Endlich, endlich ist es soweit, und „Freiheit“, das achte Studioalbum von DORNENREICH, liegt vor. Endlich kann ich vollends eintauchen in den neuesten Opus der österreichischen Avantgardisten, endlich mich richtig und ausgiebig mit ihrem Werk auseinandersetzen, in welches ich bei der Listening-Session in Mellrichstadt im Januar lediglich einmal reinhören durfte, was das Verlangen nur noch mehr steigerte. Umso heftiger, als dass es sich bei „Freiheit“ um das für längere Zeit letzte Studioalbum von DORNENREICH handeln soll. Dann tauchen wir mal ein…
„Freiheit“ erscheint zunächst am Anfang so, als ob es den Hörer auf eine Zeitreise mitnehmen möchte, zurück in die Zeit vom rein mit akustischen Instrumenten aufgenommenen „In Luft geritzt“, oder alternativ, wie dessen „logischer“, „berechenbarer“ Nachfolger hätte sein können. Diese Stilistik wird mit den ersten drei Stücken von „Freiheit“ in Perfektion dargeboten. Live aufgenommen, extrem rhythmisch und dynamisch. „Im ersten aller Spiele“ atmet luftige Unbeschwertheit mit Akustikgitarre, Geige und Evigas Stimme, hat ein wenig was vom Singer/Songwriter-Stil. Die Stimme steht im Vordergrund, die Hauptmelodie ist sehr prägnant, und natürlich die Dynamik, welche die Musik von DORNENREICH schon immer ausmacht, vom ruhigen Nullpunkt immer wieder aufbrausend, nicht nur in Sachen Lautstärke, auch die Tempi. Die Steigerung wird gerade zum Finale immer wilder. Das folgende „Von Kraft und Wunsch und jungen Federn“ wirkt leidenschaftlicher, aufbrausender und energischer als der Opener, die Violine ist dominanter, erinnert manchmal etwas an ungarische Volksweisen, der emotionale Gesang zurückhaltend, aber stark unter Spannung stehend. Nach einem Ruhepol setzen Arpeggios ein, wodurch das Stück den Charakter eines Flamencos bekommt. Im Gesamten ähnelt „Von Kraft und Wunsch und jungen Federn“ von seiner Konzeption dem Song „Jagd“. Das eher balladeske „Des Meers Atmen“ wirkt meditativer, sehnsuchtsvoller und verträumter, ist allerdings auch von einer inneren Unruhe gekennzeichnet, wozu auch die abrupten Wechsel beitragen, was mich von der Struktur von „Durch den Traum“ erinnert. Der Symbolik folgend erklingt gegen Ende Meeresrauschen. Gänsehaut pur! Mit diesen ersten drei Stücken erinnern DORNENREICH an das „In Luft geritzt“ Album mit seinem latent progressiven Neofolk-Charakter.
Mit den nun folgenden Songs auf „Freiheit“ zeigen die innovativen Tiroler ihre eher metallische Seite, zumindest teilweise. „Das Licht vertraut der Nacht“ ist da schon ein harter Kontrast, das Album vollzieht nach einem zuerst fließenden Übergang einen deutlichen Bruch mit dem Einsetzen des wütenden Ausbruchs, der etwas zurück in die Black-Metal-Vergangenheit von DORNENREICH führt. E-Gitarre und Schlagzeug, Violine sowie charismatischer, abgründiger Kreischgesang erschaffen ein schwarzes atmosphärisch dichtes Inferno, kraftvoll, aufwühlend und wuchtig, mit eingestreuten ruhigen Passagen. Das folgende „Aus Mut gewirkt“ ist schneller und treibender, mit swingendem (!) Groove, sehr eingängig, mit zurücknehmendem Gesang, sägenden Gitarren und wuchtigem Schlagzeugspiel. Abgefahrene Gitarrenlinien, schöne Leads, faszinierende Melodien, viele dynamische Wechsel, Flamenco- und Weltmusik-Elemente, tänzerische Ekstase! Eine perfekte Symbiose der Metal- und folkloristischen Aspekte von DORNENREICH. „Im Fluss der Flammen“ nimmt das Tempo wieder etwas zurück, und ist in Sachen Stilistik ein sehr vielfältiges Stück. In Kombination von Geige, Akustikgitarre und Schlagzeug erzeugen DORNENREICH mal eine berührende, naturmystische Atmosphäre, dann wieder fühlt man sich an Singer/Songwriter erinnert, und irgendwo versprüht das Lied aufgrund der filigranen Klänge auch etwas südeuropäisches Flair. „Traumestraum“ ist leider schon das vorletzte Stück, mit ausladender Akustikgitarren- und Geigen Einleitung, zunächst jazzig gespieltem Schlagzeug, Stimme, sehr relaxter Anfang, metaphysisch versponnen. Das Schlagzeug wird wuchtiger mit E-Gitarren, beides wird aber wieder zurückgenommen. Sehr relaxter aber dennoch sehr spannender, hochemotionaler Song. Das abschließende „Blume der Stille“ ist ein rein akustisches Instrumental, still und in sich gekehrt. Im Verlauf wird das Stück eindringlich gesteigert, wird zwingender, zupackender. Die klassischen Gitarrenläufe erinnern teilweise an Barockmusik. Die melancholische Violine berührt das Herz.
„Freiheit“ ist ein ganz großes Werk zwischen Spannung und Kontrast. Ein äußerst vielschichtiges, dynamisches, dramaturgisches, fesselndes und sehr mutiges Album, ein ergreifend intensiver Trip der Gefühle. Einmal mehr, und hoffentlich nicht zum letzten Mal, kultivieren DORNENREICH ihren ureigenen, charakteristischen Stil, zitieren ihre eigene Vergangenheit, um gleichzeitig frei, ungezwungen variabel und erwachsen das Jetzt und das Morgen einzuläuten. DORNENREICH entziehen sich mit „Freiheit“ wieder einmal jeglicher Kategorisierung, was einfach auch authentisch und echt wirkt. Und in seiner detailreichen filigranen Musikalität und künstlerischen Kompromisslosigkeit vollendet lebendig.
Ganz schicke Ansammlung von Fachbegriffen bzw. leeren Worthülsen. Wird auch noch eine Rezension folgen, die die Musik beschreibt, oder soll das hier dem Album gerecht werden? So ist das eine 08/15 Rezi, wie man sie hier auf dieser Seite leider sehr häufig findet. Platte kurz durchgehört, Fachbegriffe gegoogelt, Review abgefertigt. Da hätten sich Dornenreich wirklich besseres verdient.
Die Kritik kann ich nicht nachvollziehen, da ich immer auf die einzelnen Songs eingegangen und diese beschrieben habe, bspw.: „mit akustischen Instrumenten aufgenommenen „In Luft geritzt“, oder alternativ, wie dessen logischer, berechenbarer Nachfolger hätte sein können. Diese Stilistik wird mit den ersten drei Stücken von Freiheit in Perfektion dargeboten. Live aufgenommen, extrem rhythmisch und dynamisch. Akustikgitarre, Geige und Evigas Stimme, hat ein wenig was vom Singer/Songwriter-Stil. Die Stimme steht im Vordergrund, die Hauptmelodie ist sehr prägnant, und natürlich die Dynamik, welche die Musik von DORNENREICH schon immer ausmacht, vom ruhigen Nullpunkt immer wieder aufbrausend, nicht nur in Sachen Lautstärke, auch die Tempi. „die Violine ist dominanter, erinnert manchmal etwas an ungarische Volksweisen“ „setzen Arpeggios ein, wodurch das Stück den Charakter eines Flamencos bekommt.“ Dornenreich selbst auf ihrer Facebookseite: „Here comes another detailed review in German:“
Also mir hat die Review ein gutes Bild erschaffen. So muss ne Review aussehen. Song für Song. Ich mag Sätze wie ‚Lied Nr. 3 ist okay‘ in Reviews überhaupt nicht. Das sagt null aus. Hier aber konnte ich durch konkrete Wörter tatsächlich es erahnen. Wunderbar!
Da ich das Album selbst schon zu größeren Teilen hören konnte verstehe ich die Kritik an der Rezension ebenfalls nicht. Auf jedes Lied wird meistens detailliert genug eingegangen, das man sich gut ein Bild vom Wesen des einzelnen Liedes machen kann. Gerade wenn man die Alben von Dornenreich kennt, weis man ziemlich genau durch die Rezension womit man es zu tun bekommt. Ich hoffe, dass es nicht das letzte Album von ihnen gewesen sein wird, aber wenn doch, dann wäre es ein würdiger Schlusspunkt im Schaffen Dornenreichs. Abwechslungsreich, dynamisch, verträumt, mit schönen musikalischen Stilmitteln gespickt wirkt es auf mich musikalisch wie ein Überblick des Schaffens von Dornenreich und lyrisch wie ein erwachsenes „Her von welken Nächten“ 2.0. Tolles Album und gutes Review.
Also, ich schreibe selber seit zehn Jahren Reviews (http://voicesfromthedarkside.de) und kann die Kritik nicht nachvollziehen. Für meinen Geschmack ist das eher schon zu detailliert. Und wenn man Musik mit Worten beschreibt, dann kommt man zwangsläufig immer wieder auf bestimmte Phrasen („leere Worthülsen“). Spannung, Kontrast, dynamisch, vielschichtig, fesselnd, versponnen usw. Wie soll man den sägende Gitarren beschreiben, wenn nicht mit dem Begriff „sägende Gitarren“?
Musik muss man eben gehört haben. Dazu finde ich die Detailverliebtheit des Rezensenten doch sehr passend, da das Album auch recht facettenreich ist. Umschreiben sollte ja grösstenteils unvoreingenommen sein, weil sonst zu viel Emotionalität herüber kommt, die den geneigten Hörer wohl enttäuschen könnte.Wäre ja auch komisch, wenn da stünde: „Das Lied ist so der Hammer, dass man einfach anbeißen muss, sonst selbst schuld.“ – statt: “ Das folgende „Aus Mut gewirkt“ ist schneller und treibender, mit swingendem (!) Groove, sehr eingängig…“
Ich schreibe zwar nicht so gute Reviews, aber ich bilde mir ein, dass an der ein oder anderen Stelle mehr auf die Texte eingegangen werden könnte.
Mein Geschmack von deren Kunst ging bis zum Album „Durch den Traum“. Bis dahin versprühten die Herren noch einen mystischen Charme, der seines gleichen suchte. Ab „In Luft geritzt“ schienen Dornenreich einem grundlegenden Wandel vollzogen zu haben, was mich von ihrer Musik etwas entfremdete. Trotzdem schö