Children Of Bodom
Listening-Session zum neuen Album "Halo Of Blood"
Special
Die Kinder vom Bodom-See sind zurück bei ihrem neuen alten Label Nuclear Blast. Nach dem Auslaufen des Vertrags mit Spinefarm kehrten die Finnen gerne zu dem Label zurück, das hierzulande bereits ihre ersten drei Alben unters Volk brachte, wie Drummer Jaska Raatikainen erzählt: „Natürlich kannten wir schon beinahe jeden, der hier arbeitet, so dass uns die Entscheidung, wieder zu Nuclear Blast zurückzukehren, ziemlich leicht fiel.“
Mit ihrem neuen Album „Halo Of Blood“ soll uns nun ein Einstand nach Maß ins Haus stehen. Davon wollen wir uns bei einem Besuch im schwäbischen Metal-Mekka Donzdorf überzeugen, wo die Scheibe Mitte März erstmals der neugierigen Journalisten-Meute vorgestellt wird. Und da die CHILDREN OF BODOM im Laufe der Jahre merklich gereift sind, warten sie anno 2013 mit einer Vielseitigkeit auf, die man ihnen angesichts ihrer Frühwerke bis vor zehn Jahren kaum zugetraut hätte.
„‚Vielseitig‘ ist ein gutes Stichwort,“ meint auch Keyboarder Janne Warman. „Das Album deckt ein breites stilistisches Spektrum ab.“ Dabei fängt die Scheibe mit „Waste Of Skin“ vergleichsweise unspektakulär an. Der Opener legt ungemein heavy los und bietet das vertraute Wechselspiel aus Melodien und harten Riff-Attacken. Dabei wirkt das Stück im ersten Moment etwas sperrig und will auf Anhieb nicht so recht grooven. Fast scheint es, als würde die Band hier noch mit angezogener Handbremse agieren.
Dies ändert sich prompt mit dem Titeltrack. „Halo Of Blood“ zieht das Tempo leicht an und wird von den bandtypischen Keyboard/Gitarre-Duellen dominiert. Rasante Solo-Eruptionen durchbrechen immer wieder den stampfenden Grundrhythmus. Der Sound, für den wieder einmal Mikko Karmila in den Finnvox-Studios verantwortlich zeichnete, tönt satt und gut ausdifferenziert aus den Boxen und räumt auch den bewusst schrägen Zwischentönen Platz ein, die über die gesamte Spieldauer des Albums hinweg immer wieder für Spannung sorgen.
Überhaupt nicht schräg beginnt dagegen „Scream For Silence“. Der hochmelodische Beginn mit seiner dominanten Keyboard-Melodie könnte sich unverändert auch auf einem STRATOVARIUS-Album wiederfinden. „Ja, die Melodie ist extrem eingängig,“ gibt Janne zu, „ich weiß, was du meinst.“ Doch obwohl – oder gerade weil? – die Mid-Tempo-Hymne ihre Power-Metal-Einflüsse nicht versteckt, entpuppt sie sich als echtes Highlight.
„Transference“ bringt im Anschluss sogar eine ordentliche Portion Stadion-Rock-Feeling mit, kombiniert den Gitarrenhelden-Show-Off von Alexi Laiho und Roope Latvala aber mit einem perfekt ausbalancierten Aggressionslevel. Auch hier funktioniert die zunächst eher ungewohnte Mischung hervorragend. „Wir nehmen uns einfach die Freiheit, das zu machen, worauf wir gerade Lust haben,“ beschreibt Jaska die gleichermaßen simple wie effektive Grundphilosophie des CHILDREN-OF-BODOM-Songwritings.
Der Übergang zu „Bodom Blue Moon“ erfolgt ziemlich fließend, im ersten Moment ist man sich nicht sicher, ob es sich hierbei um ein eigenes Stück oder nur eine Art Coda des vorangegangenen Songs handelt. Im weiteren Verlauf entwickelt sich das besonders im Solo-Teil extrem fett groovende Stück aber in eine etwas andere Richtung und erweist sich dabei weder als sonderlich originell noch spektakulär, dafür aber als eine souveräne Interpretation bewährter Band-Trademarks – unnötig zu erwähnen, dass die Benennung des Titels ebenfalls einer alten COB-Tradition folgt.
Auch „The Days Are Numbered“ sticht im ersten Moment nicht besonders heraus. Bei genauerer Betrachtung erweist sich aber das Wechselspiel zwischen beinahe thrashig anmutendem Geknüppel und einem fies-bratenden Ohrwurm-Riff als zermürbende Basis des Songs als äußerst reizvoll. Hier wird wieder einmal deutlich, wie ausfuchst und durchdacht die Songs komponiert und arrangiert wurden. Immerhin hat die Band auch ein halbes Jahr lang an ihrem jüngsten Studio-Output gearbeitet.
Janne: „Wenn man das Songwriting und die Aufnahmen zusammennimmt, dürften wir unter dem Strich sogar auf acht oder neun Monate kommen.“
Jaska: „Naja, wir haben im August angefangen und waren Ende Februar fertig, ein halbes Jahr also, vielleicht etwas mehr.“
Janne: „Ich dachte, es hätte länger gedauert. Aber scheiß drauf.“
Jaska: „Es hat sich vielleicht etwas länger angefühlt.“
Janne: „Ja, das hat es wirklich!“
Das Endergebnis fühlt sich indes keineswegs zu lang an, sondern ist vielmehr erfreulich kurzweilig geraten. Dazu trägt nun mit „Dead Man’s Hand On You“ das vielleicht ungewöhnlichste Stück und definitiv die „Ballade“ dieser Scheibe bei. Es beginnt ganz harmlos mit unerwartet sanften Piano-Klängen, in die sich bald eine gurgelnde und extrem tiefe Gesangsstimme von Alexi Laiho mischt. Als eindrucksvoller Beweis dessen stimmlicher Bandbreite folgen aber alsbald wildes Gekreische und ein chorartiger Shout-Refrain. Was Laiho hier in Zusammenarbeit mit Peter Tägtgren, der für die Produktion des Gesangs verantwortlich zeichnete, aus sich herausholt, überrascht und begeistert.
Auch Janne war von der Leistung seines Bandleaders, der heute leider krankheitsbedingt nicht vor Ort sein kann, zunächst mehr als nur überrascht: „Er ist ja nicht wirklich ein „Sänger“ und sieht sich auch selbst nicht so. Er brüllt und schreit einfach, aber bei diesem Song musste er wirklich aus seiner Wohlfühl-Zone herauskommen und ein wenig wie Nick Cave klingen.“ Gerade weil es so stark aus der Reihe tanzt, muss man sich einfach spontan in dieses Stück verlieben. Ruhig, aber keineswegs leise walzt es unaufhörlich alles nieder und geht einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf.
Für einen harten Kontrast sorgt nun der nahtlose Übergang zur ganz großen Dampframme. Diese hört auf den treffenden Namen „Damaged Beyond Repair“, wirkt im ersten Moment eher mächtig als schnell und nimmt dann gefühlt immer mehr Tempo auf. „All Twisted“ fördert dann erneut den Dicke-Eier-Stadion-Rock zutage und entpuppt sich, gleichermaßen flott wie vorhersehbar, als eine schöne, unkomplizierte Party-Nummer.
Den regulären Abschluss bildet „One Bottle And A Knee Deep“, das schon im Intro mit mehreren Tempo- und Harmoniewechseln aufwartet. Kein Wunder also, dass die Nummer recht sperrig und geradezu progressiv wirkt, abgehackte Riffs und schnelle Wechsel finden sich zuhauf, als habe die Band versucht, noch einmal all ihre Facetten in einen einzelnen Song zu packen. So scheint das Stück zu viel zu wollen, als dass es auf Anhieb zünden könnte, dürfte aber von wiederholten Hördurchgängen sicherlich profitieren.
Doch nach dem recht abrupten Ende des letzten angekündigten Stücks haben die CHILDREN OF BODOM noch ein Ass im Ärmel. Launige Cover-Versionen von Pop-Hymnen sind nichts neues für die Finnen und so kommt diesmal ROXETTEs „Sleeping In My Car“ zu Bonus-Track-Ehren. Natürlich wird die fröhliche Feelgood-Nummer gewohnt partytauglich in Szene gesetzt, so dass man sich spätestens bei dem legendären „the night is so pretty and so young“-Part ein breites Grinsen nicht verkneifen kann. Bockstark!
Alles in allem dürfte „Halo Of Blood“ die Erwartungen der COB-Fans voll und ganz erfüllen und dennoch genügend überraschende Momente bieten, um die Band spannend und frisch zu halten. Flirrende Keyboard-Läufe und bratende Riff-Attacken gibt es zuhauf, zudem vereint das Quintett das Beste aus Melo-Death und klassischem Heavy-Metal in seinem Sound – was kann man sich von den CHILDREN OF BODOM mehr wünschen?
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Stile | Melodic Death Metal |
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Der Titeltrack, der bereits mehr oder weniger vorgestellt wurde, lässt eher schlechteres erwarten, wenn ich ehrlich sein soll. Vor allem das Mastering und ganz speziell der Drum-Sound wurde einmal mehr total vermurkst.