Ershetu - Yomi

Review

Auf ihrem Debüt „Xibalba“ beschäftigten sich ERSHETU stimmungsvoll und musikalisch spannend mit der Folklore der Maya. Mit dem zweiten Album „Yomi“ wechseln die französischen Progressive Black Metaller nun den Kontinent und tauchen in die Todesmythologie des japanischen Shintoismus ein. Dieser Ansatz bringt deutliche musikalische Veränderungen mit sich.

ERSHETU erforschen japanische Todesmythologie

Apropos, verändert hat sich auch das Lineup von ERSHETU, bzw. es ist geschrumpft, Lars Nedland (BORKNAGAR, SOLEFALD) ist nämlich nicht mehr dabei. Dessen gesangliche Pflichten hat inzwischen Vindsval (BLUT AUS NORD) übernommen, der ja auch schon auf dem Debüt neben den Kreativköpfen Sacr und Void sowie Drummer Inzta Roca an Gitarre und Bass zu hören war.

Nun aber zur Musik. Diese verschiebt sich entsprechend der Thematik vom mesoamerikanischen in den asiatischen Raum und traditionelle japanische Instrumente (aus der Konserve) sind auf „Yomi“ von Anfang an sehr präsent. „Ketsurui“ etwa eröffnet das Album zu sanftem Plätschern mit charakteristischen Flötenklängen. Zu gezupften japanischen Saiteninstrumenten (vermutlich Shamisen und Koto) und Trommeln baut sich das Stück langsam weiter auf, bevor das Ganze nach etwa einer Minute mit atmosphärischem Black Metal eine mystisch angehauchte Symbiose eingeht.

Beim restlichen Material operieren ERSHETU nach einem ähnlichen Prinzip und lassen traditionelle japanische Musik mit leicht psychedelischem, bisweilen symphonisch angehauchtem Black Metal verschmelzen. Es fällt dabei ein wenig schwer, einzelne Stücke hervorzuheben, denn „Yomi“ funktioniert mehr wie ein zusammenhängender Soundtrack denn auf klassischer Track-by-Track-Basis.

„Yomi“ ist mehr Soundtrack als klassischer Black Metal

Natürlich setzen einzelne Songs bestimmte Stimmungs-Schwerpunkte. „Jikoku“ ist überaus episch angelegt und setzt bei den Gitarren auf klassische Schwedenharmonien, während „Abikyōkan“ mit entrückten Klargesängen und schaurigen Melodien eine regelrechte Horror-Atmosphäre verströmt. Dagegen wandelt „Nenokatasukuni“ zwischen Ausgeglichenheit, treibenden Riffs und überbordendem Bombast. Insgesamt befindet sich „Yomi“ aber in einem steten Fluss und so können diese verschiedenen Stimmungen auch innerhalb eines Songs plötzlich umschlagen.

Das schwarzmetallische Kreischen von Vindsval nimmt dabei übrigens über weite Strecken eine eher begleitende Rolle ein und ordnet sich der opulenten Instrumentierung klar unter. Richtig in den Vordergrund tritt er wiederum bei den geisterhaften Klargesangspassagen und Chören, die nicht nur Fixpunkte bilden, sondern auch den Soundtrack-Charakter der Scheibe unterstreichen.

Zum beiläufigen Konsum ist „Yomi“ eher ungeeignet

Wie beim Vorgänger gilt also auch hier: Als klassisches Black-Metal-Album sollte man „Yomi“ nicht angehen und wer Wert auf sofort zündende Einzelstücke legt, wird sich vermutlich schwertun. Zumal der Black-Metal-Anteil hier auch mehr als zweckmäßiger Unterbau für das Gesamtkonzept dient und für sich genommen sogar manchmal etwas uninspiriert vor sich hin mäandert. In den ersten Durchgängen kann die Platte zudem etwas überladen wirken und vor allem beim beiläufigen Hören erstmal den Eindruck hinterlassen, als würde man grade beim Lieblingsjapaner auf sein Mittagessen warten, statt in sich gekehrt über japanische Friedhöfe zu schreiten. Dennoch ist „Yomi“ ein Album voller Highlights, die allerdings vollste Aufmerksamkeit erfordern und als Ganzes erschlossen werden wollen.

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01.11.2024

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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