Nachdem LANTLÔS-Mastermind Markus „Herbst“ Siegenhort für die vergangenen beiden Releases mit Stephane „Neige“ Paut (ALCEST) zusammenarbeitete, hat er auf seinem neuen Werk „Melting Sun“ nun wieder die alleinige Federführung übernommen, wobei er von einer frisch zusammengestellten Schar von Musikern (u.a. Felix Wylezik – Drums) unterstützt wird. Gleichzeitig verkörpert das Album einen weiteren, beträchtlichen Schritt – weg von den schwarzmetallischen Wurzeln und hin zu einem cineastisch angelegten Ambient-/Breitband-Sound. Gewisse Parallelen zur jüngsten ALCEST-Scheibe sind dabei nicht von der Hand zu weisen – allerdings nur, was die generelle Ausrichtung der Platte anbelangt. Auf den zweiten Blick stellt sich „Melting Sun“ als wesentlich verschachtelter und komplexer dar als „Shelter„, das den Fokus ja vor allem auf Klarheit und Struktur legt. „Melting Sun“ hingegen bietet sehr dichtes und aufwühlendes Material, dass zwar mit seiner emotionalen Intention nicht lange hinter dem Berg hält, dessen Tragweite man aber erst nach eingehender Beschäftigung mit den Songs erfassen kann.
Die ersten Klänge von „Azure Chimes“ sind schlicht, erhaben – und auf charmante Weise irgendwie vertraut: Warme, hallgetränkte Gitarren formen das simple Auftaktthema, bevor das Klangbild mit ausladenden Riffs und verwaschenen, entfernt durchscheinenden Melodien sowie im weiteren Verlauf dem angenehm tönenden Klargesang von Herbst geflutet werden. Eben jener ist im Kontext der bisherigen Veröffentlichungen auch die wesentlichste Veränderung im Sound von LANTLÔS: Die Finsternis und Aggression, die sich in Neiges Kreischgesang noch auf Scheiben wie „.neon“ und „Agape“ manifestierten, sind verschwunden und einer helleren, optimistischeren Grundstimmung gewichen.
Diese neue stilistische Ausrichtung dürfte für den ein oder anderen Freund der LANTLÔS-Frühphase gewöhnungsbedürftig sein, dennoch: Das musikalische Konzept auf „Melting Sun“ funktioniert. Die Kompositionen wirken ausbalanciert und stimmig, werden dabei insbesondere von den sehr sphärischen Gitarren-Arrangements getragen – beispielsweise der epischen, nahezu mächtig anmutenden Melodie im famosen „Jade Fields“. Am Ende ist dieser Song mit seinem zartem Post-Rock-Beginn, dem differenzierten Schlagzeugspiel und dem unerwartet rhythmisch gehaltenen Schlusspart vielleicht auch der stärkste auf „Melting Sun“. Letztlich erlaubt sich aber auch keiner der restlichen Tracks einen wirklichen Durchhänger – ob nun das träumerische, gelegentlich sogar etwas düstere „Aquamarine Towers“ oder der zerbrechlich inszenierte Schlusstrack „Golden Mind“.
Entsprechend wenig Angriffsfläche bietet „Melting Sun“ für Kritik. Dem geschulten Hörer wird in einigen Momenten der Platte wahrscheinlich die ein oder andere Unsauberkeit beim Drumming auffallen. Und auch insgesamt gesehen ist das Schlagzeugspiel zwar immer passend, allerdings alles andere als variabel und abwechslungsreich. Hier hätten ein wenig mehr Details für zusätzliche Akzente sorgen können. Mann könnte des Weiteren darüber streiten, ob es bei derartiger Musik unbedingt nötig ist, ein knapp dreiminütiges Interlude als eigenständigen Track auf die Platte zu packen.
Jedoch ändern diese Punkte kaum etwas am insgesamt starken Eindruck, den „Melting Sun“ am Ende hinterlässt – zumal Produktion und das wunderbare Artwork von Pascal Hauer ebenfalls begeistern. Wem bisher allerdings eher die barsche, kalte Seite von LANTLÔS zusagte, könnte vom vierten Album letztlich enttäuscht werden. Post-Rock-Freunde und Liebhaber weitläufiger Soundlandschaften jedoch sollten mit dieser Scheibe zweifelsfrei glücklich werden.
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