTH gesehen?“ Wir haben immerhin ein paar gute Alben hinterlassen und wir hatten einfach nicht das Gefühl, dass es mit der Band vorbei war. Trotzdem wollten wir die Sache mal einen Monat ruhen lassen. Es wurde nicht viel drüber geredet, wir haben es einfach bleiben lassen. Ich bin Gitarrist und Gitarren-Nerd, also ging ich im Netz auf Youtube, sah Gitarristen, Gitarrenamps und alles mögliche. Und dann war da dieser Typ, ein blonder Schwede, der auf ungefähr jedem Clip zu sehen war. In Deutschland ist er aber geblockt.
Wegen der GEMA?
Yeah!
Covert er Songs?
Er spielt alles mögliche, auch eigene Songs! Wahrscheinlich wisst ihr hier nicht viel über ihn. Trotzdem: Der Mann hat gut 24 Millionen Views. Ich fand ihn sofort klasse. Deshalb habe ich ihn angeschrieben. Das ging dann eine Weile hin und her. Auch Jonas fand ihn gleich toll, als ich ihm seine Links gezeigt habe. Also hab ich mal vorsichtig vorgefühlt, ob er vielleicht bei uns als Gitarrist einsteigen möchte. Ich schrieb ihm also, dass wir einen neuen Gitarristen suchen. Beim Gespräch kam heraus, dass er auf jedem THE HAUNTED-Gig war – und er war interessiert. Das war der erste Schritt, der den Stein ins Rollen brachte.
Dann hieß es, einen Sänger finden… Jonas und ich haben irgendwann mal THE RESISTANCE gehört. Da meinte Jonas, dass Marco auf der Platte genauso gut sang wie damals auf den beiden THE HAUNTED-Alben. Ich fand sogar, dass er inzwischen sogar noch viel besser singt. Ihn zu fragen war für uns keine große Sache. Er ist ein guter Kerl, die Fans kennen ihn bereits, er kennt THE HAUNTED Songs, und er wurde nach dem THE RESISTANCE Album wohl ääääähmmmm….. „gebissen“. Es hat ihm wieder richtig Spaß gemacht. Also hat er direkt ja gesagt. Das ist die Geschichte wie wir Marco zurück bekommen haben.
Ich habe diese Band damals mit Adrian aufgebaut! Meine erste Band SEANCE tourte mit AT THE GATES, diese ist aber bereits nach zwei Tagen geplatzt. Aber ich habe mit Adrian Freundschaft schließen können und ich bin dann sogar nur nach Göteborg gezogen, nur um mit ihm eine Band zu gründen. Aber er war erst noch anderweitig mit einer Tour beschäftigt, also passierte für sechs Monate erst mal gar nichts. Bis er mich dann eines Tages mal anrief und sagte, dass sich „AT THE GATES gerade aufgelöst haben. Wir probten noch am folgenden Tag! Jedenfalls, als wir Marco zurück hatten, hatten wir bereits ein Ex-Member zurück – weil wir hatten ja mit Dolving angefangen, der auf dem ersten Album war, die Band verlassen hat und wieder zurück kam. Wir waren uns zwischenzeitlich nicht sicher, ob wir das schaffen können. Aber als wir Marco wieder hatten, war uns klar, dass wir auch Adrian wieder dabei haben mussten. Wir sind immer in Kontakt geblieben. Er war zu dem Zeitpunkt gerade auf Amerika-Tour mit PARADISE LOST, in Buenos Aires oder so. Als ich ihn gefragt habe, ob er wieder in der Band mitspielen will, hat er vor Freude geschrien! Das ist also die Geschichte, wie das alles zu Stande kam. Sorry für die lange Antwort! (lacht)
Ist voll OK, das ist super! Ich kann mir vorstellen, dass diese Zeit mehr als beschissen für euch war. Wie war das Klima zwischen euch und dem Label? Hattet ihr da den nötigen Rückhalt?
Es sind sehr nette Leute, und das sage ich nicht nur, weil ich bei diesem Label bin. Ich war schon bei vielen, aber ich mag sie – grundsätzlich, und auch als Freunde. Manchmal fragt man sich schon, ob sie wohl Zweifel hatten. Schließlich waren nur noch Jonas und ich übrig, aber sie haben keinen Druck gemacht oder irgendwas Vergleichbares in dieser Richtung. . Sie wollten nur auf dem Laufenden gehalten werden. Kein Problem also. Als ich CENTURY MEDIA darüber informiert hatte und sagte, dass wir dieses Line-Up haben, sagten sie nur: „OK, let´s go!“
Wie ist euer Verhältnis zu den Ex-Musikern von THE HAUNTED heute? Haben sich die Wogen wieder etwas geglättet, oder habt ihr noch Schwierigkeiten miteinander?
Ich weiß nicht, ob es irgendwelche Probleme gibt. Wir sprechen zwar nicht mehr viel miteinander, aber wir sind immer noch Freunde, so weit ich weiß.
Ich frage nämlich wegen dieses offenen Briefs auf Facebook. Stichwort „Die schmutzige Wäsche“…
Sieh es aus dieser Warte: Egal, ob du einen männlichen oder weiblichen Lebenspartner hast. Aber wenn du eine Beziehung von dreizehn Jahren hattest und diese auseinander geht, kommen Gefühle hoch. Richtig oder falsch, aber es wird sie geben. Und ich sage nicht, dass sie nicht wichtig sind, weil sie da sind und an dem Gegenüber auch irgendwo ankommen müssen. Das ist, wie ich das sehe. Peter hat uns als Freunde von Facebook entfernt, also habe ich das so genau gar nicht mitbekommen, ich habe lediglich gehört, dass er sich Luft gemacht hat.
Habt ihr irgendwelche Konsequenzen aus diesem Clinch gezogen? Gibt es etwas, das ihr in Zukunft ändern wollt, oder gibt es etwas, das ihr bereits geändert habt? Ich denke, wenn etwas in die Brüche geht, ist wohl etwas schief gelaufen, wurde etwas falsch aufgefasst oder vielleicht missverstanden.
Es gibt eine Menge Probleme in jeder Art von Gruppen. Wenn du in der Schule bist, in der Familie oder in der Arbeit, da gibt es immer verschiedenste Dynamiken. Ich denke, wir hatten zwei Alben mit diesem Line-Up, und wir waren 13 Jahre lang professionelle Musiker. Aber: Du brauchst was zum Essen auf dem Tisch und du musst deine Miete bezahlen. Und wenn du in deine Arbeit viel Seele und Emotion reinsteckst, es damit aber nicht geschafft hast, erzeugt das eben Spannungen. Ich denke, das trägt dazu bei, dass Menschen sich dann unwohl fühlen. Ich liebe all die Alben, die wir gemacht haben. Was das angeht, ist eine Band wie BLACK SABBATH, oder was auch immer, echt interessant. Du siehst die Entwicklung, vielleicht war ein Album auch crazy, als es heraus kam. Hast du dir BLACK SABBATH jemals angehört?
Ja, die 13 ist einfach super!
Ja! Und „Technical Extasy“! Hast du dir die angehört?! Das ist zwar ein ganz anderes Ding, aber es ist immer noch BLACK SABBATH! Ich liebe all unsere Alben, aber ich denke, wir waren auch enttäuscht, weil viele Leute das vielleicht nicht ganz so verstanden haben. Vielleicht wäre es besser gelaufen, wenn sie THE HAUNTED damit nicht als komplett andere Band betrachtet hätten. Ich denke das ist es, was die Enttäuschung bei uns erzeugt hat. Wegen das Albums und der ganzen finanziellen Situation. Ich meine, vielleicht hätten wir ein Album schreiben können, das wieder eingeschlagen hätte, aber wir waren trotzdem immer noch in einer Situation, in der wir Geld brauchten, weil alles bezahlt sein will. Aber jetzt… Jonas und ich sind zurück zur Schule, er ist jetzt Finanzbuchhalter und ich ging zurück, um meinen Bachelor als EDV-Berater zu machen. Also haben wir jetzt was zu Essen. Ola ist sehr bekannt als Gitarrist, wovon er im Moment lebt, Marco ist Vorarbeiter in einem Bauunternehmen, er lebt davon. Wir haben also andere, feste Einkommen und somit nicht diesen finanziellen Druck!
Wo genau habt ihr eure Platte aufgenommen und mit wem?
Wir waren bei Tue Madsen [Ant Farm Studios]. Da sind wir seit der letzten vier Alben, das hier ist Nummer fünf. Er lebt in Dänemark, also sind wir da hin, um die Drums aufzunehmen. Alle Studios nehmen auf Festplatte auf. Meine Festplatte ist zwar genauso gut wie die von Tue Madsen, aber wenn ich zu Hause aufnehme, mache ich meine Fehler zu Hause. Ich muss nicht tausende Euros dafür bezahlen, um Fehler bei Tue zu machen. Jedenfalls haben wir die Drums bei ihm aufgenommen und unsere Parts dann zu hause draufgepackt. Dann ging wieder alles zurück an ihn. Weißt du, wie Reamping funktioniert?
Ja, ich bin ebenfalls Musiker!
Es ist einfach: Du musst kein Geld dafür bezahlen, um Fehler im Studio zu machen. Die Vocals haben wir in Stockholm bei Jocke Skog von CLAWFINGER aufgenommen. Das ist der Mann, der RAMMSTEIN ihren typischen Sound verpasst hat.
Wer hat Euer Artwork designed?
Wir haben ein sechstes Bandmitglied! Sein Name ist Andreas Pettersson, er ist ein Sandkastenfreund, ich bin mit ihm aufgewachsen. Ich sagte ihm jedenfalls, dass ich ein Bandlogo brauche, welches jeder im Alter von acht bis 80 lesen kann. Du weißt ja, ´96 hatte ja jeder diese Art Bandlogo, die keiner wirklich lesen konnte… Also nahm er einfach klare Buchstaben und hat diesen Schattentyp dazu gestellt. Der Schattentyp ist in Wirklichkeit ein Model, das er bei einer Jeanswerbung hatte, die er machte. Er hatte also das Originalbild mit diesem Schattentyp und vor ihm waren verbrannte, tote Tauben – das ist eine kleine Hintergrundstory dazu. Er hat auch die ersten vier Alben gemacht, und er war es auch der mit dem Titel „The Haunted Made Me Do It“ ankam. Die Leute haben die T-Shirts gekauft, ohne überhaupt die Band gehört zu haben! Von „Revolver“ bis hin zur „Unseen“ haben andere Leute die Artworks gemacht. Und da wir so viele Mitglieder verloren hatten, hat es sich einfach gut angefühlt, Tue Madsen unseren Sound machen zu lassen und Andreas zu haben, womit wir auch wieder so aussehen konnten, wie THE HAUNTED. Ein sehr wichtiger Mensch!
Wie ist jetzt mit dem neuen Line-Up die kreative Atmosphäre bei THE HAUNTED und wer in der Band ist federführend im Songwritingprozess? Habt ihr da einen Mastermind?
Den Prozess des neuen Albums zu besprechen ist ein wenig … interessant, weil THE HAUNTED eigentlich dafür bekannt sind, eine Band zu sein, die probt. Wir lieben es zu proben! Lange, nachdem DARK TRANQUILITY, IN FLAMES, lange nach dem diese Bands aufgehört haben zu proben, waren THE HAUNTED immer noch eine probende Band. Also haben wir all die Alben dort geschaffen. Dieses jedoch war allerdings das erste, das wir in verschiedenen Städten und Ländern gemacht haben. Selbst wenn Marco und Ola in Stockholm leben – Stockholm ist auf Inseln erbaut. Wenn du ein Boot nimmst, dann bist du zwar in fünf Minuten von einer Insel auf der anderen, aber wenn Du das Auto nimmst, dann brauchst eine Stunde. Also kannst du nicht wirklich proben, auch wenn wir das am liebsten mehrmals tun würden. Also musst du dir alles mailen.
Wie wird es um eure Liveaktivitäten bis zum Ende des Jahres stehen?
Die erste Show, die wir mit diesem Line-Up hatten, war das 70.000 TONS OF METAL. Wir werden Shows inner- und außerhalb Skandinaviens spielen, wobei wir auch auch schauen müssen, dass es mit unseren Jobs klappt… Dann werden wir auch ein Festival in Japan spielen; AT THE GATES hauen ein Album im November raus. Es gibt eine gemeinsame Show mit TRYPTICON, und dann werden wir europäische und nordamerikanische Dates im nächsten Jahr buchen.
Die letzten Worte gehören dir!
Wir müssen unbedingt wieder nach Deutschland kommen. Die Leute sollten uns wirklich anchecken, diese Band ist was ganz anderes!
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