Die britischen Prog-Rocker THE TANGENT haben es sich innerhalb ihrer musikalischen Nische längst bequem gemacht. Unweigerlich kommen einem gleichermaßen plüschige wie altmodische Ohrensessel in den Sinn, auf welchen die älteren Herren ganz entspannt thronen und routiniert ihre klassischen Prog-Rock-Stücke zum besten geben, stets gefällig, unaufgeregt und auf konstant hohem Niveau. Große Überraschungen sind mit dem neuen Album „To Follow Polaris“ logischerweise nicht zu erwarten und Kenner der bisherigen THE TANGENT-Alben werden ihre Kaufentscheidung fundiert treffen können, auch ohne diesen Text zu Ende gelesen zu haben.
Ein waschechtes Soloalbum unter dem THE TANGENT-Banner
Dabei betont das Label im beigefügten Infoflyer, dass die Vorgehensweise der Band dieses Mal gänzlich anders war, diesmal ist alles viel persönlicher. Wo Charakterkopf Andy Tillison schon immer das Aushängeschild von und der kreative Kopf hinter THE TANGENT war, ist „To Follow Polaris“ gänzlich ohne die Mitwirkung seiner Bandkollegen entstanden und damit im eigentlichen Sinne ein waschechtes Soloalbum von Tillison. Nicht nur Musik und Texte entstammen der Feder des Tausendsassas, er hat auch alle Instrumente selbst eingespielt, Gesang, Produktion, Mix und Mastering übernommen und am Ende sogar das komplette visuelle Design des Albums in Eigenregie erstellt.
Vor diesem beachtlichen Arbeitspensum kann man angesichts des durchwegs überzeugenden Ergebnisses nur den Hut ziehen. Zugleich merkt man „To Follow Polaris“ aber an, dass Andy Tillison bei jedem einzelnen Produktionsschritt seine Bandkollegen und das bisherige Werk von THE TANGENT im Hinterkopf hatte. Das Album fügt sich nahtlos in die Diskografie ein und bietet klassische Prog-Rock-Kost in gewohnt hoher Qualität. Für echte Überraschungen bleibt da wenig Raum, nichtsdestoweniger sorgen die anspruchsvollen Kompositionen und verschachtelten Arrangements auch längerfristig für gute Unterhaltung.
Optimismus ohne falsche Naivität
Die größte Leistung von „To Follow Polaris“ ist es, sich einmal mehr dem gesellschaftlichen und politischen Zeitgeist zu widmen und daraus einen überraschend positiven Vibe zu ziehen. Ohne die Augen vor den Problemen unserer Zeit zu verschließen und gänzlich ohne falsche Naivität blicken THE TANGENT so optimistisch in die Zukunft, dass man Andy Tillison von ganzem Herzen wünscht, er möge mit seiner Weltsicht Recht behalten und alle Berufszyniker in letzter Konsequenz Lügen strafen.
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