Wenn man mich gestern gefragt hätte, welche die nervtötendste Platte war, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist, hätte ich wohl erst einmal eine Weile überlegen müssen. Heute – und nach einem Durchlauf des Albums „Rise“ der israelischen Metaller REIGN OF THE ARCHITECT – wüsste ich wohl, was ich antworten würde.
Die ungute Vorahnung, die mich beim bombastisch intonierten Intro „The End“ beschleicht, bestätigt sich in in der Folge ziemlich schnell und schonungslos. Denn spätestens beim zweiten Track, dem schwülstig vorgetragenen „Different Heart“, ist klar: Auf „Rise“ regieren über weite Strecken Schnulz, Kitsch und Pathos. Das ist insofern schade, als dass die Israelis handwerklich durchaus anspruchsvoll agieren – insbesondere die Gitarren-Arbeit von Yuval Kramer genügt in vielen Phasen der Platte gehobenen Ansprüchen. Leider kleistern die völlig übertrieben eingesetzten und vor allem deutlich zu laut abgemischten Gesänge die Songs in vielen Passsagen erbarmungslos zu.
Generell stellt sich mir die Frage: Wieso muss eine Band, die sowieso schon drei Vokalisten an Bord hat, auch noch vier zusätzliche Gastsänger verpflichten? Gut – mit etwas Cleverness beim Arrangement können solche Kollektiv-Alben sicherlich funktionieren. Nicht aber, wenn man sich ganz dem Motto „Viel hilft viel“ verschreibt. Denn die drei (oder zwei, oder hundert – so genau kann man das oft nicht sagen) Vokalisten tröten munter durcheinander – oder eben am besten gleichzeitig, wie beispielsweise im heroischen Schlusspart von „Hymn To Loneliness“. Noch schlimmer wird es dann bei „False“. Das gesanglich-theatralische Durcheinander, das hier geboten wird, ist wirklich nur mit großer Anstrengung auszuhalten. Allerdings kann der Song – wie viele andere – mit einem wirklich interessanten Gitarren-Solo aufwarten. So bitter und hart das klingen mag: Wirklich zu ertragen ist die Platte nur in jenen Momenten, in denen die unzähligen Sänger ausnahmsweise mal die Klappe halten.
Letztlich bietet „Rise“ in seiner Gesamtheit aber auch einfach zu wenig Substanz und Eigenständigkeit. Die meisten Songs sind nicht auseinanderzuhalten, viel zu oft bedient sich die Band aus dem Standard-Riffkatalog. Und was das Ganze eigentlich mit „Progressive Metal“ zu tun haben soll, erschließt sich mir auch nicht. Denn dafür ist „Rise“ rhythmisch und melodisch viel zu eindimensional. Die Bezeichnung „Epic Metal“ wäre hier wohl treffender gewesen – zumal der Hörer dann auch wüsste, was ihn ungefähr erwartet.
Kann sein, dass Liebhaber der italienischen Power- und Symphonic-Metal-Schule oder Fans von Bands wie BLIND GUARDIAN den Songs von REIGN OF THE ARCHITECT etwas abgewinnen können. Ich persönlich meine aber, dass diese strapaziösen 67 Minuten wirklich kein Mensch braucht. Und dass mit Mike LePond (SYMPHONY X) oder Jeff Scott Soto einige Hochkaräter auf dem Album vertreten sind, macht die Sache übrigens auch nicht besser.
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