Stygian Pilgrims 2024
Konzertbericht
Die Wünsche aus dem letzten Jahr wurden erhört: Es hat nicht wieder vier Jahre bis zur nächsten Ausgabe des Braunschweiger Doom Festivals Stygian Pilgrims gedauert. Somit hat es erstmals geklappt, dass die Veranstaltung im eigentlich vorgesehenen Jahresrhythmus stattfinden kann. Ganz ohne Hiobsbotschaften geht es dann aber leider doch nicht: Am Vorabend mussten UTTER SILENCE wegen einer Erkrankung absagen – zu kurzfristig, um noch einen Ersatz zu organisieren.
Entsprechend wird der Einlass im B58 um eine Stunde nach hinten verschoben, einige Gäste finden sich trotzdem schon vorher im Innenhof zum Quatschen ein. Großer Unsicherheitsfaktor ist kurz vor Beginn noch die Abendkasse denn, anders als in den vorangegangenen Jahren bietet die dritte Ausgabe des Stygian Pilgrims keinen Fistraiser-Headliner zum Mitsingen, wie beispielsweise im letzten Jahr die umjubelten THRONEHAMMER. Nein, die Organisatoren setzen 2024 auf die totale Dunkelheit in Form von unterschiedlichen Ausprägungen des Death-Doom-Metals.
GAIA’S DEMISE
Galerie mit 13 Bildern: Gaia's Demise - Stygian Pilgrims 2024Einziger Farbtupfer im Billing: Der Opener GAIA’S DEMISE. Die Quasi-Hausband der Location – die Mitglieder sind unter anderem auch für das Booking diverser Stoner-Doom-Shows im B58 verantwortlich – spielt ihren instrumentalen „Heavy Psych Doom“ aber keinesfalls vor leerem Hause. Hier zeichnet sich bereits ab, was sich im Verlauf des Abends noch bestätigen soll: Das Stygian Pilgrims III ist richtig gut besucht. Eine entspannte Bass-Massage kommt da als Auftakt vielen gerade recht. Geradezu fröhlich-gelassen zockt sich das Trio dann durch das Set – unglaublich eigentlich, dass dies deren erster Live-Gig überhaupt ist. Chapeau, GAIA’S DEMISE!
ASCIAN
Galerie mit 24 Bildern: Ascian - Stygian Pilgrims 2024Mit ASCIAN wird es dann aber erstmals – und eigentlich auch durchgehend bis zum Schluss – komplett düster. Gitarrist T. ist quasi der Hauptverantwortliche für den heutigen Abend und als würde das nicht reichen, spielen ASCIAN auch noch die Release Show zu ihrem ambitionierten neuen Album „Sing To Me, Sweet Void“. Dabei ziehen die Braunschweiger (mit Sänger aus Würzburg) alle Register, das Set besteht folgerichtig weitgehend aus Songs der neuen Platte, selbst das großartige „The Odium Palace“ kommt zu Live-Ehren, wenn allerdings auch nur mit Saxophon vom Band. Gast-Sängerin Judith Ehreke (UNSOULICITED) ist auch mit auf der Bühne und verleiht „ihren“ Songs vom Album das Extra-Quäntchen Gefühl. Die Band ist am Ende, auch wegen einiger technischer Probleme nicht 100% zufrieden, der Publikumszuspruch im mittlerweile mehr als ansehnlich gefüllten 1. Stock des B58 sagt da aber etwas anderes.
FROWNING
Galerie mit 9 Bildern: Frowning - Stygian Pilgrims 2024Auch 2024 gibt es wieder einen heimlichen Headliner, dieses Mal allerdings auf einem anderen Slot. Hört man sich im Auditorium um, sind einige Besucher von weither angereist für einen der seltenen Live-Auftritte des Ein-Mann-Projekts FROWNING um Mastermind Val Atra Niteris. Der Musiker aus Dresden wird dabei gewöhnlich von den LIGHTLESS-Mitgliedern unterstützt, dieses Mal aufgrund eines Line-up-Wechsels allerdings mit neuen Rollen: Gitarrist Christian Engelmann wandert ungewohnterweise ans Schlagzeug, eine Gitarre kommt daher vom Band. Wie gewohnt allerdings: FROWNING zeigen von der ersten Minute an, wie fesselnde Atmosphäre geht. Die ausladenden Songs sind Funeral-Doom-Blaupausen, trotz Zeitlupentempo aber doch nie langatmig. Der neue Track „Execution“ wird zum ersten Mal live präsentiert und von LIGHTLESS-Sänger Marc gesanglich unterstützt. Das Publikum hängt Val Atra Niteris an den Lippen und die Stunde Spielzeit verfliegt unfassbar schnell. Abschließend präsentiert die Band ihren wohl größten Klassiker „Murdered By Grief“ vom ersten Album. Wer jetzt noch nicht verstanden hat, warum sogar Menschen aus dem fernen Frankfurt den weiten Weg gen Braunschweig angetreten haben, dem ist kaum zu helfen.
OPHIS
Galerie mit 10 Bildern: Ophis - Stygian Pilgrims 2024Mittlerweile hat sich leider einiges an Verzögerung eingeschlichen, so startet der Headliner mit locker einer Stunde Verspätung. Aber was soll’s, schließlich standen die Hamburger Death-Doom-Urgesteine OPHIS schon lange ganz oben auf der Stygian-Pilgirms-Wunschliste und dieses Jahr hat es endlich geklappt. Das Quartett um das einzig verbliebene Gründungsmitglied Philipp Kruppa zeigt sich als eingespieltes Team, das nicht nur sofort beweist, dass sich die Wartezeit gelohnt hat, sondern auch fast schon mühelos seinen Ruf als Live-Macht zementiert. Natürlich ist die Death-Metal-Schlagseite bei OPHIS am heutigen Abend die stärkste, was vor allem in den vorderen Reihen für den stärksten Bewegungsdrang sorgt, wenn auch in erster Linie in Form fliegender Haare. Während ihrer abwechslungsreichen Show zieht sich eines durch praktisch jeden Song: Die Hamburger zeigen, dass Death-Doom auch in richtig dreckig geht. Neben Klassikern wie „Earth Expired“, Songs der letzten Platte wie „The Perennial Wound“ gibt es mit „Mundus Leprosus“ auch ein neues Stück, das auf dem kommenden Album erscheinen soll – inklusive klarer politischer Ansage gegen rechts, wie man es von den Hamburgern gewohnt ist. Damit sollten auch alle Liebhaber von fiesem Todesblei noch einmal richtig auf ihre Kosten gekommen sein.
LIGHTLESS
Galerie mit 5 Bildern: Lightless - Stygian Pilgrims 2024Den Rausschmeißer bilden dieses Mal LIGHTLESS mit ihrer Mischung aus Doom, Sludge und Post-Metal. Damit gehen die Dresdener auf dem Papier eigentlich in die gleiche Richtung wie die Gastgeber ASCIAN, klingen aber eben doch ganz anders. Fuzzig, morastig, zäh – aber auch immer wieder unterbrochen durch atmosphärische Passagen. Dabei macht die Band vor allem mit einem brachialen Sound, der mit nur einer Gitarre erzeugt wird, ordentlich Alarm. Leider lichten sich die Reihen im B58 mittlerweile merklich – es ist durch die Verzögerungen im Ablauf auch bereits deutlich nach Mitternacht, was sich die Band aber nicht anmerken lässt und trotz undankbarem letzten Posten eine intensive Abschlussshow abliefert.
Fazit
Auch die 2024er Ausgabe des Stygian Pilgrims konnte, trotz ein paar kleinen organisatorischen Schwierigkeiten, wieder voll überzeugen und auch das „Experiment“, fast ausschließlich auch Death-Doom zu setzen, ist eindeutig geglückt. Der Publikumszulauf zeigt dies überdeutlich. Eines darf aber natürlich trotz der durch die Bank guten bis hervorragenden Bands auch nicht vergessen werden: Man spürt das Herzblut einfach an jeder Ecke dieser Veranstaltung, die auch nach nur drei Ausgaben bereits ein kleines Familientreffen geworden ist. Man kennt sich, man mag sich und auch alle „Neulinge“ werden herzlich aufgenommen, kommen hoffentlich im nächsten Jahr als „Stammgäste“ wieder. Wir freuen uns in jedem Fall schon jetzt auf die 2025er-Ausgabe!
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