Fellwarden - Legend

Review

Galerie mit 12 Bildern: Fellwarden - Fortress Festival 2024

Da hat ein Nebenprojekt mal eben die Hauptband eingeholt. Auf “Legend” zeigen sich FELLWARDEN, das Soloprojekt von FEN-Frontmann The Watcher, so überzeugend, dass sie die Londoner Post-Black-Metal-Urgesteine mühelos übertreffen – und die sind ja alles andere als eine schlechte Band. Warum sind der Watcher und seine Nebenspielwiese so gut?

FELLWARDEN – Ein Soloprojekt mit Relevanz

Zunächst gelingt FELLWARDEN das Kunststück, eine knappe Stunde mit überlangen Songs oberhalb der Acht-Minuten-Marke zu füllen, die nicht ein einziges Mal langweilig werden. Hier hat jeder Part, jede Note Existenzberechtigung. Alle Stücke haben geschickte, überlebensgroße Spannungsbögen und sind fesselnd wie ein guter Film. Trotz des getragenen, eher meditativen Charakters der meisten Songs passiert unheimlich viel.

“Legend” wurde mit vielen Zutaten angerührt. Die Basis ist natürlich atmosphärischer, leicht folkiger Black Metal. Das post-rockige Element von FEN finden aber ebenso Einzug in den Sound wie entrückte Männerchöre der Marke BATHORY. Apropos: Mehr als ein Mal denkt man sich, dass die beiden “Nordland”-Teile so hätten klingen können, wenn Quorthon manche Ansätze im Studio ‘professioneller’ ausgearbeitet hätte.

Ähnlich wie der eigensinnige Schwede schaffen FELLWARDEN aber etwas, das man mit technischen Fertigkeiten allein nicht bewerkstelligen kann: Sie regen die Fantasie an, sorgen für innere Bilder, evozieren Geschichten einer vergessenen Zeit im Kopf. Und das ganz ohne Kitsch, Verklärung oder esoterischen Humbug. Stattdessen hören wir einen erwachsenen, gereiften Musiker, der scheinbar das perfekte Ventil gefunden hat, seinen Erfahrungen Ausdruck zu verleihen. Denn “Legend” ist stets glaubwürdig und authentisch, selbst wenn der Drumsound erdiger sein könnte.

“Legend” ist pure Realitätsflucht

FELLWARDEN haben mit “Legend” ein herrlich träumerisches Album erschaffen, das in seiner Klasse nicht gerade alltäglich ist. Anders als viele vergleichbare Alben funktioniert die Platte auch in der warmen Jahreszeit gut, weil sie sich von der Realität soweit ablöst und vielmehr nach einem Ort klingt, an dem die Sonne selbst eine Legende ist. Die unbekümmerte Abwesenheit von Klischees wie auch das wunderbare Kris-Vervimp-Artwork sorgen als i-Tüpfelchen für ein Album, das ihr in Kombination mit einem Fantasy-Schmöker eurer Wahl auch als Ersatz für den Urlaub dieses Jahr nehmen könnt, wenn die Kohle für die Reise in den Norden zu knapp sein sollte.

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07.06.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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