Idealismus ist – nicht nur in der Musikwelt – selten geworden. Die beiden Gründer der US-amerikanischen Progressive-Metal-Formation THEATER OF THE ABSURD, namentlich Patrick Curley (Drums und Geschrei) und Mike Neumeister (Saiten-Instrumente), sind allerdings ein Beispiel für diesen Idealismus – so stampften die beiden 2007 ihr selbstbetiteltes Debut kurz nach der Fertigstellung ein, weil sie noch nicht das Gefühl hatten, wirklich die beste Musik aufgenommen zu haben, zu der sie in der Lage sind. Nun, sechs Jahre später, erscheint „The Myth Of Sisyphus“, das aus technischer Hinsicht ohne Zweifel ein sehr gelungenes Album ist. Verstärkt durch Chandler Mogel (OUTLOUD, Vocals) und Tor Morten Kjosnes (Klavier) sind die vorliegenden acht Songs durchwegs gekonnt arrangiert, technisch einwandfrei eingespielt / -gesungen von den Produzenten Jim Morris (ICED EARTH, SAVATAGE, CRIMSON GLORY) und Maor Appelbaum (CYNIC, HALFORD, THERION) in ein transparentes Soundgewand gegossen.
Schade, dass sich der Idealismus von Curley und Neumeister an dieser Stelle endet und sich nicht auf die atmosphärische Dimension ihrer Musik erstreckt – wirklich mitreißend sind die gut 52 Minuten nämlich eigentlich… zu keinem Zeitpunkt. Das ist echt schade, denn auf der anderen Seite hört man zu jeder Sekunde, wie viel Hirnschmalz und Arbeit in „The Myth Of Sisyphus“ geflossen ist.
Vielleicht ahnt der geneigte Leser / die geneigte Leserin es schon: Der Eingangs-Satz war nur bedingt mit einer negativen Wertung versehen. Idealismus ist ohne Zweifel sehr hilfreich – und ich habe auf diesen Seiten sicher mehr als einmal an junge Bands appelliert, ihr Material länger reifen zu lassen oder sich in dieser oder jener Hinsicht noch etwas mehr Mühe zu geben -, kann allerdings wie im vorliegenden Fall auch etwas daneben gehen. Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass sich die beiden Köpfe von THEATER OF THE ABSURD so sehr auf die technischen und musikalischen Aspekte konzentriert haben, dass sie für die emotionale Komponente ihrer Musik einfach keine Kapazitäten mehr hatten. Mit anderen Worten: „The Myth Of Sisyphus“ wirkt von vorn bis hintern sehr konstruiert, sehr verkopft, klingt zu sehr nach Brechstangen-Prog.
Die Ironie dabei ist, dass THEATER OF THE ABSURD dabei nie so progressiv-avantgardistisch klingen wie sie es eigenen Angaben zufolge gern täten. So höre ich die dort aufgeführten CYNIC nicht einmal in minimalen Ansätzen – „The Myth Of Sisyphus“ ist, das muss ich leider sagen, ein ziemlich gewöhnliches Prog-Album, das hier und da gern etwas schwarzmetallischen Anstrich hätte (signalisiert durch die Screams von Patrick Curley), dafür aber viel zu brav ist.
Das war jetzt eine Menge Kritik – ich möchte aber betonen: „The Myth Of Sisyphus“ ist keineswegs ein schlechtes Album! Hier finden sich acht Songs gefälligen Progs, der zwar keine echten Höhepunkte bieten kann, insgesamt aber souverän dargeboten wird und durch seinen Abwechslungsreichtum auch recht unterhaltsam ist. In Zukunft würde ich mit von THEATER OF THE ABSURD aber eine etwas bessere Verteilung ihres Idealismus wünschen – Potential ist jedenfalls vorhanden.
Kommentare
Sag Deine Meinung!