Glare Of The Sun - TAL

Review

Eilig haben es Doom Metal-Bands ja nie so wirklich. Da passt es doch wunderbar, dass GLARE OF THE SUN fünf Jahre auf den Nachfolger von „Theia“ warten ließen, ehe nun mit „TAL“ das neue, dritte Album der österreischisch-deutschen Band veröffentlicht wird. Zumindest hat sich eines aber nicht geändert im Gegensatz zu vorher: Den „Alles kann, nichts muss“-Ansatz haben sie sich bewahrt, sodass auch das neue Album wieder im weiteren Spannungsfeld zwischen Death Doom, Post-Metal und einiger experimenteller Ausflüge agiert, ohne sich zu sehr festlegen zu lassen. Genauso haben sie sich auch den Genre-typischen Hang zur Überlänge bewahrt und hieven ihr Album abermals erst nach einer knappen Stunde über die Ziellinie.

Entschlackungskur bei GLARE OF THE SUN?

Dennoch gibt es auf „TAL“ eine kleine, aber bedeutsame Änderung: Arbeitete der geschätzte Doom-Feinschmecker Herr Pidde betreffs des Vorgängers heraus, dass dieser eben durch seine Offenheit und non-zyklische Strukturierung nicht in ein vorhersehbares Schema geriet, so scheinen GLARE OF THE SUN auf „TAL“ vermehrt in genau die entgegengesetzte Richtung zu schielen. Das heißt nicht, dass die in Salzburg stationierte Formation gängige Death-Doom-Standards abkupfert, dafür wirkt der angeeignete Stilmix aber auch etwas zu tief in der DNA verankert und geht der Band nach wie vor traumwandlerisch von der Hand.

Die Vocals sind zumeist heiser und Post-Metal-typisch gebrüllt (man denke an die Anfänge von THE OCEAN) oder gegrowlt mit einigen, mit gotischer Note versehenen Klargesangspassagen dazwischen, die etwas Licht ins Death Doom-Dickicht bringen. Die monumentale Riffmagie, die hier am Werk ist, wurde in Sachen Klang und Gravitas jedoch wunderbar auf die harschen Vocals eingestellt, sodass sich alles hier natürlich anfühlt. Und selbst das kann mit großem Drama inszeniert werden, wie man in „Relikt“ nachhören kann. Generell ist das Gebrüll recht intuitiv gehalten und hütet sich schon allein damit vor jedweder Form von Monotonie.

Auf „TAL“ präsentiert sich die Formation direkter und unmittelbarer

Atmosphäre spielt auf „TAL“ immer noch eine große Rolle und es gibt genügend Momente, in denen das Quintett die Stimmung für sich sprechen lässt – „Äon“ z. B. ist einer der mächtigeren Momente in dieser Hinsicht. Generell errichtet das Quintett in den Post-Metal-lastigeren Momenten nur zu gerne eine mächtige, ehrfurchtgebietende Wall of Sound, sicher auch dank der enormen Produktion, an der u. a. auch Martin Schirenc (PUNGENT STENCH) mitgewirkt hat. Doch in seiner Gesamtheit scheint das Album ein bisschen direkter und stringenter geworden zu sein, hin zum Punkt, wo „Rain“ sich sogar als ein traditionell strukturierter Track mit Hitpotential (sofern es im Death Doom so etwas überhaupt gibt) entpuppt.

„TAL“ wirkt also unmittelbarer als „Theia“, dadurch auch noch einmal ein Stück eingängiger als besagter Vorgänger. Die Reduktion mag auf dem Papier wie ein Nachteil wirken, aber das ist es nicht. Denn wenn eine Band einen Song wie „Leaving Towards Spring“ mit derart butterweich inszenierten Übergängen versieht, dann muss die verantwortliche Formation irgendetwas richtig gemacht haben. Und das ist hier definitiv der Fall. Die Strukturierung ist trotz der allgegenwärtigen Überlänge nachvollziehbar, Motive werden wiederholt und aufgegriffen (besonders prominent in „Amnesty“ zu hören) und alles wirkt – im positiven Sinne – gedrängter und straffer.

Dennoch ist das Album nichts für Nebenbei

Geschwindigkeitsrekorde werden hier deshalb noch lange nicht gebrochen, GLARE OF THE SUN sind immer noch gemütlich im zweistelligen BPM-Bereich unterwegs und lassen sich da auch nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Aber es wird ein gerüttelt Maß an Härte appliziert, mit der „TAL“ ordentlich auf Tuchfühlung geht, z. B. im wuchtigen Kopfnicker „Storm Of Light“, der in der Doom-Gemeinde durchaus schon mal für Gerangel in Zeitlupe sorgen kann. Das ändert aber nichts daran, dass man auf Empfängerseite mit voller Aufmerksamkeit bei „TAL“ sein sollte. Ein Album für Nebenher liegt hier nicht vor, man muss die gebotene Musik hier schon auf sich wirken lassen. Aber das lohnt sich allemal.

[Anm. d. Red.: Die beiden finalen Songs der Platte, „Storm Of Light“ und „Horizon“, sind offenbar nur auf der digitalen sowie der CD-Version des Albums, nicht aber auf der Vinyl-Edition vertreten.]

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23.09.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Glare Of The Sun - TAL

  1. ClutchNixon sagt:

    Ich liebe diese Band, trage ihre Shirts mit Freude und wiederhole mich gern, dass GOTS die einzigen legitimen Nachfolger der legendären Mindrot sind. Dazu ne ordentliche Portion Timat und fertig. 😍😍😍

    9/10