Austin Deathtrip
Releaseshow zum neuen Album "How I Spanked Your Mother"
Konzertbericht
Die Veröffentlichung des ersten Albums ist sicherlich ein gehöriger Grund zu feiern – erst Recht, wenn einem gleich so eine Dampfwalze gelungen ist wie AUSTIN DEATHTRIP mit „How I Spanked Your Mother“. Klare Sache also, dass die Jungs in Zusammenarbeit mit Waterkant Entertainment ihre eigene Album-Releaseshow in der Heimatstadt Oldenburg auf die Beine gestellt haben. Zwar hat es im Vorfeld einmal länger-, einmal kurzfristig Änderungen im Billing gegeben – die ursprünglich geplanten Bands INSIGNUM und THIS IS NOT UTOPIA sind ausgefallen, dafür sind FETOCIDE und HATE EMBRACED eingesprungen -, aber das hat dem Vorverkauf scheinbar nicht allzu sehr geschadet: Das Cadillac ist anständig gefüllt, wenngleich man trotzdem noch gemütlich stehen kann.
Und so liegt es nun an den Bands, dem Oldenburger Publikum eine gelungene Show zu liefern – den Anfang macht die emsländische Deathcoreband HATE EMBRACED.
HATE EMBRACED
Und die wirkt leider etwas steif und unerfahren. Zwar kann Sänger André Koldemeyer mit seinem agilen Stageacting als Frontmann durchgehen, aber außer ihm bewegt sich auf der Bühne auch nicht viel. Gelegentlich setzen die anderen Instrumentalisten zu (einigermaßen) synchronen Bewegungen bei den Breakdowns ein, aber so wirklich mitreißen kann das schon mal nicht. Dafür kommt der Deathcore von HATE EMBRACED aber mit einiger Wucht und Überzeugungskraft sowie in einem feinen Soundgewand aus den Boxen geschossen, ist zwar nicht allzu innovativ, aber holla, live bolzt das.
Das merkt nach und nach auch der vordere Teil des Publikums: Es ist zwar noch nicht so viel los, aber nach und nach kommt Bewegung in die Leute. Mit ihrer Anti-Nazi-Ansage vor „Face Of The Future“ holen sich HATE EMBRACED dann auch eine Ladung Extra-Applaus ein und gehen nach ihrem etwa 30-minütigen Set – scheinbar – zufrieden von der Bühne. Eine ordentliche Leistung, obwohl die Band vielleicht noch ein bisschen an der Steifheit arbeiten sollte.
EPROTOOL
Als nächstes darf in Form von EPROTOOL eine Oldenburger Melodic-Death-Metal-/Metalcore-Würzmischung auf die Bühne, die zwar wiederum nicht allzu originell ist, aber in Sachen Härte und Livetauglichkeit beeindruckt. So gibt es bei EPROTOOL nicht nur Action auf der Bühne, sondern nach ein bisschen Aufforderung auch davor – es geht zwar wiederum nur der vordere Teil des Publikums ab, der dann dafür auch richtig. Höhepunkt diesbezüglich: Die Wall Of Death mit vier Personen.
Auch musikalisch geben sich die Lokalmatadore ordentlich Mühe, zocken ihre Musik technisch makellos und mit viel Spielfreude und können mit Songs wie dem Opener „Out Of Sight“ oder „Stairway Run“ überzeugen. Wie ein regulärer Auftritt der Band aussieht, lässt sich heute leider schlecht sagen – nach eigener Aussage verzichten EPROTOOL auf Clean Vocals, da sie eh schon die softeste Band des heutigen Abends seien -, aber auf jeden Fall kommt die Mucke spritzig, dynamisch und hart herüber. Das untypische Outro unterstreicht das nur: Im Anschluss an den letzten regulären Song „Last Goodbye“ kündigt der Sänger eine letzte Chance zum Abgehen an, das Outro besteht aus 40 Sekunden purem Breakdown. Zumindest mal was anderes. Und Spaß hat’s auf jeden Fall auch gemacht.
FETOCIDE
Danach wird es technisch – ob der Frickeltod der Wildeshausener FETOCIDE härter ist als der Deathcore von HATE EMBRACED oder der moderne Death Metal von AUSTIN DEATHTRIP später, darüber können und werden sich die verschiedenen Lager wohl nie einig werden. Aber fest steht auch, dass FETOCIDE mit Abstand die komplexeste Band des heutigen Abends sind: Ungefähr dort, wo sich jüngere SUFFOCATION und ältere NILE mit den ganz, ganz fiesen Saitenhexern treffen, bewegt sich der Fünfer, der mit seinen 15 Jahren Bandbestehen auch mit Abstand die älteste Band heute ist – obwohl eigentlich keiner der Musiker alt genug aussieht.
Aber trotz der Komplexität des Materials stehen nur wenige herum, um genau hinzuhören – das Publikum des Abends kommt in erster Linie aus dem Core-Bereich und will sich bewegen. Zum Glück geht auch das ganz hervorragend zu FETOCIDEs Musik, sodass es einiges an Publikumsreaktion gibt – bisher am meisten. Und Songs wie „Unfocussed“ vom 2007er-Album „Repetetive Patterns“ oder „Blindfold“ von der 2011er-Split mit vier anderen Bands kommen auch einfach gut an, zumal auch das Geschehen auf der Bühne professionell und tight wirkt. Zwar bewegen sich FETOCIDE nicht unbedingt viel (mit Ausnahme von Sänger Malte Peters), aber wer solche Sachen spielt, darf sich eben auch darauf konzentrieren. Die Mimik und das gelegentliche Synchronposing der beiden Gitarristen sind dementsprechend besonders bemerkenswert.
AUSTIN DEATHTRIP
Im Anschluss stellt der Headliner des heutigen Abends sein neues Album vor – Headliner in der Tat, denn bei AUSTIN DEATHTRIP ist es voller als bei allen Bands zuvor, es wird sich vor der Bühne mehr bewegt, es gibt mehr Rückmeldung vom Publikum und auch das Stageacting wirkt noch ein Stück beweglicher und cooler als bei den vorherigen Kapellen. Das soll die drei guten Bands im Vorfeld nicht schlechtreden, sondern zeigen, dass AUSTIN DEATHTRIP eben noch eine ordentliche Schippe drauflegen können.
Und so groovt, blastet und rifft sich der Vierer aus Oldenburg durch sein Set, das natürlich zum Großteil aus Songs des an diesem Abend veröffentlichten Debütalbums „How I Spanked Your Mother“ besteht, aber als Leckerli auch Stücke von der 2012er-EP „Texas Bulldozer“ bietet. Und obwohl divh EP und Album stilistisch ein wenig voneinander entscheiden, läuft doch beides ganz gut zusammen, der eher groovende Core der EP und der moderne Death Metal des Albums, der häufig an Ami-Vertreter wie THE BLACK DAHLIA MURDER erinnert, aber durchaus über seine eigene Duftnote verfügt, es fällt nichts als unpassend auf, nichts wirkt heute Abend deplaziert.
Nicht einmal das Cover von SEPULTURAs „Roots Bloody Roots“, das dann ja doch schon was ganz anderes ist als das, was AUSTIN DEATHTRIP sonst so machen. Aber drauf geschissen – den Leuten gefällt’s, die Band hat Spaß, die erste Reihe, die abwechselnd die berühmte Textzeile des Refrains ins Mikro gröhlen darf, erst recht. Und überhaupt geht heute keiner unzufrieden nach Hause, denn AUSTIN DEATHTRIP haben nicht nur technisch hochwertiges (und fehlerfreies) Material von der Bühne gezockt, sondern damit auch für so einiges Frohlocken und für noch mehr Bewegung im Publikum sorgen können: Circle Pits, eine Wall Of Death (diesmal auch mit mehr als vier Leuten), Gegröhle, viel Beifall … das Publikum hat sichtlich genauso viel Spaß wie die Band.
Ein geiler Abschluss für einen klasse Abend, der vier mindestens ordentliche Bands, keinen einzigen Ausfall was den Sound angeht und eine ganze Bandbreite an fetten Riffs bieten konnte. Wie gesagt: Alle gehen zufrieden nach Hause – Bands wie Publikum.
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