Die schottischen Klang-Ästheten MOGWAI sind nun schon seit gefühlter Ewigkeit im Geschäft und haben längst den Status einer der einflussreichsten Bands im Post-Rock-Segment inne. Zurecht – ihren Stellenwert haben die Mannen aus Glasgow im Laufe der Zeit immer wieder mit hochklassigen Veröffentlichungen belegt. Zuletzt begeisterte die Band mit dem herausragenden „Hardcore Will Never Die, But you Will„. Dieser Tage nun legt der Fünfer mit „Rave Tapes“ das achte Full-Length-Album vor – eine Platte, die im Zuge einer ausgeklügelten Dramaturgie vor allem auf Minimalismus und Dynamik setzt.
Völlig über jeden Zweifel erhaben ist der Sound des Albums: Eine derart ausgewogene, warme und dennoch zeitgemäße Produktion wünschen sich sicherlich die meisten Bands des Genres. Allein das wunderbar organische Schlagzeug sollte jedem Soundmann Freudentränen in die Augen treiben. Allerdings: MOGWAI wären wohl nicht sie selbst, wenn sie diesbezüglich Wünsche offen lassen würden.
Das Songmaterial hingegen kommt insgesamt merklich introvertierter und verkopfter daher als auf den letzten Outputs, neben einem verstärkten Fokus auf elektronische Elemente üben sich die fünf Herren über weite Strecken in vornehmer Zurückhaltung. Aus einer pessimistischen Sicht heraus könnte man auch sagen, dass es die Band verpasst, die ganz großen Momente zu inszenieren – dennoch ist zu spüren, dass jeder Ton, jede Note und jeder Schlag auf „Rave Tapes“ so und nicht anders beabsichtigt war. Dass die Scheibe die Erwartungen vieler Fans der Band und des Genres nicht erfüllen wird, haben MOGWAI dabei schlichtweg in Kauf genommen.
Und so sind Songs wie der leicht wiegende, sparsam intonierte Opener „Heard About You Last Night“, das rhythmisch geprägte „Master Card“ oder das stetig anwachsende „Remurdered“ zwar jederzeit schlüssig und feinfühlig gestrickt, wirken dabei aber auch in übertriebenem Maße verhalten und aufgrund ihrer Spärlichkeit irgendwie unfertig und verschenkt. Dass die Schotten wahnsinnig geschickte Songkonstrukteure sind, wird natürlich auch auf „Rave Tapes“ in jeder Phase deutlich. Jedoch haben sich MOGWAI dafür entschieden, es diesmal mit einem deutlich abgespeckten Repertoire an Melodien zu versuchen. Das mag auf dem Album selbst bestens funktionieren, liefert aber letztlich einfach nicht den Stoff, den man sich erhofft hat – insbesondere, wenn man sich vor Augen ruft, was die Herren in der Vergangenheit für grandiose Epen verfasst haben. Aber wie so oft ist es also anders gekommen. Und man muss sich wie in „Repelish“ fragen: „What about you? What do you chose?“
Es gibt sie natürlich, die emotional packenden Momente und wunderbaren Augenblicke, beispielsweise im kurzen „Hexon Bogon“, dem sphärischsten Stück der Platte, welches – und das soll nur beiläufig erwähnt werden – ein Zitat aus dem MILHAVEN-Song „DRZ“ beinhaltet. Natürlich unbeabsichtigt, denn beide Truppen kennen sich nicht persönlich. Wohl die eine (MILHAVEN) die Musik der anderen (MOGWAI), aber nicht umgekehrt. Und überhaupt: Wieso kennt eigentlich keiner MILHAVEN? Diese göttliche Truppe aus Bochum, die so wunderbare Musik schreibt!
Was hat das mit „Rave Tapes“ zu tun? Nichts. Und doch ziemlich viel. Denn am Ende kann man die Wirkung des neuen MOGWAI-Albums so beschreiben: Man schweift ab, man bleibt nicht dabei, man wird nicht mitgerissen. Das soll kein Vorwurf sein – die Herrschaften haben sowieso ihren eigenen Kopf und werden über diese Zeilen im Zweifelsfall lediglich müde lächeln. Und wenn Stuart Braithwaite und seine Mitstreiter keine Lust auf ein „normales“ Post-Rock-Album hatten, dann ist das erstens ihr gutes Recht und zweitens zu respektieren. Dennoch muss man fair bleiben und sagen: Das hier ist zwar ein sehr individuelles und souveränes Album. Aber eben kein Kracher, beileibe nicht. Da haben beispielsweise 65DAYSOFSTATIC mit dem ebenfalls stark elektronisch angehauchten „Wild Light“ für meine Begriffe klar die Nase vorn. Und MILHAVEN. Warum kennt eigentlich keiner MILHAVEN?
Danek ür die mutige Kritik, die meisten werden das wahrschein lich abfeiern. Für mich dümpelt das Album auch viel zu sehr dahin, viel zu brav und glatt. Schade.