Earthship
Interview mit Jan Oberg
Interview
Ende 2012 hat das Berliner Sludge-Trio EARTHSHIP mit „Iron Chest“ ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Wirkten die Songs des Debüts „Exit Eden“ noch etwas zu verschachtelt, präsentiert sich die Band auf dem Zweitwerk wie aus einem Guss und stärker denn je. Kurz vor Weihnachten traf metal.de Frontmann Jan Oberg zum Interview. Lest in der Folge, was der Mann über Lineup-Wechsel, seine Ehefrau und die Pläne für dieses Jahr zu erzählen hat:
2012 war für euch ein ereignisreiches Jahr: die „Rückkehr“ zum Trio, Aufnahmen, Album, Shows. Wie fällt euer persönliches Fazit aus?
Ja, ereignisreich war es auf alle Fälle, aber nicht alles war so positiv, besonders der Start ins Jahr 2012 war eher steinig. Unser Schlagzeuger Dennis teilte uns kurz nach den Aufnahmen zu Iron Chest mit, dass er die Band verlassen würde, da er jobmäßig zu eingebunden sei, oft für Touren und Shows nicht verfügbar wäre und er uns so nicht im Weg stehen wollte. Trotz großer Überredungskunst mit massiven Trinkgelage war da erstmal leider nix zu machen und wir mussten uns wohl oder übel nach jemanden anderen umschauen, da ja auch eine 3-wöchige Euro/UK-Tour mit COILGUNS bevorstand, die wir ungern absagen wollten. Also haben wir dann auf die schnelle einen mehr oder weniger guten Ersatz gefunden. Alles fühlte sich aber auf dieser Tour furchtbar fremd an, zum einen war vor der Tour schon klar, dass auch Robin zeittechnisch nicht dabei sein konnte und dann war da noch dieser neue Drummer, der – wie sich auf Tour herrausstellte – menschlich sowie spielerisch nicht wirklich zu uns passen wollte. Wir waren alle ziemlich neben der Spur, isolierten uns, waren keine richtige Band mehr. Wir haben die Zeit dann mit viel Schnaps versucht zu überbrücken, was es leider nicht besser machte und etwas blutig endete. Na ja, wie auch immer. Dennis kam zum Glück zurück und dann ging es endlich wieder bergauf! Wir haben einige schöne Shows und Festivals als Trio dieses Jahr gespielt, unser neues Album veröffentlicht und mit Kirk Windstein gefeiert, also können wir uns trotz des schlechten Starts nicht beklagen.
Eure aktuelle Platte „Iron Chest“ ist im Vergleich zum Vorgänger etwas straighter und brachialer ausgefallen – eine bewusste Entscheidung oder einfach der Lauf der Dinge?
Bei Exit Eden hatte ich schon fast alle Songs komplett fertig geschrieben gehabt, gewollt sperrig, düster und komplex sollte es sein, was uns ja auch damals echt gut gelungen ist, wie ich finde. Naja, dann ging es mit den fertigen Sachen eigentlich ohne viel Proben und Änderungen in mein Studio zum aufnehmen und Dennis und unser damaliger Bassist Bastian mussten dann sehen wie sie mit meinen Gefiedel zurechtkamen, haha. Bei „Iron Chest“ war es dann schon etwas anders. Ich hab ein paar fertige Riffs zu den Proben angeschleppt und wir haben die dann immer gemeinsam im Proberaum zu Songs verwurstet, allerdings haben wir auch drei Songs auf dem Album, die komplett im Studio entstanden sind. Alles war vorher komplett mikrofoniert und wir haben drauf losgejammt. Und wenn was Brauchbares dabei war, haben wir es sofort aufgenommen. Ich liebe dieses Spontane und Raue bei Songs – nicht lange rumprobieren, die erste Idee ist meistens die Beste! Hm, also würde ich behaupten, dass es einfach der Laufe der Dinge war und nicht wirklich eine bewusste Entscheidung.
Verbirgt sich hinter dem Album-Titel ein konkreter thematischer Rahmen für die Lyrics der einzelnen Songs?
Im Allgemeinen zieht sich das Leben an sich in seiner pursten Hässlichkeit durchweg durch sämtliche Lyrics der Songs. Jeder hat seine Last zu tragen und bewahrt seine Ängste, traumatische Erlebnisse, Schmerz, Geheimnisse, was auch immer in seiner eigenen eisernen Truhe bzw. Seele auf. Und niemand hat Zugang zu dieser, es sei denn man hat den passenden Schlüssel und beschafft sich somit von außen Zugang…naja, dieses Gut-Böse-Ding, du weisst schon, haha.
Nachdem Robin Staps (THE OCEAN) aus Zeitgründen nicht mehr bei euch mitwirken konnte, habt ihr euch wieder als Trio formiert. Ist das Thema des zweiten Klampfers damit endgültig vom Tisch?
Ja, wir fühlen uns als Trio sehr wohl und wollen da so schnell nichts dran ändern. Wir sind alle 3 sehr ähnlich, kennen uns schon ewig und jeder weiß wie der andere tickt, ausserdem bleibt dann für uns mehr beim Catering und an Getränken übrig, obwohl – eigentlich haben wir ja auf Tour immer noch zwei versoffene Typen im Schlepptau, also bleibt doch nix über, arrrgh, haha. Soundmäßig ist es live natürlich immer ein Kompromiss, da ich auch weiterhin die Songs für zwei Gitarren auf den Alben ausrichten werde, aber das versuche ich dann auf der Bühne mit zwei Amps und diversen Effekten weitgehend zu kompensieren. Das bringt leider auch mit sich, dass alles etwas komplizierter für uns wird und man sich nicht hinter einer zweiten Gitarre verstecken kann.
Deine Frau Sabine bedient mittlerweile bei EARTHSHIP den Bass. Wie kam es dazu? Und wie hat das eure persönlichen Verhältnisse – unter Ehepartnern und innerhalb der Band – verändert?
Nun ja, Bastian hatte kurz vor der Friction Tour mit THE OCEAN, RED FANG und INTRONAUT für sich festgestellt, dass das Touren nicht wirklich was für ihn ist und verließ die Band. Und da nur noch etwa 5 Wochen bis zur Tour Zeit waren und meine Frau Bassistin ist, hat sich das natürlich angeboten. Sie hat sich die Sachen in dieser kurzen Zeit draufgezogen und wie man sieht, hat es gut funktioniert und sie ist noch immer dabei, haha. Verändert hat sich dadurch nicht wirklich viel, ich denke es ist eher ein schönes Privileg, alles gemeinsam zu erleben und nicht für mehrere Wochen im Jahr getrennt zu sein. Außerdem verbringst du mit deiner Band auf Tour ja auch 24 Stunden am Tag und riechst die Fürze des Anderen, wo ist da der Unterschied!
Du bist ja der ehemalige Drummer von THE OCEAN. Was hast du für eine Meinung von deinem „Nachfolger“ Luc Hess?
Ähmm, um genau zu sein… ich war zwar der allererste THE OCEAN-Drummer… und der beste, haha, das stimmt. Aber meine Zeit war dort nicht wirklich lang, da es damals nicht wirklich meine favorisierte Musikrichtung war und ich zeitgleich noch in einem anderen Sludge-Projekt namens AVERY trommelte, was mir mehr lag. Man musste sich die komplizierten Sachen nicht viele Stunden am Tag drauf ziehen und konnte auch schon einmal betrunken spielen, da die Songs nicht ganz so komplex waren, haha. Der eigentliche langjährige THE OCEAN-Drummer, der durch Luc ersetzt wurde, heißt Torge Ließmann. Um aber trotzdem auf Luc zurückzukommen… er ist ein unglaublich talentierter Schweinepriester!
Setzt du dich trotz EARTHSHIP und deiner Tätigkeit als Produzent auch ab und an nochmal hinter die Schießbude? Hast du Ambitionen, nochmal als Drummer in einer Band zu spielen?
Haha, das ist lustig, ich war tatsächlich gerade vor kurzen als Drummer bei einer grandiosen, ganz frischen Berliner Doom/Stoner-Band namens THESE HANDS CONSPIRE eingestiegen und ich hatte wirklich wieder große Lust drauf, aber zeitmäßig sind bei mir zwei zusätzliche Proben pro Woche leider absolut nicht drin. Schade.
Wie würdest du die Metal-Szene in eurer Heimatstadt Berlin beschreiben und wo ordnet ihr euch da ein?
Uh, da muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich mich nie so richtig mit der Berliner Metal-Szene auseinandergesetzt habe. Uns selbst sehe ich auch eher so zwischen den Stühlen. Wir sind nicht wirklich Metal, nicht wirklich Doom/Stoner, nicht wirklich 70s.
Eure bisherige Quote ist ziemlich beeindruckend – zwei Platten in zwei Jahren. Was darf man 2013 von EARTHSHIP erwarten?
Für das nächste Jahr ist unsererseits einiges geplant. Zum Einen wird es im Frühjahr/Sommer eine gemeinsame Split-EP mit einer großartigen Band namens ZAAR geben, dann ist für Frühjahr wieder eine Tour in Planung und wir werden ein paar Festivals spielen. Wenn alles gut läuft wird es dann zum Ende des Jahres auch wieder ein neues Album geben, das auf jeden Fall anders klingen wird. Soviel sei gesagt!
Der 24. Dezember wirft seinen langen Schatten voraus – wie feiern EARTHSHIP das Weihnachtsfest?
Ganz klassisch: Dosenstechen, Rentier-Nacktreiten und dem fetten bärtigen Typen den Sack klauen.
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Stile | Experimental, Sludge |
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