Korn
"The Paradigm Shift Tour" 2014 - live im Palladium Köln
Konzertbericht
Seit zwanzig Jahren sind KORN unbestritten die Kings of Nu Metal, auch wenn sie sich immer wieder neu erfinden und eigentlich schon lange ihren ganz eigenen Sound spielen. Das letzte Album „The Paradigm Shift“ wurde auch von den „alten“ Fans sehr begeistert aufgenommen, nicht zuletzt da der kreative Einfluss des zurückgekehrten Gitarristen Brian „Head“ Welch deutlich zu hören ist. Grund genug knappe 500 Kilometer abzureißen, um KORN bei ihrem einzigen Konzert in Deutschland zu feiern. Und um es gleich vorweg zu nehmen – der Aufwand hat sich gelohnt!
Da wir KORN zum Interview trafen, waren wir schon relativ früh vor Ort, was bei der Parkplatzsituation rund um das Kölner Palladium sicherlich nicht das schlechteste Schicksal war. Wir trafen eine gutgelaunte Band, die auch hinter der Bühne sichtlich erstarkt ist und schon der ausgedehnte Soundcheck ließ erahnen, dass dies wohl ein richtig genialer Abend werden würde. Interview mit Schlagwerker Ray Luzier folgt demnächst…
Die Preise für Essen und Getränke im Kölner Palladium sind relativ moderat, da ist man im Rhein-Main-Gebiet ganz andere Preise in Hallen mit diesem Fassungsvermögen gewohnt. Sehr viele Fans harrten schon Stunden vorher vor der Halle aus, um gute Plätze zu kriegen oder auch ihre extra gebuchten und teuer bezahlten Special-Packs einzulösen. Schlagzeugstunde bei Ray Luzier? 3 Songs von der Bühnenseite beobachten? Mit Jonathan Davis nach der Show Konsole zocken? Heutzutage ist alles möglich, wie man das findet und ob dass unterstützenswert ist, bleibt jedem selbst überlassen. Die betroffenen Fans waren jedenfalls ganz selig und werden den Abend sicher noch lange in Erinnerung behalten.
Die Aufgabe die Menge anzuheizen fiel an HACKTIVIST. Ohne es zu wollen, habe ich die Band schon zum dritten Mal innerhalb der letzten zehn Monate erlebt. Sie werden nicht schlechter, aber irgendwie auch nicht besser. Da die Band einen sehr hektischen und verzwickten Sound spielt, muss dieser eigentlich glasklar und druckvoll abgemischt sein, um optimal zu wirken. Da wäre dann auch schon der Fehler, denn Vorband und „glasklar, druckvoll abgemischt“ kommt eher selten bis nie vor. Den Jungs schien es relativ egal, denn sie durften immerhin eine schon fast zu 80% gefüllte Halle bespielen und taten dies mit überzeugendem Elan. HACKTIVIST entfachten keine Begeisterungsstürme, ernteten aber einige wippende Körper und rhythmisch wedelnde Hände. Die meisten waren eben doch wegen KORN gekommen.
KORN wird einerseits sehr häufig als Einstiegsband für harte Musik genannt, was den etwas jüngeren Anteil der Fans erklären würde, andererseits ist KORN aber auch eine Band, die einen schwer wieder loslässt, wenn man mal wirklich Fan der Band ist und mit dem hitzigen Wechselspiel aus Gut und Böse infiziert ist. Deshalb waren auch viele Fans Mitte Vierzig oder noch älter mit ihrer Brut im Schlepptau gekommen. Selten habe ich auf einem Konzert derart viele Shirts der auftretenden Band gesehen, jeder Zweite trug ein KORN-Shirt und am Aufdruck konnte man ablesen, welche Variante von KORN bevorzugt wird. Auch am Merchandisestand wurde nach kurzer Zeit über manchen Shirts ein „sold out“-Schild angebracht.
Eigentlich sollten KORN um 20 Uhr auf die Bühne kommen, leider hörte man stattdessen noch knappe 15 Minuten Mucke (bevorzugt Industrial Metal) aus der Dose. Wir wollen mal hoffen, dass KORN in dieser Zeit die Fans mit den Special-Packs intensiv betreut haben. Aber, wie immer auf Konzerten und Festivals, waren vorangegangene Wartezeiten uninteressant, sobald KORN die Bühne betrat. Besonders in der ersten Reihe – auffällig dicht von Frauen belagert- gab es kein Halten mehr und eine Mischung aus wilden, spitzen Schreie und gebrüllten Texten drang über den Fotograben nach vorne auf die Bühne. Auch KORN selbst schienen sehr erfreut, besonders Bassist Fieldy scheint dem Konzertbeginn viel abgewinnen zu können. Grinsend poste er im Takt seines eigenen Bassspiels über die Bühne. Was Brian da auf der Bühne treibt, ist allerdings schwer zu beschreiben. Abwesend in die Luft starren und in tektonischer Geschwindigkeit seltsam verrenken scheint aber gut anzukommen. Es gab einige, Plakate die dem „heimgekehrten Sohn“ zu seiner Rückkehr begrüßten. Dies wurde von Jonathan im Lauf des Konzertes auch lobend bemerkt und von Brian dankbar abgenickt. (Der Gute trug das Batman-Pflaster übrigens aus medizinischen Gründen und ohne jegliche Trendsetter-Absichten!)
Wer sagt, dass KORN sich über die Jahre unfassbar krass verändert haben, der hätte gestern den Gegenbeweis hören können. Die Band schöpfte ihren kompletten Backkatalog aus und gab den Fans wirklich aus jeder Phase mindestens einen Happen. Die „Sprünge“ schienen plötzlich vollkommen folgerichtig und nachvollziehbar. Meiner Meinung nach war jedes Album von KORN wichtig, um die Band dahin zu bringen wo sie heute ist. Nämlich nach 20 Jahren vor einer begeisterten Menge und ab heute schon wieder auf dem Weg nach Dänemark, Schweden, Finnland, Russland, Kanada und dann wieder zurück nach Amerika. Um dort jeweils wieder von einer euphorischen Menge abgefeiert zu werden…
„Spike In My Veins“ und „Never, Never“ vom neuen Album entpuppte sich allerdings als kleine Dynamik-Killer. Die Songs sind live zwar nicht schlecht, brachen aber den Schwung, den die anderen Songs davor aufgebaut hatten. Besonders hitzig und eng wurde es bei den Klassikern „Freak On A Leash“ und „Here To Stay“- teilweise übertönte das Publikum die Band mühelos. Ebenfalls ungewöhnlich für eine Band mit dieser Schaffenszeit ist die Tatsache, dass zwischen den Songs immer wieder „KORN“-Chöre angestimmt wurden. Das habe ich bis jetzt bei noch keinem Konzert der Band in dieser Intensität erlebt. Sänger Jonathan Davis schien dies sehr zu freuen und er ließ sich sogar zu der ein oder anderen Ansage hinreißen, auch nicht unbedingt Standard bei KORN. Ray Luzier trommelte sich um Kopf und Kragen, natürlich nicht ohne seine traditionellen Fähigkeiten als Marchingboy einfließen zu lassen. Zielsicher warf er die Drumsticks in die Luft, nur um sie dann präzise aufzufangen und sich mit einem diebischen Grinsen über seine eigenen Fingerfertigkeiten und optimale Hand-Augen-Koordination zu freuen. Sympathischer Typ, der meiner Meinung nach auch die Klassiker mit deutlich mehr Druck und Leidenschaft spielt, als sein Vorgänger oder diverse Aushilfstrommler, die KORN schon massig hatten. Deshalb wurde ihm auch ein Solo gegönnt, welches er mit sichtbarer Freude zum besten gab. Jonathan bestätigte ihm danach auch, „wenn du weiterhin schön übst, dann könnte es mit dir echt noch was werden.“.
Jonathan selbst ließ es sich auch nicht nehmen, für „Shoots And Ladders“ den guten alten Dudelsack hervorzukramen und den Song so zu spielen, wie er eben traditionell gehört werden muss. Ebenso gehört es dazu bei den ersten Strophen infantil die Arme von rechts nach links (oder umgekehrt) zu schwenken, um dann spätestens beim harten Bruch komplett auszurasten. Hier frage ich mich sehr oft, wie dies auf Uneingeweihte wirken muss, die den Text nicht richtig deuten können und dem Subtext des Stückes nichts abgewinnen können. Warum rasten alle bei „…Nick nack patty wack, give a dog a bone, this old man came rolling home…this old man came! Mary had a little lamb who’s fleece was white as snow!“ komplett aus? Der überwiegende Teil der Anwesenden kannte aber die Bedeutung und so wurde dieser Song unbestritten zu einem der zahlreichen Highlights des Abends. Es ist tatsächlich schwer wirkliche Schwachstellen auszumachen oder einen richtigen Tiefpunkt zu benennen. Location, Band und Publikum – alles lief rund an diesem Abend. Etwas peinlich war dann aber doch, dass Jonathan kurz überlegen musste, wo genau wir denn jetzt gerade sind. „Thank you… ah fuck…Cologne“, wobei das sicher keiner wirklich krumm nahm.
Zum Ende hin gab es das typische Zugabenspiel: Jeder weiß zwar, dass die Band wieder auf die Bühne kommt, aber wir wollen mal schön höflich danach bitten. Die Zugabe hielt dann noch die komplette Version von „Good God“ bereit, welches im Rahmen der letzten Tour und den folgenden Festivalauftritten meistens nur teilweise in diversen Medleys vorkam. „Blind“ durfte natürlich auch nicht fehlen, hier war zu spüren, dass der Song einigen Anwesenden sehr viel bedeutet. Ein KORN-Konzert hat noch nie enttäuscht, was bei 20 Jahren Bandbestehen unbestritten für die durchweg hohe Live-Qualität spricht. Denn hier kann die Band aus zahlreichen Hits schöpfen und eine Setlist zusammenstellen, die keine Wünsche offen lässt. Der Weg nach Köln hat sich gelohnt – bleibt zu hoffen, dass KORN noch mindestens 20 Jahre dranhängen.
Galerie mit 21 Bildern: Korn-The Paradigm Shift Tour 2014- KölnSetlist Korn (ohne Gewähr):
Falling Away from Me
Twist
Got the Life
Love & Meth
Narcissistic Cannibal
Dead Bodies Everywhere
Spike in My Veins
Get Up!
Did My Time
Shoots and Ladders/Somebody Someone
Coming Undone
Here to Stay
Never Never
Freak on a Leash
Zugabe:
Clown
Good God
Blind
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