Das finnische Sextett (mit Sängerin) SHEAR hatte ich nach ihrer Finalteilnahme beim New Blood Award auf dem Summer Breeze 2011 etwas aus dem Blickfeld verloren. Mittlerweile steht die Veröffentlichung ihres zweiten Albums „Katharsis“ an, und das zeigt schon eine deutliche Weiterentwicklung zur Debüt-EP – eine Entwicklung, die durchaus gefällt.
Auf „Katharsis“ präsentieren SHEAR natürlich nach wie vor progressiven und sinfonischen Power Metal, bei dem Frontfrau Alexa Leroux mit ihrer Stimme wieder im Mittelpunkt steht. Nicht geändert hat sich auch der technische Anspruch der Musiker – die Finnen können mit ihren Instrumenten umgehen, und das zeigen sie auch. Neu ist, dass Alexa Leroux komplexer als vorher singt: Beispielsweise beim hektisch gerifften Opener „Last Warning“, bei dem sich die Stimme in den Strophen fast überschlägt – das ist im ersten Moment vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber äußerst gelungen. Auch klingt die Frontfrau teilweise rotziger und unnahbarer als zuvor, steht also nicht unbedingt für naiven Träller-Wohlfühlgesang.
Entscheidend sind aber die Songs, und da kann „Katharsis“ durchaus punkten: „Home“, „Heaven Into Hell“ oder „Hollow, Black & Cold“ mit seinem Mitgrölrefrain sind starke Songs, keine Frage. Der Höhepunkt des Albums ist das Songdoppel „A Hopeless Tragedy“ und „Whispers Follow You“, das gleichermaßen dramatisch, hintersinnig und gefühlvoll ist. Und auch die restlichen Stücke gefallen, egal ob das die Powerballade „I Care“ ist oder das hymnische „Not Myself“.
Zwar wäre das Album um zwei Songs gekürzt ein echter Oberkracher geworden, aber auch so ist „Katharsis“ eine Empfehlung wert – ein richtig gutes Album einer richtig guten Band. Wer auf progressiven, sinfonischen und knackigen Power Metal mit weiblichem Gesang steht und keine seichte Poppigkeit mitkaufen möchte, sollte „Katharsis“ unbedingt antesten.
Hier kann man das Album anhören: http://kaaoszine.fi/ennakkokuuntelu-shear-katharsis