Nahtoderfahrung - Der Seelen Abgrund

Review

Ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll… Ich verweise auf diesen Seiten immer mal wieder auf Ein-Mann-Kinderzimmer-Black-Metal-Myspace-Projekte – ein Phänomen, das in den Anfangszeiten günstiger(er) Aufnahme-Gelegenheiten und den durch Plattformen wie eben Myspace (das ist sooo 2000er Jahre…) eröffneten Möglichkeiten zur Verbreitung dieser Aufnahmen enorm prominent, um nicht zu sagen penetrant war. Mittlerweile sind diese… „Dinge“ glücklicherweise abgeebbt, zumindest gefühlt. Die Franken von NAHTODERFAHRUNG beweisen mit ihrem Debut „Der Seelen Abgrund“ jedoch, dass es auch 2014 immer noch Projekte gibt, die die zweifelhafte Fahne des eben geschilderten Phänomens in den Wind halten.

Damit ist im Grunde schon alles über die acht Stücke des Zweiers gesagt. Wer sich anhand dieser musikhistorischen Einordnung noch nicht vorstellen kann, wie „Der Seelen Abgrund“ klingt, kann sich vielleicht im Folgenden ein Bild machen: Die gut 34 Minuten bieten einfachsten Black Metal im Midtempo, der – das muss ich leider in der Deutlichkeit sagen – so miserabel gespielt und produziert ist, dass sich andere Bands nicht einmal trauen würden, so etwas als Demo zu veröffentlichen. Die eine(!) Gitarre spielt unspektakuläre Riffs von der Stange (oder aus „Hier kommt Alex“ der TOTEN HOSEN – das Eingangsriff von „Der graue Mann“ ist jedenfalls die erste Hälfte davon, wenn auch rhythmisch leicht verschoben, sprich: einfacher), einen Bass gibt es nicht und das Schlagzeug klöppelt munter den immer gleichen Takt. Zumindest vermute ich das, denn was Schlagzeuger Luger an der Bassdrum abliefert, ist zu neunzig Prozent der Zeit abenteuerlich daneben.

„Daneben“ trifft auch viel zu häufig auf das Zusammenspiel von Gitarre und Schlagzeug zu. Man spielt aneinander vorbei, findet sich unter Ignoranz des Tempos irgendwie wieder – technisch ist das Gebotene auf erschreckendem Niveau. Bei Textfetzen wie „…nur auf meine Lust am Zielen“ vermute ich Ähnliches für die lyrische Komponente, traue mich aber nicht, genauer hinzuhören (obgleich der Krächzgesang mit vielen rrrollenden „R“s ziemlich dominant ist). Zu schlechter Letzt sei noch die „Produktion“ angesprochen, die wohlwollend als „old school“ bezeichnet werden könnte, an einigen Stellen ganz erheblich knuspert (insbesondere bei den Doublebass-Passagen in „Der wahre Massenmörder“) und die Instrumente nicht nur unausgewogen darstellt, sondern auch in den Hintergrund befördert.

Man mag jetzt damit argumentieren, dass es NAHTODERFAHRUNG erst seit 2013 gibt und die beiden Musiker sicherlich noch viel lernen werden / können / müssen – das steht vollkommen außer Frage. Doch schon bei den eingangs erwähnten Ein-Mann-Kinderzimmer-Black-Metal-Myspace-Projekten stellten sich mir immer die Fragen: Ist es wirklich notwendig, so schnell wie möglich ein „Lebenszeichen“ zu veröffentlichen? Muss man wirklich jeden Mist aufnehmen, nur weil man’s kann?

20.06.2014

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