Narbeleth
"Core upset-emo-crying bands" - Interview zu "A Hatred Manifesto" mit One Man Army Dakkar
Interview
Undurchdringbare Wälder, verfallene Schlösser, eisige Winde aus Blashyrkh – all das gibt es neuerdings auch in Kuba. Kaum zu glauben? Nun, hört man sich „A Hatred Manifesto“ an, das neue Album des kubanischen Ein-Mann-Projekts NARBELETH, könnte man sich zumindest fragen, ob die größte karibische Insel nicht vielleicht ein paar Breitengrade gen Norden gewandert ist. Denn was man darauf zu hören bekommt, klingt derart nach dem Norwegen der frühen Neunziger, dass sich das Namedropping quasi aufdrängt. Allerdings würde man NARBELETH auch nicht gerecht, täte man es einfach als Abklatsch der norwegischen Klassiker ab, denn „A Hatred Manifesto“ ist einfach ein herrlich rumpeliger, seinen Wurzeln treuer, aber nichtsdestotrotz schlicht und ergreifend guter Brocken nordischen Black Metals. Damit ist es nur logisch, dass sich so ein kultiges Black-Metal-Label wie die Berliner Folter Records des Albums angenommen haben. Klare Sache, dass wir uns nicht lumpen ließen und NARBELETH-Alleinunterhalter Dakkar zum Gespräch baten:
Hi Dakkar!
Gratulation zur Veröffentlichung deines zweiten Albums „A Hatred Manifesto“. Kannst du beschreiben, wie du die neue Platte im Vergleich mit NARBELETHs früheren Veröffentlichungen siehst? Wo gibt es Unterschiede, wo liegen die Gemeinsamkeiten?
HAIL Stephan! Danke für deine Worte zu meinem neuen Album. „A Hatred Manifesto“ schließt alle bisherigen Erfahrungen ein, hatte aber ein bisschen mehr Produktionszeit als die früheren Veröffentlichungen. Es ist also ein hoher Sprung. Was alle meine Releases gemeinsam haben, ist dass sie ohne Zweifel reiner Black Metal sind. Die Unterschiede liegen hauptsächlich im Klang und in der Produktion, beides ist auf dem neuen Album besser als auf sämtlichen bisherigen Arbeiten. Außerdem habe ich in „A Hatred Manifesto“ neue Elemente wie Klargesang, klare Gitarrenpassagen und ein paar Gitarrensoli eingearbeitet.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich dich nach Norwegen gepackt, als ich „A Hatred Manifesto“ zum ersten Mal gehört habe. Es klingt eben sehr nach den norwegischen Black-Metal-Bands der Neunziger, zum Beispiel fände ich die frühen ISVIND, TAAKE oder URGEHAL als Vergleiche nicht unpassend. (Letztere hast du ja sogar mit einer Cover-Version ihres Songs „Nyx“ geehrt.) Würdest du zustimmen, dass NARBELETH tief in der norwegischen Black-Metal-Tradition verwurzelt ist? Oder wie sieht dein Verhältnis zur norwegischen Black-Metal-Szene aus?
Meine Einflüsse und meine Inspiration kommen aus dem frühen skandinavischen Black Metal, aber nicht nur aus Norwegen. Ich würde zum Beispiel auch BATHORY, ARCKANUM, JUDAS ISCARIOT, frühe LORD BELIAL oder TORMENTOR als Einflüsse nennen. Aber ja, ich habe eine konzeptuelle Verbindung mit der frühen norwegischen Szene, kein Zweifel.
Natürlich möchte ich auch nicht sagen, dass „A Hatred Manifesto“ ein bloßer Abklatsch der norwegischen Klassiker ist – auf dem Album gibt es auch den einen oder anderen richtiggehend überraschenden Moment, zum Beispiel die Clean Vocals in „Land Of The Heathen“. Die kommen sehr plötzlich, wirken auf den ersten Blick sogar Fehl am Platz, aber der Song ist – zumindest für mich – dann zu einem der Highlights auf dem Album geworden. Woher kam diese Idee und war das ganze auch als Überraschungsmoment geplant?
Danke. Ich mag auch Pagan Black Metal, und ich bin ein großer Verehrer solcher Bands wie KAMPFAR oder SKYFORGER. Wenn ich Musik komponiere, mache ich erst den ganzen Song fertig, dann kommen die Lyrics. Als ich diesen Song also fertiggestellt hatte, hörte ich ihn mir an und sagte mir, dass das geradezu nach Clean Vocals schreit. Also los, lass uns – für mich – unerforschte Welten betreten, denn ich hatte vorher noch nie mit Klargesang gearbeitet. Und ich mochte das Resultat.
Und wo wir gerade bei „Land Of The Heathen“ sind: Der Song wirkt nicht nur wegen seines Klargesangs besonders, auch sein Titel lässt das vermuten – alle anderen Songtitel auf „A Hatred Manifesto“ sind dunkel und brutal, mit Schlagworten wie „rotten“, „hatred“ und „nihilistic“. Was ist denn das „Land des Heiden“, und wie steht der Song mit den anderen Liedern und Texten des Albums in Verbindung?
Das Land des Heiden ist der Black Metal, das ist der Platz für pagane Seelen. Der Text drücken das aus, es geht um einen Krieger, der sein Land, sein Erbe verteidigt. Das ist sicherlich etwas anderes als die anderen Songs auf dem Album, das stimmt, aber ich mag es Alben mit verschiedenen Arten von Liedern zu machen – natürlich auf derselben Linie, aber unterschiedlich, wenn du weißt, was ich meine. Eben nicht diese Alben, bei denen du dir einen Song anhörst und bereits das ganze Werk kennst.
Was die Lyrics angeht, ich kam auf den Titel und fragte meinen Livegitarristen, King Abraxas, basierend auf diesem Titel einen Text zu schreiben. Er schrieb also die Lyrics, ich kümmerte mich um die Lyrics für die Klargesang-Parts, und dann hatten wir den Song.
In Deutschland sind sehr wenige Metalbands aus Kuba bekannt. Um ehrlich zu sein ist NARBELETH die einzige kubanische Metalband, die mir gerade in den Sinn kommt. Ist das nur ein europäischer Eindruck oder ist Metal in Kuba tatsächlich eine Seltenheit? Gibt es neben NARBELETH vielleicht noch ein paar Bands, die man kennen sollte?
Metal ist in meinem Land keine Seltenheit, es gibt sogar eine ganze Menge Bands. Und ja, es gibt Bands, die ihr unbedingt checken müsst, zum Beispiel COMBAT NOISE (Death Metal), ZEUS (Thrash Metal), UNLIGH DOMAIN und BLCKULT und ANCESTOR (alle Black Metal), auch wenn letztere in die USA umgesiedelt sind. Aber die meisten Bands in Kuba stehen nicht auf den wirklichen Underground, sie lesen keine Fanzines, sie schicken keine Promos raus, sie machen nichts. Es ist also nur natürlich, dass Kuba auf der Metal-Weltkarte immer noch ein weißer Fleck ist.
Und ist es in Kuba schwer, Metal zu spielen? Wie sehen denn die Gelegenheiten für Shows, Aufnahmen etc. aus?
Nun, es ist schon schwierig, in Kuba Metal zu spielen, da wir nicht die Ressourcen haben, vernünftiges Equipment für Aufnahmen etc. zu bekommen … aber es ist auch nicht unmöglich. Was Konzerte angeht, haben wir hier ein großartiges Venue, das natürlich von der Regierung geleitet wird. Dort gibt es eine tolle Backline, Licht, generell gute Konditionen. Jedes Wochenende gibt es dort eine Metalshow … natürlich nicht immer gute Bands, weil es hier auch eine Menge dieser neuen „core upset-emo-crying bands“ [O-Ton – Anm. d. Red.] gibt. Aber du kannst einmal im Monat dort hingehen und ein gutes Konzert sehen.
Und von den Bands mal abgesehen, was ist mit dem Publikum? Wie groß ist die kubanische Metalszene und wie viele Leute kommen zu euren Shows?
Das Publikum ist gut. Zum Beispiel waren bei NARBELETHs Show auf dem Brutal Fest 2012 in Havanna rund 600 Leute. Das gilt natürlich nur für Festivals, auf einem regulären Konzert triffst du schätzungsweise 50 bis 150 Leute.
Im Juli wirst du mit NARBELETH auf dem Under The Black Sun Festival in der Nähe von Berlin spielen, was soweit ich weiß deine erste Show in Deutschland sein wird. Was erwartest du vom deutschen Publikum und was können wir von NARBELETH erwarten?
Genau, das wird meine erste Show in Übersee. Ich freue mich sehr darauf und hoffe, eine Menge Fäuste und Hörner in der Luft zu sehen, während wir spielen. Ich kann euch versichern, dass wir für das Publikum auf der Bühne alles an Energie geben werden, und wir werden auch alles geben, um den Erwartungen gerecht zu werden.
Eine Frage für die Sammler: Wird es auf dem Under The Black Sun die Möglichkeit geben, eure älteren Veröffentlichungen zu kaufen?
Ich hoffe! Ich denke, dass zumindest Metal Venom Productions, die mein letztes Album auf CD veröffentlicht haben, mit ein paar Exemplaren vor Ort sein werden. Aber wer in der Zwischenzeit Interesse an den älteren Tape-Releases hat, kann wegen der „Dark Primitive Cult“-Demo Intifernal Records aus Bolivien kontaktieren, oder für die Tapeversion von „Diabolus Incarnatus“ Serpent’s Eye Productions aus den Niederlanden.
Das ist es soweit von mir – vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten! Und die berühmten letzten Worte …
Danke dir für das Interview. Und danke allen NARBELETH-Anhängern, wir sehen uns im Juli auf dem Under The Black Sun. Keep Black Metal underground!!!! HAIL!
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