Ill Niño - Till Death, La Familia

Review

Sie sind wieder zurück! Wenn es eine Band gibt, die die Nu Metal-Inflation einigermaßen unbeschadet überstanden hat, dann sind es ILL NIÑO. Jeder, der bei den Worten „Nu“, „Modern“ und nicht zuletzt „Latin Metal“ keinen Würgreiz bekommt, kennt die Jungs aus New Jerysey – die Meisten dürften sie jedoch hinreichend gefeiert haben. Nach sechs Alben fällt es einer solchen Koryphäe erfahrungsgemäß schwer, einerseits die große Anhängerschaft weiterhin in gewohnter Manier zu verzücken, dabei aber auch neues Klientel anzusprechen. In jüngster Vergangenheit wurden vermehrt Stimmen laut, die zwar die 2001-er ILL NIÑOs zurückhaben wollten, andererseits aber bemängelten, dass es sich bei den letzten Longplayern um Kopien der bereits veröffentlichten Bespaßungen handelte. Die Krux, Altbekanntes mit Neuem zu verbinden, ohne sich dabei zu im Wesentlichen zu verändern oder gar zu blamieren, haben die Jungs mit „Till Death, La Familia“ perfekt gemeistert und sogar mehr geliefert als ich (als jahrelanger Fan) persönlich erwartet habe.

Der Opener „Live Like There’s No Tomorrow“ beginnt mit erstaunlich neumodisch-elektronischen Klängen und der Vergleich zu ANDREW W. K. (Mitgröhl-Refrains nebst 4/4-Takt) und SOILWORKs Anfängen (Riffs und Schürungen) kommt auf, doch der Zauber steckt bekanntlich immer im Detail. Nach wenigen Minuten springt der Funke über und die bekannten Percussion- und Riffgewitter reihen sich an melodische Cleangesänge und Akustikgitarren-Parts. Besonders hervorzuheben ist der Titel mit dem Namen „Are We So“: Er startet wesentlich härter als seine Vorgänger und ist ILL NIÑO-technisch äußerst untypisch, bietet aber stimmlich die meiste Abwechslung und zeigt sich im Kern recht core-lastig, was im nächsten Moment aber auch wieder von den bekannten lateinamerikanischen Percussions und dem melodischen Verwöhnprogramm abgelöst wird. Aber auch „World So Cold“, „Payaso“ und „I’m Not The Enemy“ schrammeln sich ab der ersten Sekunde ins Ohr.

Nicht zuletzt deswegen gilt es an dieser Stelle, dem Fronter ein Lob auszusprechen: Stimmlich ist „Till Death, La Familia“ wohl das abwechslungsreichste Album, welches man von ILL NIÑO bis heute zu hören bekommt. Christian Machado hat seine Bandbreite ein weiteres Mal erweitert und wechselt zwischen dem altbekannten und gut inszenierten Cleangesang zu Druck aufbauenden Shouts und überraschenden Deathcore-Screams. Wenn wir mal ganz ehrlich sind, könnte gerade der Anfang von „Pray I Don’t Find You“ auch von Corey Taylor gesungen worden sein und zum eher nostalgisch anmutenden Text von „World So Cold“ passt das neue Gewand wie die Faust aufs Auge. Wenn ILL NIÑO eine weitere herausragende Stärke haben, dann ist es die durchweg überzeugende Qualität: Das Album hat keine „schwachen“ Momente, was den Songschreibern Ahrue Luster und Laz Pina und nicht zuletzt Machados Texten zu verdanken ist. Die Titel sind wohlgemerkt unterschiedlich – sowohl im Tenor als auch hinsichtlich des Inhalts und des Aggressionslevels – aber doch weiß jedes Stück zu überzeugen. Weichspülersongs gibt es auf „Till Death, La Familia“ ohnehin wenige, was nicht heißt, dass die melodischen Einlagen zu kurz kommen. Des Weiteren wird die gesamte Produktion durch fast schon Djent-anmutende Spielereien aufgemöbelt, dabei bleibt der Charakter von ILL NIÑO jedoch unberührt und man hat vielmehr das Gefühl, dass statt dem Zwang, unbedingt ein modernes Element einzubauen, einfach eine wirkliche Weiterentwicklung stattgefunden hat, die dafür sorgen dürfte, dass auch die heutigen Modern Metal-Anhänger etwas geboten bekommen, was es so noch nicht gab.

Nun, was soll man dazu noch sagen? – Sie sind immer noch ILL NIÑO und das eine oder andere nostalgische Lächeln während des Hörens lässt sich nicht verleugnen, dabei ist „Till Death, La Familia“ aber doch gänzlich im Jahr 2014 angekommen und gibt dem Nu Metal mal völlig selbstverständlich einen neuen Anreiz. Es ist sehr erfrischend zu sehen, dass sich ILL NIÑO nach so langer Zeit treu bleiben und trotzdem stetig nach Entwicklung suchen. Solch kurzweilige 43 Minuten hört man selten und ich erlaube mir einen huldigenden Kniefall und hoffe, dass die Dreadköpfe auch noch weitere Generationen überzeugen können.

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20.07.2014

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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