Marathonmann
mit Sänger Michael Lettner
Interview
MARATHONMANN befinden sich momentan in Leverkusen, um den Nachfolger von „Holzschwert“ aufzunehmen und demnächst geht es als Support von JENNIFER ROSTOCK auf Tour. Das Quartett aus München kann sich also über Langeweile sicherlich nicht beschweren. Wir quatschten mit dem sympathischen Sänger Michael Lettner, über die EP „Kein Rückzug, Kein Aufgeben“, das neue Album und natürlich auch über „Holzschwert“. Gleich zu Beginn des Gespräches erzählt Michi, dass er sich wenn möglich jedes Review durchliest und sehr stark an den Meinungen zur Musik von MARATHONMANN interessiert ist.
War auch schon mal was bei den Reviews dabei, dass du dir maßgeblich zu Herzen genommen hast? Eventuell, weil es auch öfter von verschiedenen Rezensenten geschrieben wurde?
Ich versuche schon rauszufiltern, was irgendwie nützlich sein kann. Aber das einzige Negative von allen Reviews über alle Veröffentlichungen war nur einmal ganz kurz, dass das Schlagzeug zu gleich klingen würde. Da haben wir ein bisschen versucht mal drauf zu achten, aber unsere Wurzeln sind eben im Punk Rock und da ist das nun mal so (lacht). Aber sonst war es nur positiv und es wäre schwer gewesen, da etwas herauszuziehen was man ändern könnte.
Das ist bei euch tatsächlich komisch und mir auch schon aufgefallen, denn egal welchen Schwerpunkt ein Magazin hat, irgendwie können wohl alle was mit euch anfangen und man liest nie wirlich etwas Negatives. Wie kam es denn jetzt zu der EP?
Wir hatten öfter mal die Lieder akustisch gespielt und wollten schon mal was in die Richtung machen, dann waren wir aber mitten im Songwriting und hatten plötzlich auch schon ein fertiges Lied und dann waren auch noch die B-Seiten, die wir gerne veröffentlichen wollten. Dann ging es ganz schnell und innerhalb einer Woche hatte wir uns zusammengesponnen, dass wir jetzt ein neues Lied, die Akustikversionen und eben die B-Seiten auf eine Platte pressen, als Fan-Bonbon. Das Label war auch begeistert und deshalb sind wir es angegangen. Außerdem wollten wir auch für die folgende LP ein Studio finden und da war es auch der beste Test, das Studio gleich einen Test-Track aufnehmen zu lassen. Das war dann der neue Song und insgesamt war es dann von der Idee bis zur Ausführung nur ein, zwei Wochen.
„Wo Ein Versprechen Noch Was Wert Ist“ hört sich definitiv kantiger an, gerade am Schluss. Kann natürlich sein, dass man da zuviel reininterpretiert. Aber kann man „hoffen“, dass es beim nächsten Album schroffer zugehen wird?
Härter wird es wahrscheinlich nicht. Diesen Breakdown bei diesem Lied, den haben wir ausprobiert und fanden ihn dann einfach geil (lacht). Gesamt wird die EP nicht härter, aber die harten Parts vom „Holzschwert“ sollen etwas härter werden, aber auch die poppigen Parts etwas poppiger. Es wird definitiv mehr mehrstimmigen Gesang geben und auch mit einem Chor möchten wir arbeiten. Ich würde mal sagen, es soll größer werden.
Ihr wollt also auf allen Kanälen erhöhen, alles etwas ausbauen?
Genau, ausbauen. Wenn es atmosphärisch ist, dann noch mehr und alles etwas größer und am besten episch (lacht) machen. Wir haben auch einige punkige Songs, die etwas schneller sind und mehr nach vorne gehen.
Als ich gelesen habe, dass auf der EP-Akustiversionen sind, war ich eher skeptisch. Nicht, dass deine Stimme nicht gut wäre, aber sie klingt eben sehr roh, irgendwie immer auf Anschlag. Du schreist ja, auch wenn du nicht schreist. Die Songs haben mich dann positiv überrascht, viel berührender und mehr Fokus auf den Texten, viel emotionaler. Hattet ihr die vorher schon fertig in dieser Version oder für die EP umgeschrieben?
Wir haben die extra umgeschrieben. Wir haben es ein paar Mal gespielt mit 2 Gitarren und auch mal mit etwas Schlagzeug probiert. Dann sind wir alle zu dem Ergebnis gekommen, dass es wohl mit den rohen Gitarren am besten klingt. Die Gitarre klingt ja wirklich roh, ist auch nur einmal eingespielt und eigentlich eine sehr blecherne Gitarre. Wir wollten einfach den Gesang komplett im Vordergrund, damit man auch den Text richtig versteht und die Emotionen auch nochmals anders ausgelöst werden, als bei der Full-band-Version. Einfach die Gitarren und meine Vocals komplett vorne, aber nicht auf die weinerliche Art, sondern so wie ich normal singe. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden und ich merke ja, du auch (lacht).
Definitiv. Es waren eigentlich Kleinigkeiten, was wohl eher an meinem Gehör liegt. Zum Beispiel dachte ich, du singst im Refrain „mehr Applaus“ und habe jetzt erst gehört, dass du „der Applaus“ singst, was ich nochmal besser fand. Hatte sowas von Grönemeyer, wenn er „du fehlst“, statt „du fehlst hier“ oder „du fehlst mir“ singt. Diese Unvollständigkeit führte plötzlich zu einer anderen Bedeutung.
Danke, freut mich sehr und habe ich so noch nicht gehört.
Auf „Holzschwert“ ging es ja um hoffnungsvolle Traurigkeit, sehr viel um Reflexion und die Frage nach dem richtigen Weg. Was darf man inhaltlich für den Nachfolger erwarten und kann es sein, dass ihr auch mal einen Partysong macht?
Also einen Partysong auf keinen Fall. Das neue Album wird sehr persönlich von den Themen her, noch einen Tick tiefer. Schwierige Themen, zum Beispiel über meinen verstorbenen Großvater. Es geht nicht mehr vorrangig um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart, darum wo wir jetzt stehen und was wir jetzt sehen. Einfach Dinge, wo wir nicht wegschauen können, die einfach immer da sind und mit denen man sich auseinandersetzen muss. Der Blick nach vorne, dass jeder seinen Weg hat, den er gehen muss. Also noch melancholischer (lacht).
Ich will dein künstlerisches Vorgehen nicht entmystifizieren, du bist ja der Hauptsongschreiber auch wenn du immer „wir“ sagst, weil es im Kollektiv MARATHONMANN stattfindet, wie gehst du vor beim Songwriting? Du singst ja dann nicht „mein verstorbener Großvater“, sondern du packst es in Metaphern.
Ich mach mir da schon Notizen mit den Grundthemen und da steht dann schon genau das. Und dann ist es meistens so, dass wir die Lieder im Probraum im Rahmen einer Vorproduktion machen und dann höre ich mir die Lieder immer und immer wieder an, ohne Text natürlich. Mag sich jetzt freakig anhören, aber die Lieder sagen mir dann was ich schreiben muss. Meistens schreibe ich dann den Text in zehn bis fünfzehn Minuten runter, die Metaphern kommen dann einfach. Da habe ich wohl Glück, manchmal schreib ich noch dran rum, aber in 80% der Fälle steht der Text sofort. „Wo Ein Versprechen Noch Was Wert Ist“ habe ich auch in zehn Minuten geschrieben. Ich kann da nichts genaueres sonst dazu sagen, es kommt irgendwie einfach.
Also wie schon gesagt, der Songschreiber ist dann MARATHONMANN bzw. die Musik von MARATHONMANN, die dich dazu inspiriert. Es klingt immer komisch, wenn sich Songschreiber so hervortun. Klar, du schreibst es und es sind deine Ideen, aber ohne die Musik kommst du wahrscheinlich nicht drauf.
Genau. Ich möchte auch nicht, dass es so im Album steht, Musik von MARATHONMANN und Texte Michi Lettner. Wir sind die Band und wir stehen die Sachen gemeinsam durch.
Wenn du mit dem Text fertig bist, kommst du dann in den Proberaum und singst es vor? Steht es dann zur Debatte?
Ich nehme es auf die Computerspuren auf, verschicke es an alle und schreibe noch eine Erklärung, worum es geht und was ich damit ausdrücken will. Dazu gibt es dann noch die Umschreibungen, damit die Jungs auch verstehen was ich womit umschreibe. Bis jetzt kam noch nie was zurück, dass ich was anders machen soll. Eigentlich haben sie sich immer gefreut und wenn etwas nicht sooo cool ist, dann merke ich es meist selbst und schreibe es um. Das wäre wahrscheinlich auch nicht so gut, wenn sie da hereinreden. Außer wenn jetzt jemand total dagegen ist, dann würde ich es schon wollen, dass es jemand sagt.
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