Ey, ihr Lappen! In musikalischen Belangen reaktionär zu sein, ist gut und nicht schlecht. Es ist ja wohl schon anstrengend genug, im übrigen Leben ein weltoffener und toleranter Menschenfreund zu sein. Daher mein Fazit hier schon zu Beginn: Wer Death Metal großartig anders als DEATHRONATION interpretiert, macht gar keinen Death Metal. Sondern Prog Rock. Bzw. Selbstfindungs-Schlager. Und sollte mal das eigene Wertesystem einer eingehenden Inventur unterziehen. Dringend empfohlener Soundtrack währenddessen: AUTOPSY. Und MASSACRE. Und frühe OBITUARY. Und „Soulside Journey“. Und für die Atmo GRAVE MIASMA.
Und wenn danach geläutert der Existenz im Tageslicht entsagt und neben den Zähnen irgendwelcher herumstreunender Poser der Left Hand Path eingeschlagen wird, sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Erstens wird man dann für die alles… öh… überstrahlende Dunkelheit und Bösartigkeit des Debüts dieser Nürnberger nicht nur empfänglich, sondern enthusiastisch dankbar sein. Und zweitens glüht der Phantomschmerz der eigenen Seele dann schwarz genug, um auf die entscheidenden Details zu achten: Die Leadgitarren bzw. Soli klingen immer haarscharf an Slayeresker Schiefheit vorbei nach echter auswegloser Verzweiflung (Allen West anyone?), die Gitarren hauen voluminös und nicht mit zu weiter Hose auf die Zwölf – und nehmen auch mal Fahrt raus, um sich schön monströs anzuschleichen. Und überhaupt: Riffs müssen tief sein und krachen. Und: Ein Tom-Warrior-Ugh! ist natürlich was? Unverzichtbar. Im Grunde pro Song. Vom polternden, aber nicht angeberischen Schlagzeug und dem „Gesang“ zwischen Tardy, Reifert und Grewe gar nicht erst zu reden.
Anspieltipps tun nichts zur Sache, Unwürdige! So eine Existenz abseits des Lichts ist als Gesamtkunstwerk zu betrachten. Doch mal ganz im Ernst, Freundinnen und Freunde der menschenverachtenden Untergrundmusik: Zwar hat das letzte Hemd keine Taschen, aber in letztere steckt der alte Veteran Death Metal in dieser Form locker einen Großteil der vermeintlich böseren Black-Metal-Armada. Uncooler geht es zwar kaum, aber ich zitiere mich mal selber: DM gehört unter den Laden- und nicht auf den Kaffeetisch. Bei „Hallow The Dead“ wäre ein unkontrollierter Verkauf bei I-Tunes oder Saturn sowohl grob fahrlässig als auch irgendwie unappetitlich. Und darauf müssen DEATHRONATION stolz sein.
Aber jetzt ist auch gut. Ich bin raus, rücke jetzt erstmal der Hecke mit der Schere zuleibe, bevor ich die Wäsche aufhänge. Und dann mach‘ ich beides mit der Omma im fahlen Mondlicht.
Spaß muss sein auffe Beerdigung…
Sehr schön! Wenn ich die CD nicht schon hätte, wüsste ich jetzt genau, was mich erwartet und ob sie als Kauf in Frage kommt. Rezensionen wie diese sind 100 mal hilfreicher als diejenigen der mehr oder weniger „fachfremden“ Rezensenten, welche hier wohl zu einem solchen Fazit gekommen wären: „Die CD bietet wenig neues, aber für Fans des Genres ist sie möglicherweise nicht schlecht – 6/10 Punkte“. Die hier gefällte Entscheidung, 8/10 Punkte zu vergeben, ist absolut fair und nachvollziehbar – nicht weil Rezensionen ja sowieso immer subjektiv sind etc.pp., sondern weil sie von jemandem geschrieben wurde, der weiß, dass man eine solche CD nach anderen Kriterien bewerten muss als beispielsweise ein neues Accept-Album. Habe die subjektiv-objektiv-Debatten im Kommentarbereich bisher immer nur lesend mitverfolgt, musste an dieser Stelle aber auch mal meine Meinung loswerden.