2011 konstatierte ich dem kanadischen Ein-Mann-Projekt OV HOLLOWNESS im Zuge meiner Review zu „Drawn To Descend“ ein gutes Händchen für Songwriting und ein gewisses Talent dafür, melancholischen bis depressiv gefärbten Black Metal mit rockigen Anklängen zu vermengen. Dabei schränkte ich jedoch ein, dass das Album durchaus auch seine – im negativen Sinn – monotonen Abschnitte hätte. Diese Monotonie war dann auch der Grund dafür, dass ich das Album nur noch selten in einem Stück durchgehört habe, nachdem die Review geschrieben war, dafür jedoch habe ich immer mal wieder ein, zwei Titel der Platte einzeln angespielt. Es war eben gefüllt mit guten Ideen und Ansätzen, die nur oft ein bisschen zu sehr in die Länge gezogen und damit zerfasert wirkten.
Und nun liegt mir das Nachfolgewerk „The World Ends“ vor. Die Formalia lassen mich erst mal die Stirn runzeln: Gute 75 Minuten Laufzeit hat das Album, rund 26 Minuten mehr als der Vorgänger – oh je, hat Bandkopf Mark R. da am Ende noch mehr in die Länge gezogen und zerfasert, als es eh schon der Fall war? Na ja … immerhin gibt es auf „The World Ends“ vier Stücke mehr, zwar immer noch vier Songs mit acht bis zehn Minuten Laufzeit, aber auch mehr Songs, die scheinbar schneller auf den Punkt kommen: Fünf- bis Siebenminüter dominieren die Tracklist des Albums.
Tja, und die Songs auf „The World Ends“ sind tatsächlich auch in Sachen Songwriting nicht mehr ganz so in die Länge gezogen. Stattdessen setzt Mark R. anno 2013 auf Abwechslung, so folgt dem ganz im alten Stil gehaltenen „Abstractive“ mit „Grey“ ein überwiegend im Uptempo stattfindender, schneller Auf-den-Punkt-Song, wiederum gefolgt von „Hoarfrost“, welcher melancholische Leads und Midtempo-Riffs – hier drängt sich der Vergleich zum letzten FÄULNIS-Album glatt auf – mit disharmonischer Melodieführung kreuzt und alles in allem wenig Langeweile aufkommen lässt, bevor er an das flotte „An End“ übergibt. So könnte es auch bei 75 Minuten Laufzeit locker weitergehen, denn das erste Drittel des Albums ist ein Musterbeispiel an Dynamik, Abwechslung und eigenständigem Songwriting.
Doch leider kann OV HOLLOWNESS diesen Fluss an Abwechslung nicht über die ganze Laufzeit aufrechterhalten, es ist dann eben doch nicht jeder Song ein Treffer. So ist „Ov“ ein Standardsong wie er im Buche steht, bemüht sich zwar auch, mit Tempowechseln und struktureller Unvorhersehbarkeit zu punkten, kann jedoch einfach vom Ausgangsmaterial her wenig überzeugen; der Titelsong ist ein zehnminütiges Stück, das zwar durchaus mit ein paar schicken Ideen daherkommt, diese aber wiederum zu sehr in die Länge zieht, sie zu oft wiederholt – das, woran schon „Drawn To Descend“ krankte, nimmt nun auch auf „The World Ends“ seinen Lauf. Mit „Hollow“ und „End In View“ zeigen sich dann nochmal zwei zwar im Kontext des starken ersten Drittels nicht sonderlich auffällige, aber doch durch und durch gut anhörbare Stücke, bevor es mit dem „Outro“ zum Ende geht – und ich mich frage, warum man am Ende eines solchen Albums, dessen Laufzeit eh schon jede Standard-CD toppt, noch exakt sechs Minuten synthetisches Ambientwabern brauchen sollte.
Dementsprechend werfe ich den großen, großen Kritikpunkt, den ich an „Drawn To Descend“ hatte, auch der neuen Platte vor: Für „episch“ reicht es nicht (und darauf ist die Musik von OV HOLLOWNESS ja auch gar nicht so wirklich ausgerichtet), aber knackig ist eben auch was anderes. Aber auch, wenn das jetzt sehr negativ klingt, kann der Großteil von „The World Ends“ durchaus mitreißen, besonderes Schmankerl ist dabei das erste Drittel, aber eben auch im letzten Teil halten sich noch ein paar gute Songs auf. Eine leichte Steigerung ist auf jeden Fall zu spüren, weshalb sich Mark R. die sieben Punkte durchaus verdient hat.
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